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Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Titel: Wer hat Angst vorm bösen Mann?
Autoren: Borwin Bandelow
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etwas besser gebaut sind. Aber wenn ich jetzt sagen würde, der war sexuell vollkommen unattraktiv, dann würde ich mir einfach in die Tasche lügen. Das ist so ähnlich wie bei der schönen eiskalten Mörderin, die viele für unschuldig halten …»
    «… Amanda Knox?» [1] , werfe ich ein.
    «Ja, wenn Amanda Knox jetzt eine hässliche und grauenhafte alte Hexe wäre, dann hätte sich doch keiner gefunden, für sie etwas zu tun. Und wenn der Unterweger ein schiacher, grauslicher Typ gewesen wäre und ausgesehen hätte wie der Glöckner von Notre Dame, dann hätte ich mich sicher nicht für ihn eingesetzt. Aber es war dann so, dass meine Beziehung in die Brüche ging …»
    «Ach», frage ich, «Sie hatten in dieser Zeit eine Beziehung?»
    «Ja, aber die lief nicht so gut, man hat sich oft gestritten und wieder ausgesöhnt. Doch die Geschichte mit Jack nahm ich zum Anlass, mich nicht ein weiteres Mal zu versöhnen.»
    «Wie war es für Sie, als er dann verurteilt wurde? War das nicht ein Schock?»
    «Das war grauenhaft, obwohl ich es erwartet hatte. Es war ein furchtbarer Tag, es war draußen schwül, und es dauerte endlos, bis das Urteil gesprochen wurde.»
    «Haben Sie geweint?»
    «Nein. Geweint habe ich erst am nächsten Tag. Zu einer weiteren Gönnerin, der sechzigjährigen ehemaligen Klosterschwester, die ihm auch eifrig Briefe geschrieben hatte, sagte ich, dass ich ihn gleich besuchen gehen wolle. Da schaute sie mich so an und sagte: ‹Ja woißt des noch net?› Und ohne dass sie mehr erklären musste, wusste ich plötzlich, dass er sich umgebracht hat.»
    «Halten Sie ihn nach wie vor für unschuldig?», forsche ich nach.
    «Es gab viele Ungereimtheiten, und sicher hat er nicht alle Morde begangen, die ihm vorgeworfen wurden, zum Beispiel den Fall in Bregenz. Mit zeitlicher Distanz sehe ich das heute aber vollkommen emotionsfrei. Ich hatte mich damals versteift in diese Ungerechtigkeitsgeschichte. Es gab einige Indizien, die dafür sprachen, dass er es war. Nur weil einer ein sympathisches Auftreten hat und nicht so wirkt wie der klassische verklemmte Serienkiller, kann er es trotzdem gewesen sein.»
    «Wie haben Sie diese Geschichte verarbeitet?»
    «Indem ich das Buch geschrieben habe. Danach war ich plötzlich in einer Riesen-Fangemeinde. Ich war eine Kultfigur. Ich habe unzählige Briefe aus dem Knast bekommen. Manche waren nicht zimperlich, einer hat nach pornographischen Bildern verlangt. Das hätte der Unterweger nie gemacht, obwohl er das im Häf’n vielleicht gebraucht hätte.»
    «Und Sie sind später Anwältin geworden …»
    «In Graz hatte ich keine Chance auf eine Anstellung. Ein Strafverteidiger wollte mich gern als Partnerin einstellen, weil ich ja sehr rührig wäre, wie er meinte. Aber dann rief er mich an, sagte, er könne mich doch nicht nehmen. Es sei ihm mitgeteilt worden, dass er jeden Prozess verlieren würde, hätte er mich als Partnerin. Da wusste ich, Graz ist zu eng, und ich bin nach Wien gegangen.»

Gestörte Persönlichkeiten
    Jeder von uns kennt Menschen, die abgrundtief gemein, bösartig, heimtückisch, egoistisch, brutal, intrigant, arglistig und gefühllos sein können. Hinter einem solchen Charakter kann sich eine Persönlichkeitsstörung verbergen. Psychiater unterscheiden zwischen psychischen Krankheiten und Persönlichkeitsstörungen. Während psychische Krankheiten, zum Beispiel Depressionen, meist vorübergehend sind, so ist eine Persönlichkeitsstörung ein Charakterzug, der das ganze Leben hindurch bestehen bleiben kann.
    Der Übergang zwischen Persönlichkeit und Persönlichkeitsstörung ist fließend. Ausgeprägte Charaktereigenschaften der Menschen können Auslenkungen im Normbereich sein, aber sie können auch die Grenze zum Krankhaften überschreiten. Hier taucht die Frage auf, was «normal» ist. Die Antwort: Es gibt kein absolutes Kriterium, nach dem man zwischen normalem und pathologischem Verhalten unterscheiden kann. Zudem ist der Normalitätsbegriff vom jeweiligen gesellschaftlichen Zusammenhang abhängig – so würden bestimmte Verhaltensweisen, die in einer Ghettogang als normgerecht angesehen werden, unter Lüneburger Landfrauen als inakzeptabel bewertet werden.
    Von den verschiedene Arten von Persönlichkeitsstörungen sind hier vor allem die folgenden wichtig: die narzisstische, die antisoziale, die Borderline- und die paranoide Persönlichkeitsstörung.

Grenzenlose Bewunderung
    Der Flussgott Kephisos vergewaltigte die Nymphe Leiriope, die
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