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Wer hat Tims Mutter entführt?

Wer hat Tims Mutter entführt?

Titel: Wer hat Tims Mutter entführt?
Autoren: Stefan Wolf
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dort an die Wand.
    Erst mal zündete er sich eine
Zigarette an und ließ den Blick über den Seilich-Platz kreisen.
    Was täte Mutter — an meiner
Stelle? überlegte Tim.
    Mutter und Sohn verstanden sich
bombig. Tom kannte sie so genau, daß er jetzt ihre Worte förmlich zu hören
schien:
    Finde dich niemals mit Unrecht
ab, egal, wo es dir begegnet. Tritt immer für die Wahrheit ein, welche Folgen
das auch hat.
    Klar, dachte Tim. Mutter
Susanne würde es gar nicht begreifen, wenn ich mir — mit Rücksicht auf sie —
diese Gemeinheit gefallen lasse. Außerdem berührt das den alten Mortius
sicherlich nicht. Susanne Carsten ist die beste Haupt-Buchhalterin der Welt,
und das weiß der natürlich. Wenn sein Sohn als Fahrrad-Entführer Lösegeld
erpreßt, kriegt er die Quittung dafür.
    Langsam schälte Tim sich aus
dem ,Wolligen-Schneeball’-Strauch.
    Der Betrunkene torkelte zurück
in die Disko.
    Ein Jeep raste über den
Seilich-Platz und verschwand in einer der Straßen.
    Die Schrilltypen bummelten zu
dem italienischen Eis-Café hinüber. Angeblich wurde dort auch mit Drogen
gehandelt, aber das Gelati (Eis) schmeckte trotzdem.
    Von einer kleinen Kirche hinter
der Grünanlage schlug es Mitternacht.
    Und so beginnt ein neuer Tag,
dachte Tim.
    Lautlos und mit federndem
Schritt wie ein Panther überquerte er die Straße.
    Adolf wandte ihm den Rücken zu,
schuckelte mit der Zigarette im Mundwinkel und zog eine dicke Eisenkette hinter
seinem weißen Leder-Blouson hervor.
    Tim verharrte drei Schritte
hinter dem 19jährigen und sah andächtig zu. Der merkte nichts.
    Er zog die Kette durch das
Vorderrad und schlang sie um das untere Rahmenrohr.
    Am Ende der Kette hing ein
Vorhängeschloß. Adolf fügte das letzte Glied des freien Endes in den Bügel ein
und schloß ab. Den Schlüssel schob er in die Tasche seiner Jeans aus hellblauer
Waschseide.
    Einen gefalteten Zettel hatte
Adolf vorbereitet, zog ihn jetzt aus der Brusttasche und steckte ihn an den
Griff der Felgenbremse.
    „Interessant! Laß mal sehen!“
sagte Tim und trat vor.
    Adolf wirbelte herum, als habe
ihn ein Stromschlag getroffen.
    Tim lächelte wie ein Henker,
der seinen Beruf für den besten hält.
    Adolf hatte ein nach innen
gebogenes, langes Gesicht mit Höckern auf der Stirn und knochiger Nase. Er trug
einen goldenen Ohrring, war nicht groß, aber kräftig.
    Die Zigarette fiel ihm aus dem
Mund und sprühte Funken auf dem Asphalt. Der Blick aus grünlichen Augen schoß
an Tim rauf und runter.
    Der TKKG-Häuptling nahm den
Zettel und faltete ihn auseinander.
    „Steck den Hunderter unter den
Sattel“, las er vor, „und verpiß dich bis halb zwei zum Zentral-Kino. Wenn du
dann zurückkommst, ist die Kette weg.“
    Tim schob den Zettel in die
Po-Tasche seiner Bermudashorts.
    „Ich muß schon sagen, Mortius,
da hast du dir was ausgedacht. Wie würdest du das nennen?“
    Adolfs grüne Augen wurden
schmal. „Einen kleinen Scherz.“
    „Klar. Ein netter kleiner
Scherz. Ich könnte mich totlachen.“
    „Du... du solltest erst um eins
herkommen.“
    „Ich weiß. Aber ich konnte es
nicht erwarten. Weil ich so gern lache, du Dreckskerl.“
    „Sag das nicht noch mal!“
    „Was soll ich nicht noch mal
sagen, Dreckskerl?“
    „Bild dir nicht ein, du
könntest mich beschuldigen. Dein Rad habe ich nie angefaßt. Und auf dem Zettel
— das ist sowieso nicht meine Schrift.“
    „Kann mir schon denken, du
Dreckskerl, daß das einer deiner miesen Freunde für dich geschrieben hat.
Natürlich werde ich dich beschuldigen. Morgen kannst du dich beim Direktor
verantworten. Und damit kommst du allemal besser weg, als wenn ich dich jetzt
vermöbele, daß du hinterher wie ein Putzlappen aussiehst. Dreckskerl!“
    Adolf grinste. „Versuch doch,
mich anzuschwärzen. Dann steht deine Aussage gegen meine. Wem wird man wohl
mehr glauben: dem Sohn des Großindustriellen Adolf Mortius, dem Älteren, oder
dir? Wer bist du denn schon! Deine Mutter rutscht doch auf den Knien, damit sie
bei uns arbeiten darf.“
    „Du hast soeben meine Mutter
beleidigt“, sagte Tim.
    Knallend traf die Ohrfeige
Adolfs Gesicht. Sein Kopf wurde auf die rechte Schulter geworfen, als bräche er
ab im Genick. Der Industriellen-Sohn taumelte. Seine Knie knickten ein. Er
prallte gegen die Mauer.

    „Für Scherze, Dreckskerl, bin
ich — wie gesagt — sehr zu haben. Aber ein Wort gegen meine Mutter, und du
verbringst den Rest des Jahres im Krankenhaus. Nimm die Kette ab, Dreckskerl!“
    Adolf war
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