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Wenn Zauberhaende mich beruehren

Titel: Wenn Zauberhaende mich beruehren
Autoren: Jude Deveraux
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geheimen Zwang streifte sie den Bademantel von den Schultern und zog sich, sehr langsam und bedacht, die Unterwäsche an, die zu dem Brautkleid gehörte. Erst knappe Unterhosen, dann ein Paar längere. Sie streifte die feinen Seidenstrümpfe über die Beine und befestigte sie oberhalb der Knie mit rosenbestickten Strumpfbändern. Sie griff nach den Schuhen, weil ihr dämmerte, daß sie sich unter Umständen nicht mehr bücken konnte, wenn sie erst einmal im Korsett steckte.
    Kady kam sich vor wie Aschenputtel, als sie ihren Fuß in den knöchelhohen cremefarbenen Schuh aus
    Ziegenleder schob. Er paßte wie angegossen, und sie schloß die Perlenknöpfe mit Hilfe des Schuhknöpfers.
    Nachdem sie sich mit Mühe in das Fischbeinkorsett gezwängt hatte, betrachtete sie sich im Dielenspiegel. »Du meine Güte«, ächzte sie unwillkürlich. Das Korsett hatte ihre Brüste buchstäblich bis unter das Kinn geschoben, und sie mußte zugeben, daß Mieder durchaus ihre Vorzüge hatten.
    Sie zog ein feines Hemd an, das über das Korsett zu passen schien und stellte fest, daß sie schon jetzt mehr Kleidungsstücke trug als sonst im Winter.
    Nachdem sie in das Kleid geschlüpft war, vermied sie jeden Blick in den Spiegel, bis sie vollständig angekleidet war. Nachdem sie die Ohrringe befestigt hatte, griff sie zum Schleier und steckte ihn auf ihren Haaren fest. Die Spitze war so leicht wie ein Souffle und reichte ihr fast bis zu den Knien. Als letztes kamen die Spitzenhandschuhe.
    Schließlich drehte sie sich um und ging langsam auf den Spiegel zu. Einen Moment lang starrte sie sich nur an. Sie war nicht mehr die Frau, die sie sonst immer im Spiegel sah. Und sie war auch keine moderne Frau, die sich ein Kleid aus dem vergangenen Jahrhundert angezogen hatte. Es war, als müßte sie so aussehen, genau so und nicht anders.
    »Ja«, flüsterte sie. »Dieses Kleid trage ich zu meiner Hochzeit.« Sie brauchte niemanden um Rat zu fragen, denn sie war sich ganz sicher.
    Lächelnd ging sie zum Sofa zurück und nahm die Fotografie zur Hand. »Danke«, sagte sie leise zu der Frau, die ihr Hochzeitskleid so sorgfältig verwahrt hatte, damit es eine andere Frau in einer anderen Zeit erneut tragen konnte.
    Mit dem Foto in der Hand griff Kady zur Uhr, klappte sie auf und betrachtete das zweite Bild der Frau. »Vielen, vielen Dank«, sagte sie noch einmal und lächelte die ganze Familie an. »Danke, Mistress Jordan.«
    Als Kady die Uhr und das Foto in den Händen hielt und als sie den Namen Jordan aussprach, wurde ihr plötzlich ganz schwindlig. »Muß das Korsett sein«, sagte sie und sank aufs Sofa. »Ich sollte das Kleid ausziehen und...«
    Alle Gedanken glitten von ihr ab, ganz so, als würde sie einschlafen, und doch fühlte sich ihre Erschöpfung anders an. Sie spürte, daß sie gegen diese Benommenheit mit aller Kraft ankämpfen mußte. Ich muß die Augen offenhalten! sagte sie sich.
    »Laßt uns den Bastard aufknüpfen, sage ich«, hörte sie einen Mann sagen.
    »Yeah. Werden wir ihn ein und für allemal los.«
    »Hast du das gehört, Jordan? Mach Frieden mit deinem Schöpfer, denn lange hast du nicht mehr zu leben.«
    »Nein«, flehte Kady. »Tut ihm nichts. Ein so schönes Kleid. Ihr dürft keinem Jordan etwas tun.« Fast gelang es ihr, die Augen aufzureißen, doch dann hörte sie eine andere Männerstimme.
    »Hilf mir, Kady. Hilf mir.«
    Sehen konnte Kady nichts, aber sie wußte, wenn der arabische Prinz aus ihrem Traum gesprochen hätte, dann mit dieser Stimme.
    »Ja«, wisperte sie und hörte auf, sich zu wehren. »Ja, ich werde dir helfen.«

3. Kapitel
    Kady öffnete die Augen und blinzelte in blendendes Sonnenlicht. Nur mit Mühe konnte sie sich vor einem Sturz bewahren, als eine neue Woge neuer schwindliger Benommenheit sie überwältigte.
    »Au!« entfuhr es ihr. Sie beschattete ihre Augen mit einer Hand, betrachtete die Schürfwunden in ihrer anderen Handfläche und lehnte sich zurück - auf dem Sofa, wie sie annahm, aber das fühlte sich felshart an.
    Es dauerte ein paar Minuten, bis sie ihr Schwindelgefühl so weit beherrscht hatte, um erneut in die Sonne zu blinzeln. Wo war sie eigentlich? Eben noch war es Nacht gewesen, und sie hatte sich in ihrem Apartment befunden, doch nun schien sie in einer felsigen, sonnendurchfluteten Einöde zu sein.
    Mit der Hand vor den Augen trat Kady in den Schatten einer Pappel und setzte sich auf einen Felsen.
    »Wenn ich die Augen schließe und bis zehn zähle, werde ich aufwachen«, sagte sie
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