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Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)

Titel: Wer Blut sät (Vater der Engel) (German Edition)
Autoren: Yvonne Gees
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ungutes Gefühl. Ein fader Beigeschmack der Blasphemie lastete auf ihr. Sie stellte die Fotografie wieder zurück an ihren Platz, bevor sie sich mit einer Hand die Tränen aus dem Gesicht wischte.
    Nachdenklich hob sie den Blick wieder zu dem Gesicht er kleinen Skulptur.
    „ Dein Kopf ist aus Holz“, flüsterte sie ihrem hölzernen Ebenbild zu. „Oder vielleicht nicht?“
    Katharina stellte sich auf die Zehenspitzen und lehnte sich weit vor, um hinter die Figur blicken zu können. Die Rückseite des Körpers war mit einem groben Werkzeug ausgehöhlt und das Holz war dort mit einer einfachen, weißen Grundierung überzogen. Der Kopf der heiligen Katharina war im Gegensatz dazu auch rückseitig vollplastisch ausgearbeitet. Erst auf dem zweiten Blick war zu erkennen, dass ein runder Holzstopfen nur wenige Millimeter aus der runden Form des Hinterkopfes hervorragte. Katharina streckte die Finger danach aus und zog an dem Stopfen. Erstaunlich leicht löste er sich und darunter kam ein dunkles Loch zum Vorschein, das sich im Kopfinneren zu einem Hohlraum erweiterte.
    Katharina schüttelte belustigt den Kopf.
     
    „Kein Holzkopf, also“, murmelte sie. „Sie haben nur Luft im Kopf, mein Fräulein...“
    Sie steckte den Zeigefinger in das recht schmale Loch und stieß sogleich auf ein Stück Metall, das sie aus der Öffnung herauszog. Bei dem Metallstück handelte es sich um einen kleinen Schlüssel, stellte sie fest, als sie es in den Händen hielt. Aber in welches Schloß konnte dieser Schlüssel passen?
    Unschlüssig blickte sie sich in dem kahlen Raum um. Keine Schlösser, keine Türen. Bis auf das Eingangstor, zu dem sie ohnehin den passenden Schlüssel besaß.
    ...die Wahrheit liegt zu deinen Füßen..., kam es ihr in den Sinn.
     
    „ Meine Füße? Oder die der Figur?“ fragte sie sich.
    Zu Füßen der Holzskulptur konnte sie selbst nach genauer Überprüfung nirgendwo ein Schloß entdecken, also kniete sie sich auf die Erde und unterzog die untere Zone des Altares einer genauen Überprüfung. Auch hier konnte sie nichts entdecken, was vielleicht auf eine Art Geheimfach oder kleines Türchen hinwies.
    Verwirrt drehte sie den Schlüssel in den Händen.
    Sie war mehr als nur gespannt darauf, was genau sich hinter diesem Rätsel verbarg. Und sie war der Lösung doch schoh so nahe gekommen! Sie richtete den Blick auf den Fußboden, der mit steinernen Platten belegt war, die jeweils die Größe eines Esstellers besaßen. Das winzige Schloss befand sich am Rande einer dieser Platten, direkt unterhalb der KatharinenSkulptur. Es war so eingelassen, dass es optisch beinah nahtlos in die anschließende Fuge überging. Katharina steckte den Schlüssel mit zittrigen Fingern in das Schloss, gebückt auf Händen und Knien, als wolle sie den Fußboden schrubben. Die Steinplatte gab ein leises Knirschen von sich. Katharina grub die Fingerspitzen in die Fuge und es gelang ihr mit einiger Anstrengung, die Platte aufzuklappen, wie die Tür eines Schrankes. Sie blickte nun in einen kleinen, rechteckigen Hohlraum unter dem Fußboden. In dem Geheimfach befand sich ein Gegenstand, der in ein weißes Leinentuch gewickelt war.
    Katharina griff ohne zu zögern nach dem Gegenstand, holte ihn heraus und wickelte ihn aus. Zum Vorschein kam ein schmales Buch, auf dessen Vorderseite und Rücken kein Titel eingeprägt war. Voll Neugier schlug sie es auf und erkannte Roberts sorgfältige Handschrift wieder, die sämtliche Seiten des Buches in kleinen, ordentlichen Buchstaben ausfüllte. Der Titel dieser Aufzeichnungen stand über der ersten Textseite und war weder durch besondere Buchstabengröße, noch durch andersartige Schreibweise hervorgehoben: Die Wahrheit.
    Katharina hörte das laute Pochen ihres eigenen Herzens: Würde sie auf diese unverhoffte Weise tatsächlich doch noch erfahren, was mit ihrem guten Freund geschehen war? Was all die Grausamkeiten zu bedeuten hatten, die um sie passierten?
    Schnell legte sie die steinerne Bodenplatte wieder an ihren Platz, schlug das Buch hastig in das neben ihr liegende, weiße Tuch ein und machte sich auf dem Weg nach Hause. Erst auf dem Heimweg beschlich sie das vage Gefühl, dass sie tief in ihrem Inneren die Wahrheit vielleicht gar nicht wissen wollte.
    Das Licht der Kerzen flackerte, als ein leichter Luftzug durch das geöffnete Fenster hereinwehte. Um sie herum lag der Raum in tiefster Dunkelheit. Die Lichtkreise der beiden Kerzen erhellten einen Teil der Schreibtischoberfläche und
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