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Wer Blut vergießt

Wer Blut vergießt

Titel: Wer Blut vergießt
Autoren: Deborah Crombie
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Melody, das kannst du ruhig mir überlassen. Wir sehen uns morgen auf dem Revier.« Sie straffte die Schultern und ging zurück zum Empfang.
    Melody wusste nicht, was Andy hatte sagen wollen, und sie brachte es nicht fertig, ihn zu fragen. Stattdessen sagte sie: »Ich vermute, es hat wenig Sinn, wenn ich versuche, mein Auto zu holen.«
    Er lachte. »Aus Crystal Palace, bei dem Wetter? Solange es nicht taut, geht da oben gar nichts mehr. Aber wir können von Denmark Hill den Zug nehmen.«
    »Wir?«, fragte sie zögernd.
    »Na ja, so weit, wie du eben mitfahren willst. Ich meine …« Er errötete. »Du hast mir ja nie gesagt, wo du wohnst.«
    »In Notting Hill.« Melody stellte sich vor, wie sie in die stille, leere Wohnung zurückkehrte. Die Wohnung, in die sie nie irgendjemanden eingeladen hatte, nicht einmal Gemma oder Doug, aus Angst, sie würden ihre sorgfältig errichteten Schutzwälle durchbrechen.
    Und was hatte ihr das gebracht?, fragte sie sich nun. Abende vor dem Fernseher, mit ein paar Gläsern Wein zu viel und Fertiggerichten aus der Mikrowelle. Mit einem Mal hatte die Berechenbarkeit ihres Single-Lebens arg an Reiz eingebüßt.
    Sie erinnerte sich an ihre kleine Fantasie am Abend des Tages, als sie Andy kennengelernt hatte. Sie hatte am Fenster ihrer Wohnung gestanden und auf die Portobello Road hinuntergeschaut, und sie hatte sich gefragt, wie es wohl wäre, Arm in Arm mit ihm durch die kalte, frische Luft zu spazieren und die Wärme seines Körpers durch ihren Mantel zu spüren. Jetzt konnte sie sich noch viel, viel mehr vorstellen, und ein Schauer der Lust überlief sie.
    Sie holte tief Luft und sagte: »Wir könnten zu mir gehen, wenn du magst.«

25
    Es gab im Lauf der Jahre einige Vorschläge für die Verwendung des Grundstücks, aber alle wurden verworfen … Doch der Crystal Palace wird in der Erinnerung derer, die ihn geliebt haben, noch sehr lange weiterleben.
    Betty Carew, www.helium.com
    An einem dunklen Montagmorgen im Februar wachte Kincaid früh auf. Er duschte und verbrachte dann einige Zeit damit, den Inhalt seines Kleiderschranks zu sichten. Schließlich gab er einem Anzug mit Krawatte den Vorzug vor seiner gewohnten Kombination aus Hose und Sportsakko. Er fand, dass das zur Feier des Tages angebracht sei. Es war so lange her, dass er seine Dienstkleidung getragen hatte, dass er sogar den Staub von den Schultern der Anzugjacke bürsten musste.
    »Du siehst bestimmt entzückend aus, egal was du anziehst«, sagte Gemma, als sie aus dem Bad kam und ihm einen Kuss auf die Wange gab.
    »Ich glaube nicht, dass es darauf ankommt, ›entzückend‹ auszusehen«, erwiderte er mit einem Grinsen.
    »Dann nimm den blauen. Er bringt deine Augenfarbe am besten zur Geltung. Ich kann Charlotte heute Morgen hinbringen, wenn du willst«, fügte sie hinzu, während sie weiter ihren Zopf flocht, mit einer Schnelligkeit und Geschicklichkeit, die ihn immer wieder verblüfften.
    »Nein, ich mach’s gerne. Danke trotzdem.«
    Gemma war in den letzten Wochen sehr beschäftigt gewesen – sie hatte die Details der Peterson-Ermittlung für den Kronanwalt aufarbeiten müssen. Zwar beteuerten Joe Peterson und sein Anwalt nach wie vor standhaft seine Unschuld, doch man hatte in dem Zimmer im Belvedere einen Fingerabdruck von ihm gefunden, und sowohl Petersons Blutgruppe als auch seine DNS passten zu dem Blutstropfen auf dem Laken unter Vincent Arnotts Leiche.
    Kincaid sah mit Genugtuung, dass Gemma für die Lösung des Falls die verdiente Anerkennung bekam – das erleichterte ein wenig sein schlechtes Gewissen wegen der mutmaßlichen wahren Gründe für ihre Versetzung zum Mordermittlungsteam South London.
    Und er hatte einen wichtigen Sieg errungen – er hatte sie dazu überredet, am kommenden Wochenende eine Einladung zum Abendessen von MacKenzie Williams anzunehmen.
    Der Morgen verlief wie gewohnt. Im Haus duftete es nach Frühstücksspeck und Toast, in der Küche klapperte das Geschirr, und in den Zimmern lärmten Kinder und Tiere wild durcheinander, weil jeder irgendetwas von irgendwem wollte. Als es Zeit war zu gehen, überließ er es Gemma, die Jungs zu verabschieden, setzte Charlotte in den Kindersitz im Astra und fuhr sie die kurze Strecke zu ihrer Schule.
    Er hatte nicht damit gerechnet, so schlucken zu müssen, als er mit ihr zum Eingang ging und klingelte. »Tschüs, Schätzchen.« Er bückte sich, um ihr einen Kuss zu geben. »Bis heute Abend.« Charlotte hatte sich so gut an die Schule gewöhnt, dass
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