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Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Wer hat Angst vorm bösen Mann?

Titel: Wer hat Angst vorm bösen Mann?
Autoren: Borwin Bandelow
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Ergebnis entscheidend, und oft sind am Ende alle zufrieden.
    Daher werden Narzissten häufig wirklich geschätzt und geliebt. Ihr ständiges Bemühen um Anerkennung trägt letztlich Früchte, und sie werden dann tatsächlich von vielen Menschen als attraktiv, engagiert, brillant oder spannend empfunden.
    Spricht man von Charisma, steckt dahinter nicht selten eine gute Portion Narzissmus. Kaum ein Künstler kommt ohne diese Eigenschaft aus. Denn ohne den ständigen Drang, sich zu profilieren oder im Mittelpunkt stehen zu wollen, würde man nicht die Energie aufbringen, sich im harten Kunst-, Film- oder Musikgeschäft nach oben durchzuboxen.
    Narzissten lernen irgendwann, dass gerade die interessantesten und schönsten Erlebnisse ihres Lebens auf ihr narzisstisches Verhalten zurückzuführen sind – und pflegen es dementsprechend. Und irgendwann später im Leben erkennen viele ihren übertriebenen Hang zur Selbstdarstellung, bauen ihn ab und werden schließlich noch herausragende, sympathische und einfühlende Menschen, die dank ihres unermüdlichen früheren Einsatzes einen mehrseitigen Nachruf erhalten.

Jenseits der Grenzlinie
    I hurt myself today to see if I still feel
    Johnny Cash, «Hurt»
    Die Borderline-Störung, die offiziell als «emotional instabile Persönlichkeitsstörung» bezeichnet wird, gehört zu den schwersten Erkrankungen, die Psychiater behandeln müssen.
    Bereits mit dreizehn oder vierzehn Jahren zeigen sich die ersten Symptome: Die jungen Menschen – meistens Frauen – zeigen Unzufriedenheit mit dem Leben und leiden unter unerträglichen Leeregefühlen. Alles erscheint langweilig, hohl und trostlos. Die Stimmung schwankt oft zwischen tiefer Traurigkeit und Aufgekratztheit.
    Die Mädchen oder Frauen fügen sich oft Schnittwunden oder andere Verletzungen zu. Sie haben eine Neigung zur Magersucht (Anorexie) oder Ess-Brech-Sucht (Bulimie). Unerklärliche Panikattacken und andere Ängste plagen die Betroffenen. Um die schwer zu ertragenden Symptome der Erkrankung zu bekämpfen, betäuben sie sich mit Drogen, Beruhigungsmitteln oder Alkohol. Nicht selten enden Borderline-Patienten durch Suizid.
    Ihre Gefühle haben sie nicht unter Kontrolle. Mit ihren Eltern, Freunden, Partnern sind sie gern im Clinch – sie neigen zu Eigensucht, Streitlust, Jähzorn und Wutausbrüchen. So scheitert ihre Berufsausbildung oft an Unlust, Arbeitsunwilligkeit oder Kontroversen mit den Vorgesetzten. Geduld haben sie selten, und die kleinsten Frustrationen können sie nicht tolerieren.
    Gegenüber den Gefühlen und Schicksalen anderer zeigen sie manchmal eine ausgeprägte Skrupellosigkeit. Partnerschaften sind von Auseinandersetzungen geprägt. Man trennt sich, schlägt sich und verträgt sich wieder, um sich bald darauf wieder zu zerstreiten. Manche Menschen mit einer Borderline-Störung wechseln ihre Partner extrem häufig; es gibt aber auch solche, die fast asexuell leben.
    Erstaunlicherweise verfügen sie manchmal über eine unerklärliche Attraktivität. Ihre Zerbrechlichkeit, Unberechenbarkeit, Zügellosigkeit, aber auch eine eindrucksvolle sexuelle Ausstrahlung zieht immer wieder Menschen in ihren Bann. Ihre manchmal unbekümmerte Bereitschaft, kurze, oberflächliche Beziehungen einzugehen, verschafft ihnen den Ruf des Sinnlichen.
    Es gibt Übergänge von der narzisstischen zur Borderline-Störung, denn Narzissmus ist bei der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung ebenfalls eine prägende Eigenschaft. Äußerlich kann man sie oft am «Underground-Chic» erkennen: gewagte Frisuren, schrille Haarfarben, ein durchgehend düster-schwarzes Styling, kunstvoll zerstörte Kleidung, Tattoos, Piercings und manchmal gewollt abstoßende Outfits.
    Wie die narzisstisch veranlagten Menschen neigen auch Borderline-Persönlichkeiten zu den schönen Künsten. Mit Hilfe ihrer oft ausufernden Phantasie gelingt es ihnen, eindringliche Musik, beeindruckende Malerei oder geistreiche Texte zu erschaffen. Auffallend ist, dass gerade die Megastars unter den Popmusikern Zeichen einer Borderline-Störung haben. [13] Aufmerksamkeit um jeden Preis ist dabei ihr Ziel. Und wenn es ihnen nicht gelingt, durch Talent und Können zu begeistern, wählen sie das Mittel der schrillen Provokation – was nicht selten gleichermaßen erfolgreich ist.
    Vielleicht ist es ihr beständiges, seit Kindheit an geübtes Bemühen um Aufmerksamkeit, das sie zu Spezialisten der Verführung macht. Trotz ihres schwierigen Wesens schaffen es
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