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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt...
Autoren: Richard Gordon
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Abgeordneten, findest du nicht?«
    Normalerweise überwies ich meine Patienten an Doktor Oliver Scuttle, der der allgemeinen Vorstellung von einem Psychiater so wenig glich wie Nelson einem Seehund. Ollie war auf Studienreise in Kanada, blieb also nur Walter Elmsworthy, ein drahtiger, blasser, dunkelhaariger Mann mit spitzer Nase und spitzer Zunge, der seinen Patienten mit verhaltener Verzweiflung gegenübertrat wie ein Verkehrspolizist den Autofahrern.
    Eine Woche später flatterte ein Brief in meine Praxis:
     
    Allgemeines Krankenhaus Churchford
    Privatstation
    Lieber Richard,
    danke, daß Du Mr. Whynn zu mir geschickt hast. Er leidet unter Gefühlen der Unfähigkeit und Unzulänglichkeit, die eine Depression mit möglicherweise Suiziden Tendenzen hervorrufen. Es besteht die Gefahr, daß er auf ähnliche Weise in verantwortungsvolleren Regierungspositionen reagieren wird, von denen er zuversichtlich annimmt, daß sie ihm später einmal angeboten werden.
    Er zeigt auch Besorgnis darüber, daß er vor kurzem im betrunkenen Zustand eine Nacht (oder weniger) mit einer Prostituierten verbracht hat. Nach meinem Empfinden leidet er nicht so sehr unter Schuldgefühlen als unter der Angst, diese Episode könnte ihn auf seinem Weg zu einem hohen politischen Amt, das er mit rücksichtsloser Entschlossenheit anstrebt, behindern.
    Seine Ehe ist stabil. Finanziell geht es ihm weitaus besser, als er aus politischen Gründen zugibt.
    Die Symptome sind jüngsten Datums; es gibt keinen Hinweis auf depressive Leiden oder eine Angstneurose in früherer Zeit. Ich betrachte dies als eine vorübergehende Störung, hervorgerufen durch eine persönliche Abneigung gegen seinen Vorgesetzten, den Energieminister, von dem er auf fast verletzende Weise sagt, er sei »unfähig, das Ersatzteillager einer Werkstatt zu führen«. Ich möchte ihn in drei Monaten nochmals untersuchen. In der Zwischenzeit sollte er von seinen beruflichen Verpflichtungen ausspannen. Die Behandlung mit Antidepressiva ist meiner Meinung nach nicht angezeigt. Ich versicherte Mr. Whynn, daß ihm diese Episode schon bald nur noch wie ein bizarrer Fehltritt Vorkommen werde in der erfolgreichen Karriere, wie er sie geplant hat.
    Ich hoffe, Dich und Sandra auf der Cocktailparty der Freunde des Allgemeinen Krankenhauses zu sehen.
     
    Mit freundlichen Grüßen
    Walter
     
    Dr. Walter Elmsworthy, Facharzt für Psychiatrie
    M.D., M.R.C.P., M.R.C.P. psych.
     
    Diese vertrauliche Mitteilung stand auf der ersten Seite meiner Sonntagszeitung.
     

4
     
     
    Das Telefon klingelte bereits.
    »Richard Gordon? Du Schwein! Du Laus! Du Mistkerl !«
    Es war Charlotte.
    »Was hast du dafür gekriegt? Einen Haufen Geld, nehme ich an. Hast du keinen Anstand? Kennst du denn kein Schamgefühl, keine Loyalität, Ehre, Ehrlichkeit, Menschlichkeit?«
    »Ich, äh...«
    »Wo bist du die ganze Nacht gewesen? Wahrscheinlich hast du dich versteckt. Ein Wunder, daß du nicht das Land verlassen hast.«
    Ich hatte mich auf dem Jahresball des Golfclubs vergnügt.
    »Ist dir eigentlich bewußt, was ich Furchtbares durchmachen muß? Die Kerle aus der Fleet Street, die mich alle fünf Minuten anrufen. Reporter, die wie Ratten in den Garten einfallen, auf dem Rasen ein riesiger Fernsehwagen, der, wie es im Moment aussieht, Monate dort stehen wird. Mein Gott, ich hör schon die Hubschrauber über unserem Dach.«
    »Sieh mal, Charlotte...«
    »Und ein Anruf... ein Anruf um Mitternacht... vom Ministerium!« Ihre Stimme überschlug sich. »Ruiniert! Jims Karriere ruiniert! Jetzt wird er nie Minister, nicht einmal so ein lächerlicher Kultur- oder Landwirtschaftsminister.«
    »Laß mich doch erklären...«
    »Gott sei Dank ist er in Sambia und nicht zu erreichen. Ich habe die ganze Nacht versucht, mit Lusaka zu telefonieren, aber die Leitung war besetzt. Oh Gott, was soll ich nur tun?«
    »Darf ich dir etwas vorschlagen...?«
    »Ich werde dich zugrunde richten. Ich werde dich vor Gericht zerren, von einer Instanz zur anderen. Ich werde dich mit Schadensersatzforderungen ruinieren. Ich werde dafür sorgen, daß deine ganze Familie von jeder anständigen Person in Churchford geschnitten wird.«
    »Ich kann verstehen...«
    »Mein Gott, wenn ich keine Frau wäre, würde ich kommen und dich grün und blau schlagen. Solltest du mir jemals wieder vor die Augen treten, könnte es durchaus sein, daß ich dir mit einem Schlachtermesser in der Hand an die Gurgel springe, und ich pfeif auf die Folgen !«
    »Ich,
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