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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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paar Monaten kannte ich sie nicht einmal, und jetzt ist sie eine meiner engsten Freundinnen. Ich habe fürchterliche Angst um sie.
    »Ruhig atmen«, höre ich Marks Stimme. »Alles wird gut.«
    Eine halbe Stunde später sitzen wir in einem hübschen, sonnengelb gestrichenen Zimmer. Der kleine Max hatte es tatsächlich eilig und kam ungefähr eine Nanosekunde, nachdem man Lilly in den Kreißsaal geschoben hatte, zur Welt. Barnie wirkt völlig beduselt vor Glück, und Lilly liegt ruhig im Bett. Abgekämpft, aber glücklich. Sie trägt eines dieser kratzigen Krankenhaushemdchen, die hinten nur durch ein Bändchen zusammengehalten werden.
    »Brauchst du irgendwas? Sollen wir dir Kleider aus deiner Wohnung holen?«, frage ich sie.
    »Ach, das ist lieb von euch. Lasst mal, geht lieber zurück auf eure Party. Eigentlich finde ich gerade alles ganz schön so.«
    »Beneidenswert, deine Hormone.«
    »Ja, nicht wahr? Sind ganz einfach zu bekommen.«
    »Wie denn?«
    »Du musst nur schwanger werden.«
    Mark schaut mich an. Ich schaue Mark an.
    »Mal sehen«, sagen wir gleichzeitig.
    Mark
    Barnie und ich umarmen uns. Fast wie Brüder. Er hat feuchte Augen. Ich muss auch heftig schlucken, kann aber meine Tränen noch gerade so zurückhalten. Leider bin ich mehr der Handschlag-Typ, nicht so der Umarmer.
    »Scheiße, Mann. Danke«, flüstert mein bester Freund.
    »Wofür?« Ich bin verwirrt. »Ich habe doch nichts getan. Bedank dich bei Lilly. Sie hat das Kind … nun ja, geschaukelt.«
    »Für deine Freundschaft, Mark. Schön, dass es dich gibt. Ich glaube, ich habe dir das noch nie gesagt.«
    Oh Mann. Mich schüttelt’s, wie am Ende eines traurigen Liebesfilms. Ich weiß gar nicht, was ich erwidern soll. Ich spüre, wie sich meine Augen mit Wasser füllen. Barnie spricht mir aus dem Herzen. Ich will eigentlich nur sagen, dass ich es bin, der wahnsinniges Glück hat. Und wie viel mir unsere Freundschaft bedeutet. Und …
    »Feiert noch schön. Das musst du versprechen.«
    Ich nicke.
    »Das war eine großartige Hochzeit, Mark.«
    »Wenn man mal von den kleinen und großen Katastrophen absieht.«
    »Die gehören dazu. Das ist doch erst das Salz in der Suppe. Andere zahlen für so was viel Geld.«
    Barnie meint mit »so was« vermutlich die Tortenschlacht mit anschließendem Damen-Catchen und Kutschfahrt zur Entbindung.
    »Wir sehen uns«, verabschiede ich mich.
    Luisa nimmt mich an der Hand und führt mich zu unserem Taxi. Sie hat kurzerhand eine Krankenschwester auf dem Parkplatz angesprochen, die gerade Feierabend hat und uns netterweise zurück auf unsere Party bringt. Während der Fahrt will sie alles über unsere Hochzeit wissen. Angefangen vom Antrag bis zum Ja-Wort. Beim Gedanken an die Möwenattacke auf Sylt muss ich lachen, beim Gedanken an die letzte Stunde erst recht. »Na ja«, meint auch Luisa. »So richtig glatt ist nichts gelaufen.«
    »Aber wir hatten unseren Spaß«, ergänze ich.
    »Ja, den hatten wir. Mein Mann und ich.«
    »Freut mich für euch«, lacht die Krankenschwester. »Ich will nämlich auch heiraten. Aber mein Freund kommt einfach nicht in die Gänge mit dem Antrag.«
    »Das kenne ich«, seufzt Luisa und zeigt auf mich.
    »Hast du heute noch was vor?«, lenke ich geschickt vom Thema ab.
    »Nein, wieso?«, fragt die junge Frau am Lenkrad.
    Ich sehe Luisa an, die grinsend nickt. »Du bist natürlich herzlich eingeladen, den Rest unserer Hochzeitsfeier mit uns zu verbringen. Dann könntest du ja schon mal testen, ob das was für dich wäre.«
    »Darf ich meinen Freund mitbringen?«
    Natürlich darf sie. Und so dauert es keine zwei Sekunden, bis sie sich ihr Handy ans Ohr hält und Befehle erteilt. »In zehn Minuten am Wasserwerk. Und zieh dir was Ordentliches an! Nein, erkläre ich dir später.«
    Voll bis zum Anschlag mit Glückshormonen schlendern Luisa und ich vom Parkplatz zum Wasserwerk. Schon am Eingang hören wir die Bande jubeln. Der DJ spielt gerade einen richtigen Stimmungskracher. Wake me up before you go go in irgendeiner Italo-Dance-Version. Wir schnappen uns erst mal eine Champagnerflasche. Und weil’s schnell gehen soll, verzichten wir auf Gläser. Aus sicherer Entfernung beobachten wir Händchen haltend unsere Gäste. Was für ein Glück Luisa und ich haben. Unsere Familien halten zusammen. Ich liebe meine Mutter, meinen Vater – und die beiden lieben mich. Gleiches gilt für Luisa und ihre Eltern. Durch unser Ja-Wort haben wir aus zwei Familien eine gemacht. Das muss gefeiert
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