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Wenn Zauberhaende mich beruehren

Titel: Wenn Zauberhaende mich beruehren
Autoren: Jude Deveraux
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sich und begann zu zählen. Aber als sie die Lider wieder aufschlug, waren die Felsen und die Sonne noch immer da.
    Die Pappeln verwehrten ihr einen umfassenden Überblick, aber jeder, der seine fünf Sinne zusammen hatte, konnte erkennen, daß das hier nicht die üppiggrüne Vegetation von Virginia war. Sie befand sich in irgendeinem Wüstengebirge, und hoch über sich hörte sie irgendwo den einsamen Schrei eines Vogels.
    »Ich bin überarbeitet«, sagte Kady und glättete das Hochzeitskleid, das sie noch immer trug. »Ich habe zuviel gearbeitet, und nun träume ich.«
    Sie versuchte aufzustehen, sackte aber wieder ge-gen den harten Felsen, der sich verblüffend real anfühlte.
    »Das ist in der Tat der lebhafteste Traum, den ich je hatte«, sagte sie laut. »Und ich wäre sehr dumm, ihn nicht zu genießen.« Sie blickte sich um. »Ja, ich werde mir alles ganz genau ansehen, damit ich Gregory ausführlich davon erzählen kann.«
    Aber es war gar nicht so leicht, sich zu konzentrieren, denn die Schwindelgefühle kamen in Wellen wieder, und das enggeschnürte Korsett erschwerte tiefe Atemzüge. Kady dachte daran, es zu lockern, befürchtete aber, sich dann nicht mehr aufrecht halten zu können. Im Moment kam es ihr so vor, als wären die Fischbeinknochen ihr einziger Halt.
    »Ich brauche mich nicht zu fürchten«, redete sie sich gut zu. »Schließlich ist das alles nur ein Traum, und in einem Traum kann mir nichts passieren. Jedenfalls nicht wirklich«, fügte sie zur weiteren Klärung hinzu.
    Sie blickte sich um und entdeckte plötzlich etwas hinter einer Pflanzenranke an der Felswand. Sie schob die Ranke zur Seite. »Höhlenzeichnungen«, sagte sie und fuhr mit der Fingerspitze über die steinzeitlichen Darstellungen. Stämmige Männer mit Pfeilen und Bogen jagten ein Tier, das wie ein Elch aussah. Ein Mann schien gestürzt zu sein, während drei andere weitere Tiere verfolgten.
    Als Kady die Gestalten berührte, erschien mitten in den Felsen plötzlich eine Tür, und durch diese Tür konnte sie ihr Apartment sehen. Da war ihr Sofa, über das sie ihre Jeans und ihre Kochjacke geworfen hatte, und auf dem Boden stand die alte Metallkiste, in der das Brautkleid gewesen war.
    Noch nie im Leben hatte Kady etwas so unwiderstehlich angezogen wie der Anblick ihres eigenen Apartments. Ohne auf ihre Schleppe zu achten, machte sie zwei Schritte darauf zu.
    Doch bevor sie die Schwelle erreicht hatte, verharrte ihr Fuß mitten im Schritt. Sie hatte etwas gehört, was wie ein Schuß klang. Sie blickte über die Schulter, konnte aber durch die Bäume hindurch nichts erkennen, und drehte sich wieder zu ihrem Apartment um.
    Aber jetzt war er da. Ihr Araber auf dem weißen Pferd. Scharf zog Kady die Luft ein. Da sie den Mann in Schwarz so häufig gesehen hatte, sollte er ihr eigentlich mittlerweile vertraut sein, aber jedesmal versetzte sie sein Auftauchen in neues Staunen, und sein Anblick weckte in ihr stets eine Sehnsucht nach etwas, was sie sich nicht erklären konnte.
    Aber diesmal war es anders, denn diesmal wirkte er deutlicher, realer. Ganz so, als wäre er keine nebelhafte Traumgestalt, sondern ein wirklicher Mann.
    »Wer bist du?« flüsterte sie. »Was willst du von mir?«
    Er sah sie mit seinen traurigen Augen an. »Ich warte auf dich«, sagte er leise.
    Der Klang seiner Stimme ließ ihr einen Schauer über den Rücken rieseln. »Wie?« fragte sie und machte einen Schritt auf ihn zu. Sie fragte sich keinen Moment, ob sie sich wirklich auf ihn einlassen sollte; sie fragte nur, wie sie ihn finden konnte.
    Er hob den Arm und zeigte auf einen Punkt über ihrem Kopf. Schnell drehte sie sich um, blickte zu den Bäumen hinüber, konnte aber nach wie vor nichts sehen.
    Als sie sich wieder umwandte, stand er noch immer vor ihrem leeren Apartment wie vor einem Foto. In diesem Moment wußte sie, daß er sie aufforderte, den kleinen steinigen Pfad hinunterzulaufen und allem den Rücken zuzukehren, was ihr Apartment repräsentierte. Sie dachte an Gregory, an sein Lächeln und das, was sie in seinen Armen empfand. Sie dachte an das Onions, an ihre Gäste und an Gregorys Mutter. Sie dachte an ihre Hochzeit, an Jane und Debbie.
    »Nein«, sagte sie ohne zu zögern. »Nein, danke.« Und dann machte sie einen Schritt auf ihr Apartment zu.
    In diesem Moment verschwand alles: ihr Raum und der Mann auf dem Pferd. Statt dessen war da nur ein rauher Stein, gegen den Kady prallte, als hätte sie versucht, direkt durch die Felswand zu
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