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Wer nichts hat, kann alles geben

Wer nichts hat, kann alles geben

Titel: Wer nichts hat, kann alles geben
Autoren: Karl Rabeder
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vieles sehr ähnlich empfinde wie sie und ich ihrer Wahrnehmung vertraue, machte mich das so neugierig, dass ich einen Gleitschirm-Schnuppertag buchte.
    Schon bei den Bodenübungen hatte ich das Gefühl, dass da etwas anders war als in Neuseeland, und als ich dann das erste Mal am Übungshang abhob, spürte ich es: Wow! Es ist, wie eigene Flügel zu haben, die an meinem Becken und an meinen Armen angewachsen sind, und über die ich die Luft so spüren kann, wie ich sie immer schon spüren wollte. So intensiv, wie ich sie auch beim Segelfliegen nur in wenigen Momenten spürte. Dass dieser luftgefüllte Flügel sich so majestätisch und natürlich zugleich anfühlt, das hätte ich nie erwartet!
    Ja, es macht einen Riesenunterschied, ob man wie ein Sack an einem Tandempiloten dranhängt oder ob man selbst Flügel hat, vor allem, wenn man von Natur aus ein Vogel ist.«
     
    Vier Tage ließ Chiara verstreichen, bevor sie auf meinen hymnischen Bericht reagierte. »Ich wünsche dir, dass du den Weg gehst, der dich zu deinem Seelenfrieden führt. Alles Gute, Chiara«, schrieb sie.
    Den Weg zu gehen, der zum Seelenfrieden führt – letztlich ist das eine der wesentlichen Lebensaufgaben, die jeder Einzelne selbst zu bewältigen hat. Man muss dafür aber gar nicht den ganzen Weg kennen, der dorthin führt. Wichtig ist nur, zu wissen und zu
spüren, ob einen der jeweils nächste Schritt näher bringt oder weiter davon weg.
    Je bekannter meine Geschichte durch die Hausverlosung wurde, umso öfter wurde ich zu Vorträgen und Seminaren eingeladen, um davon zu berichten, wie ich meinen Weg gefunden hatte. Es geht mir bei solchen Veranstaltungen nie darum, andere davon zu überzeugen, dass sie genau die gleiche Route nehmen sollen wie ich. Es wäre anmaßend zu glauben, dass der Weg, der sich für mich als der richtige erwiesen hat, auch jeden anderen zum Seelenfrieden führt. Ich möchte niemandem meinen Lebensweg aufdrängen.
    Gleichzeitig spüre ich, dass in vielen Menschen dieselben Sehnsüchte schon lange schlummern, so, wie sie bei mir auch zwanzig Jahre lang geschlummert haben. Ich möchte dem einen oder anderen Mut machen, der Stimme seines Herzens zu folgen und auch einen kleinen oder größeren Schritt in die richtige Richtung zu gehen, um im Hier und Jetzt zu leben. Nicht in der Vergangenheit, weil man einer Erinnerung nachhängt oder sich mit der Aufarbeitung vergangener Probleme aufhält, nicht in der Zukunft, weil man sein Denken ständig nur auf das Erreichen des nächsten Zieles ausrichtet und sich nie mit dem zufriedengeben kann, was heute ist.
    Lesen Sie, was ich meine. Ein Schüler geht mit seinem Zen-Meister spazieren. Irgendwann fragt er: »Meister, was ist das Wesen des Zen?« Der Meister geht weiter und sagt nach ein paar Schritten: »Wenn ich gehe, dann gehe ich.« Später sitzen die beiden beim Essen,
und der Schüler stellt wieder dieselbe Frage: »Meister, was ist das Wesen des Zen?« Und der Meister antwortet: »Wenn ich esse, dann esse ich.« Der Schüler bekommt nie eine klare Antwort aus dem Mund des Meisters. Aber er kann die Antwort aus dem ableiten, was der Zen-Meister sagt. Sei im Hier und Jetzt, lebe jeden Moment achtsam.
    Das ist vielleicht auch die Antwort auf die Frage, was der Sinn des Lebens sei, die ich mir selbst schon oft gestellt habe. Der Sinn des Lebens ist – das Leben selbst, und zwar in jedem einzelnen Moment. Wenn ich in meinen Vorträgen von solchen Gedanken erzähle, vom wahren Menschsein, erlebe ich regelmäßig, wie die Augen im Publikum zu leuchten beginnen. Die Zuhörer mögen während eines anstrengenden Kongressprogramms noch so müde sein: Wenn ich von meinem Leben berichte und über das Menschsein ganz allgemein spreche, richten sie sich auf, das Getuschel verstummt, ihre Gesichtszüge werden weicher, und ihre Augen strahlen.
    Was ich bei solchen Gelegenheiten und vor allem in Seminaren gerne mache, um meinen Zuhörern die Augen zu öffnen, ist eine Werte-Zeit-Gegenüberstellung. Die Aufgabe lautet: Nimm dir ein Blatt Papier, mache in der Mitte einen Strich und notiere links die wichtigsten Werte für dein eigenes Leben. Da kann stehen: körperliche und geistige Gesundheit, Freunde, Familie, Natur, Umwelt, Spiritualität und so fort. Stehen dort fünf, acht, zehn Werte, werden sie sortiert, so dass das Wichtigere oben steht und das Unwichtigere
nach unten rutscht. Dann folgt die Aufgabe für die rechte Hälfte des Blattes Papier: Schreib auf, wie dein üblicher
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