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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann?
Autoren: Anna Malou
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ich mit zweimaligem Nachfragen auch relativ problemlos finde. Jedoch kommt der Bus nicht zum angekündigten Termin. Ich warte, und endlich trifft der Bus mit einer Viertelstunde Verspätung ein. Nachdem ich meinen Rucksack im Gepäckfach verstaut habe, zahle ich fünf Euro für circa vierzig Buskilometer und treffe die Engländerin aus der gestrigen Herberge wieder, mit der ich mich während der Fahrt angeregt unterhalte.
    Die Bustour führt durch Ciraqui und Estella bis nach Los Arcos. Die Landschaft zeigt sich vielfältig, und ich genieße die »Stadtrundfahrt« und bedaure meine Entscheidung, Estella zu übergehen, denn die alten Bauten, die an mir vorüberziehen, faszinieren mich. Jedoch sind meine geplanten vier Wochen keine endlose Zeit, und das zwingt mich dazu, Kompromisse zu machen, und so steige ich in Los Arcos aus.
    Um 15.00 Uhr ist es noch immer glühend heiß. Nach einer Pause mit Cappuccino, der übrigens im Gegensatz zu Pamplona erschwinglich ist, suche ich eine Unterkunft. Dem Wegweiser nach finde ich das hostal, die Pilgerherberge, in der ich mir wieder einen Stempel für meinen Pilgerpass abhole. Diesen Pilgerpass habe ich mir bereits vor meiner Abreise nach Spanien von zu Hause aus bei der »Fränkischen Jakobusgesellschaft Würzburg« per Internet bestellt. Dreißig Stempel haben in diesem Pilgerpass Platz, und heute bekomme ich nun meinen dritten Stempel, den ich stolz entgegennehme. Dieser Pilgerpass soll mich bis nach Santiago de Compostela begleiten und mir als Nachweis dafür dienen, dass ich meine Pilgerstrecke zurückgelegt habe.
    Jedoch entscheide ich mich, weder im 4-Bett-Zimmer noch im 36-Personen-Schlafsaal zu übernachten. Etwas Luxus muss sein, und so suche ich weiter. Die erste Herberge, sündhaft teuer, die zweite voll ausgebucht, aber in der dritten werde ich fündig und beziehe mein Zimmer, zwar mit Duschbad nebenan, aber etwas kompromissbereit muss man schon sein.
    Nach der obligatorischen Dusche sitze ich auf dem Platz vor der Kirche, schreibe Postkarten, genieße die Ruhe und warte, bis um 18.30 Uhr der Laden öffnet, in dem ich meine Verpflegung einkaufen kann. Am Abend füllen sich dann die Gassen, die Leute sitzen zusammen und reden, Kinder spielen, und das Ganze geht so bis circa 23.00 Uhr, bis Ruhe einkehrt.

5. Tag:
    Los Arcos – Viana (23 km), 9. Juni

    Morgens früh, 5.30 Uhr, im Halbdunkel geht es los. Es ist doch bemerkenswert, dass es hier circa eine Stunde später hell wird als in Deutschland. Es dauert nicht lange, bis Los Arcos hinter mir liegt. Auf dem Weg sieht es aus wie auf einer Ameisenstraße, denn aus jeder Seitenstraße strömen weitere Pilger, allein, zu zweit, seltener in kleinen Gruppen zu dritt oder zu viert, auf den Weg des Camino Santiago. Ich gehe wieder allein, schwatze jedoch hin und wieder mit den anderen, die ich eventuell schon kenne oder die, während ich raste, an mir vorbeilaufen. Wenn wir uns trennen, heißt es stets: »Buen camino!«, was so viel heißt wie: »Einen guten weiteren Weg auf dem Jakobsweg!«
    Die Strecke ist schwierig, oft steinig, immer Berg und Tal, Aufstieg und Abstieg. Die Sonne brennt, sticht, und ich schwitze und muss meine Kräfte einteilen und sehr auf den Weg achten. Oft brauche ich eine Pause, muss viel trinken und komme kaum dazu, die Landschaft zu genießen, die immer wieder bergabwärts unglaubliche Ausblicke bietet — fotoserienreif.
    Als ich gegen Mittag raste, esse ich trockenes Brot, luftgetrocknete Mettwurst dazu und einen Apfel. Verpflegung ist wichtig, denn weit und breit, auch in den kleinen Ortschaften Sansol oder Torres del Rio, kann man, außer einem Eis oder etwas zu trinken, gar nichts zur Stärkung einkaufen. Also ist Selbstverpflegung angesagt.
    Noch während meiner »Mittagspause« fängt es leicht an zu regnen, was mir so gar nicht gefällt. Also, Regensachen raus, Rucksack abgedeckt, und weiter geht ’s.
    Nach weiteren zwei Stunden ist es wieder trocken, die Sonne brennt so heiß wie zuvor, und ich bemerke trotz des Eincremens einen leichten Sonnenbrand an Armen und Händen und die erste Blase am großen Zeh. Na, das kann ja heiter werden!

    Der Weg nimmt kein Ende, kein Pilger ist zu sehen, und ich schwitze. Plötzlich fährt ein Bauer mit seinem Trecker auf mich zu und gibt mir mit Händen und Füßen Zeichen und zu verstehen, dass ich hier falsch bin, ich habe mich also verlaufen. Demnach muss ich den Berg, den ich soeben Schweiß überströmt erklommen habe, wieder heruntergehen, was
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