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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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kommt.
    Auf die Allwetterkleidung lege ich ein Sommerkleid – das werde ich im Frühling auf Sylt wahrscheinlich nicht brauchen, aber man weiß ja nie. Außerdem habe ich gerade die perfekten Schuhe dazu gekauft, mit kleinem, schwarz-weißem Hahnentrittmuster. Die müssen auch mit. Mark wird sich wieder darüber lustig machen, dass ich für drei Tage fünf Paar Schuhe mitnehme, aber er ist nun mal ein Mann und hat keine Ahnung. Was denken die eigentlich, wie wir es schaffen, schön für sie auszusehen? Das geht nur, weil wir immer einen Haufen Klamotten mitschleppen und ewig im Bad brauchen zum Beineepilieren, Achselrasieren, Zehennägellackieren, Brauenzupfen, Wimpernbiegen, Nasepudern und Haareföhnen. Wenn wir all das nicht machen würden, wären wir morgens immer superschnell fertig, aber dafür hätten wir zusammengewachsene Augenbrauen, eine Frisur wie ein explodiertes Sofakissen und rote Flecken im Gesicht. Dann würden wir eine alte Jeans und ein quergestreiftes Polohemd anziehen, und die Enttäuschung der Herren wäre groß. Dabei machen sie das doch selbst genauso.
    Aber daran sollte man sich nicht orientieren. Ich packe ein Spitzennachthemd ein. »Mit Speck fängt man Mäuse«, würde meine Mutter jetzt sagen und dann erschreckt beteuern, dass sie mit dem Speck nicht etwa meine Hüften gemeint hätte. Es folgen ein Massageöl und ziemlich unsichtbare Unterwäsche. Mark macht mir vielleicht keinen Heiratsantrag, aber wir haben immerhin ein paar Tage frei und fahren zusammen weg. Auch das muss gefeiert werden. Das Leben ist schon stressig genug.
    Mark
    Um sechs klingelt der Wecker. Laut und fies. Ich versuche, das elende Ding zu stoppen. Luisa hasst es, wenn ihr Schlaf vor der Zeit endet. Ich habe drei Sekunden, bis sie aufwacht, und drücke schnell den Aus-Knopf. Was sie wohl träumt?
    Dummerweise stürze ich beim Weg aus dem Schlafzimmer über einen Koffer und wecke beim Aufprall mindestens das halbe Haus auf. Auf jeden Fall aber Luisa.
    »Was machst du da?«
    »Schlaf weiter, Süße.«
    »Bei dem Krach.«
    Sollte Luisa am Abend auf die morgendliche Ruhestörung zu sprechen kommen, werde ich alles abstreiten und behaupten, sie hätte einfach schlecht geträumt. Ich sehe ihr noch einen Moment beim Schlafen zu. Luisa gehört nicht zu den Menschen, die sich dabei hin- und herwälzen, um sich schlagen, reden oder schimpfen. Problemen, Ärger und Streit verwehrt sie den Zutritt zu Morpheus’ Reich. Manchmal kann ich es gar nicht fassen, dass sie meine Freundin ist. Und manchmal glaube ich auch, dass ich jemand so Ehrlichen und Liebevollen gar nicht verdient habe.
    Franziska, meine Ex, die hatte ich verdient. Die war anders. Die war das glatte Gegenteil von Luisa: egozentrisch, missgünstig, vorlaut, streitsüchtig, aufmerksamkeitheischend. Luisa ist temperamentvoll, aber meistens die Sanftmut in Person. Ich konnte mal beobachten, wie sie einem Marienkäfer, der in unserer Küche eine Bruchlandung erlitten hatte, wieder auf die Beine half. Selbst der Dalai Lama wäre vor Rührung in die Knie gegangen. Eine perfektere Partnerin fürs Leben kann sich kein Mann, der noch alle Sinne beieinanderhat, wünschen. Aber Männer sind nicht immer logisch, obwohl das gern behauptet wird. Ich meine, Brad Pitt hat auch Jennifer Aniston verlassen. Würde ich Luisa Conte mit einer Schauspielerin vergleichen, dann am ehesten mit der süßen Jennifer. Franziska wäre die anstrengende Angelina Jolie, die immer alles auf einmal will. Luisa wünscht sich auch Kinder, klar. Aber kein halbes Dutzend. Und sie setzt mich nicht unter Druck.
    Mal abgesehen von den wie beiläufig aufgeschlagenen Familienauto-Prospekten auf dem Küchentisch. Mir ist schon das eigentlich zu viel. Ich habe noch nicht einmal das Heiratsproblem richtig gelöst. Und jetzt Kinder? Will ich überhaupt welche? Ich bin nicht der größte Fan von Kindern. Ich muss nicht extra erwähnen, dass Barnie noch weniger Fan ist. An den dritten Geburtstag des kleinen Mats, Sohn von Hansi und Marlena, erinnere ich mich nur, wenn ich muss – und dann mit Grauen. Mats ist ein kleiner Tyrann. Eine Mini-Ausgabe von Darth Vader. Aber nicht von dem lustigen in der Autowerbung.
    Sollte ich mal Kinder haben, dann würde ich mit ihnen Fußball spielen. Im eigenen Garten, den ich noch nicht besitze. Im Moment haben Luisa und ich nur einen Balkon. Einen sehr schönen Balkon allerdings, der sich ganz wunderbar an unsere Hundert-Quadratmeter-Altbau-Wohnung anschmiegt. Es ist ein Balkon,
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