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Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)

Titel: Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
Autoren: Marie Lu Pera
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dabei, die so blond ist wie er und ihn von der Seite anschmachtet. Das Püppchen ist alles andere als begeistert, dass ich ihr die Aufmerksamkeit abziehe, was mich ein böses Augenfunkeln ihrerseits kassieren lässt.
    „Hallo Hope. Wie geht’s deiner Hand?“
    Ist eigentlich schon viel besser. Ich zucke nur mit den Schultern und will an ihm vorbei, da hält er mich am Arm zurück, den ich ihm gleich wieder wegziehe. Für meinen Geschmack habe ich heute schon genug Berührungen von finnischen Muskelprotzen ertragen müssen.
    Er räuspert sich unbeholfen. „Kommst du morgen zum Dorffest?“ Eher nicht. Hab bereits eine Überdosis Kitsch abbekommen. Wieder zucke ich gelangweilt mit den Schultern und lasse ihn einfach stehen. Nichts wie weg hier.
    Ich weite meine Runde noch aus und laufe an vielen kleinen Häuschen vorbei, an denen ebenfalls Austauschschüler damit beschäftigt sind, Arbeiten zu verrichten. Wie viele gibt es eigentlich von ihnen? Das ist wie eine Invasion. Die ganze Stadt scheint nur noch aus Finnen zu bestehen.
    Auf dem Rückweg komme ich an einer Klippe vorbei. Ich atme die frische Luft tief ein. Ausnahmsweise schalte ich sogar meinen mp3-Player aus, um den sich brechenden Wellen zu lauschen.
    Das Knacken von Ästen hinter mir lässt mich aufschrecken. Okay, jetzt werde ich paranoid. Wahrscheinlich war das nur der Schatten eines Tieres, den ich am Waldrand gesehen habe. Oder ich spinne bereits – was viel wahrscheinlicher ist.
     

    Der Schneefall ist stärker geworden. Aus dem böigen Wind ist ein ausgewachsener Sturm geworden. Ich habe Mühe, die Türe zum Haus zu schließen und stemme mich mit vollem Körpereinsatz dagegen.
    Hier drin ist es so stickig heiß, dass ich mir die Laufjacke förmlich vom Leib reiße. Mein Onkel steht bereits, mit vor der Brust verschränkten Armen, vor mir.
    „Wo warst du Fräulein?“ Ist das nicht offensichtlich?
    Da ihm die Erkenntnis nicht ins Gesicht geschrieben ist, helfe ich nach und halte ihm sogar meine Laufschuhe hin, als ich an ihm vorbeigehe.
    „Du hast Hausarrest“, erklärt er mit erhobenem Finger. Ich zucke gelangweilt mit den Schultern. Bei dem Wetter kann man sowieso nirgends hin.
    Im Wohnbereich finde ich die versammelte Mannschaft vor. So wie es aussieht, sind sie gerade dabei, die Jungs zu „unterhalten“. Emma und Lydia quasseln ohne Luft zu holen, während die Muskelprotze brav nicken.
    Kopfschüttelnd schleiche ich mich vorbei. Ich brauch dringend eine Dusche – das verschwitze Outfit klebt mir am Rücken.
     

    Sie sind augenscheinlich zu den Fotoalben übergegangen, als ich eine halbe Stunde später den Wohn-Essbereich betrete. Kurz hatte ich das Gefühl, einen Schatten am Fenster zu erkennen, tue es aber im nächsten Moment als optische Täuschung ab. Daraufhin falle ich fast über die Katze, die sich todesmutig vor meine Füße geschmissen hat, um sich schnurrend an mich zu kuschelt. Was für ein blödes Vieh. Wieso sucht sich das Ding kein anderes Opfer?
    Die Jungs haben sich erneut höflich von ihren Plätzen am Tisch erhoben und unterbrechen kurz ihr Wackeldackel-Dauernicken.
    „Sieh mal einer an. Hope beehrt uns mit ihrer geschätzten Anwesenheit“, spottet Onkel Tim.
    „Hier, wir haben ein Foto von dir gefunden“, sagt Emma und hält mir ein Bild von einem meiner Turnwettbewerbe von vor zwei Jahren hin. Neben mir stehen Mum und Dad. Meine Eltern haben es wohl meinem Onkel geschickt. Von dem Foto löst sich eine Büroklammer und ein Zeitungsartikel segelt mitten auf den Tisch.
     

    „
Eltern bei Explosion ums Leben gekommen. Tochter überlebt unverletzt.“
     

    Ich pack das gerade nicht, versuche aber vollkommen emotionslos zu bleiben. Die Bilder, die normalerweise nur in meinem Träumen hochkommen, fluten meinen Kopf. Ich presse die Fäuste zusammen bis die Knöchel weiß hervortreten.
    „Turnst du eigentlich noch?“, fragt mich Claire. Das ist ein Ablenkungsmanöver, damit sie den Zeitungsausschnitt unbemerkt unter dem Tisch verschwinden lassen kann.
    Bevor ich eine Regung zeigen kann, kreischen meine Cousinen bereits: „Zeig uns ein Kunststück. Bitte, bitte, Hope.“ Kunststück? Glauben die etwa, ich bin eine Zirkusattraktion?
    Lucien meldet sich zu Wort: „Das würde ich gerne sehen.“ Was du nicht sagst. Sie lassen nicht locker und bearbeiten mich von allen Seiten.
    Vollkommen genervt gehe ich einige Schritte zurück. Sogleich sprinte ich auf den Tisch zu. Meine Cousinen haben sich erschrocken. Sie kreischen
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