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Wer hat Tims Mutter entführt?

Wer hat Tims Mutter entführt?

Titel: Wer hat Tims Mutter entführt?
Autoren: Stefan Wolf
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Gebüsch, das zum Platz hin begrenzte. Aus
,Wolligen-Schneeball’-Sträuchern bestand das, weiter links wuchsen
Pfaffenhütchen.
    Nur die Breite der
Seilich-Straße trennte von der Disko. Sie war untergebracht in einem flachen
Gebäude, einem ehemaligen Kino. Feurigrote Leuchtschrift über dem Eingang
verkündete den Namen. Auf dem Vorplatz parkten etwa 20 schwere Motorräder, und
drei oder vier Schrilltypen mit der Zigarette im Mundwinkel lungerten herum.
    Eben taumelte ein Typ, der eine
schwarze Lederweste über der nackten Brust trug, aus der Disko, schaffte es
noch bis zur Hausecke und übergab sich dort.
    Tim zog sein Sweatshirt über
den Kopf und schloß den Reißverschluß.
    Hinter der Ecke, an der sich
der Betrunkene festhielt, verlief eine Mauer parallel zu dem Gebäude. Der
dunkle Schlauch war offenbar die Einfahrt zu einem dahinter liegenden Hof. Ein
Tor gab es nicht, und auch sonst verwehrte nichts den Zutritt. Wenn der
Betrunkene noch zwei Schritte geschafft hätte, wäre er ungesehen geblieben bei
seiner Ferkelei.
    Er klammerte sich noch immer an
die Mauerkante und hob kaum merklich den Kopf, als jemand aus der finsteren
Einfahrt herauskam.
    Der Typ schob eine Tretmühle,
und Tim stockte der Atem.
    Es war genau fünf Minuten vor
Mitternacht.

     

2. Der Junior vom Boss
     
    Tims Wut stieg auf den
Siedepunkt. Aber gleichzeitig spürte er eine Unsicherheit. Gedanken schossen
ihm durch den Kopf. Und ein Zwiespalt tat sich vor dem TKKG-Häuptling auf — ein
Abgrund. Kein schauriger zwar, aber etwa vier Meter tief, seelisch gesehen.
    Der Typ schob Tims Rennrad.
    Der Typ hieß Adolf Mortius, war
19 Jahre alt, wiederholte zur Zeit die 12. Klasse der Internatssc hule — als Heimschüler dortselbst — und hatte diesen
und jenen miesen Freund hier in der Stadt, weshalb er ziemlich oft übers
Wochenende eingeladen wurde.
    Gegen Adolfs nächtliche
Rumtreiberei hier bei der Disko war also rechtlich nichts einzuwenden. Bestimmt
hatte er sich abgemeldet und konnte als Volljähriger tun und lassen, was er
wollte.
    Internatsschüler war er seit
etwa einem Jahr — und gleich am ersten Tag mit Tim zusammengerempelt. Adolf
hatte einen Zehnjährigen, der sanft und artig wie ein Stallhase war, wegen
einer Nichtigkeit geohrfeigt, daß dem Jungen die Backen brannten. Tim ging
dazwischen, und Adolf wollte auch ihm eine kleben. Anschließend mußte sich der
damals 18jährige von der Schulschwester behandeln lassen; und die Blutergüsse
gingen erst nach Wochen zurück.
    Dieser Auftakt war eine solide
Grundlage für ewige Feindschaft, und daran hatte sich bis heute nichts
geändert.
    Tim ertrug das mit gemischten
Gefühlen.
    Sicherlich — er konnte prima
leben mit Feinden, und die Sympathie von Kotztypen hätte ihn bloß beleidigt.
    Aber Adolf Mortius junior war
nicht irgendwer, sondern der einzige und verhätschelte Sohn von Adolf Mortius
senior, einem Industrie-Giganten auf dem Gebiet der Chemie.
    Auch vor diesem Mächtigen hätte
Tim nie einen Bückling gemacht, doch die Gesamtsituation war viel verzwickter.
    Adolf Mortius senior war der Chemie-Industrielle in Tims ferner Heimatstadt; und seit ziemlich genau
anderthalb Jahren arbeitete Tims Mutter — sein Vater lebte ja schon lange nicht
mehr — bei Mortius in der verantwortungsvollen Position der Haupt-Buchhalterin.
NEUZEIT-CHEMIE hieß das Industrieunternehmen.
    Tim wußte: Mortius senior hatte
Kummer mit seinem dämlichen Ableger. In jeder Penne ließ der Junior die Sau
raus, glaubte nämlich, mit der Kohle vom Papa sei alles zu bewerkstelligen.
Damals sah es ganz danach aus, als käme das Söhnchen niemals mit einem
Abiturzeugnis heim.
    Dann hörte der Industrielle,
wie Tims Mutter Susanne von der hiesigen Internatsschule schwärmte; und seitdem
beglückte Adolf junior die anspruchsvolle Lehranstalt mit seiner Anwesenheit.
Freilich fiel er gleich beim ersten Aufrücken durch, und auch jetzt schien es,
als würde er nie über die Klippe der 12. Klasse hinwegkommen.
    Hm! dachte Tim und bog einen
Zweig beiseite. Der also! Späte Rache. Feiger A...! Daß mir 100 Mark weh tun,
weiß der genau. Denn so klotzig ist das Gehalt nicht, das sein Alter meiner
Mutter zahlt. Was mache ich nur? Falle ich meiner Mutter in den Rücken, wenn
ich dem Kotztyp die Faustknöchel zeige? Hat sie dadurch Nachteile? Macht Adolf
mich bei seinem Vater schlecht — und beeinflußt ihn das?
    Tim zögerte.
    Adolf Mortius hatte das Rennrad
in die Nähe des Disko-Eingangs geschoben und lehnte es
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