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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
Autoren: Boje Verlag
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    Man sollte Lebenssituationen niemals mit Filmszenen oder Romanstellen vergleichen. Bei denen fühlt man nämlich nur in mono oder höchstens in stereo und durch solche Gefühle aus zweiter Hand stumpft man unnötig ab. Man erkennt dann die viel intensiveren, eigenen Surround-Gefühle nicht mehr, wenn sie sich einstellen. Oder man mag sie nicht, weil ihnen meistens auch ein paar bittere Gefühle beigemischt sind.
    Ein bisschen ist das so, als würde man immer nur Himbeerbonbons essen und dann ganz plötzlich eine echte Himbeere in den Mund stecken. Die Bonbons schmecken zuckersüß, aber eine echte Himbeere hat auch einen sauren und einen leicht bitteren Beigeschmack und man spürt lauter kleine Körnchen im Mund. Wer immer nur Himbeerbonbons isst, kann das Aroma der Himbeere nicht mehr genießen. Aber Himbeerbonbons enthalten keine wichtigen Nährstoffe, echte Himbeeren dagegen schon. Und so ist das auch mit Mono-Gefühlen.

    9.30 Uhr  Unser Abschlussball gestern war eher eine Himbeere als ein Himbeerbonbon. Er war grandios. Der Ball der Bälle. Einmalig! Aber er war von außen betrachtet nicht perfekt, nicht makellos, nicht zuckersüß, zumindest nicht in jeder Minute.
    Und genau deswegen fühlte er sich so perfekt an, besser als alles, was ich mir vorher von diesem Abend erträumt hatte.
    9.45 Uhr  So. Ich habe mir schnell einen Kaffee geholt und ihn im Bett getrunken. Jetzt geht’s weiter mit dem Abschlussball. Nein, ich fange noch früher an, ich schreibe alles von Anfang an auf und beginne morgens.
    Der gestrige Tag begann mit einer Überraschung: In der Zeitung erschien wirklich ein Artikel über das Hotel von Vickys Vater. Darin stand zwar nicht, dass er pleite ist und seine Angestellten nicht mehr bezahlen kann, aber man erfuhr dort, dass er sein Hotel verkauft hat und demnächst ein »kleines, aber feines Familienhotel im Schwarzwald« leiten wird.
    Hat Vicky uns nun angeschwindelt oder nicht? Auf dem Weg zur Schule habe ich mich darüber mit Tom unterhalten. Er meinte, sie habe die Wahrheit gesagt. Seiner Ansicht nach hat ihr Vater das vor dem Zeitungsmenschen irgendwie so hingedreht, um seinen Ruf nicht zu schädigen. Denn laut Artikel hat Vickys Vater sein Hotel VERKAUFT , aber das neue Hotel LEITET er nur. Und daraus schließt Tom, dass er eben doch pleite ist und dass das neue Hotel ihm nicht gehört. Mit dem Geld fürs alte kann er jetzt vielleicht wenigstens seine Mitarbeiter bezahlen.
    Na, eigentlich ist mir das alles egal. Es geht mir ums Prinzip. Ich glaube, dass Tom Vicky zu rosig sieht, und er findet, dassich sie zu schwarz sehe. »Sooo zickig ist sie doch gar nicht. Sie kann ein ganz guter Kumpel sein«, meinte er. Pfff. Und Darth Vader kann bestimmt auch ein ganz guter Babysitter sein. Aber das sagte ich in diesem Moment nicht. Denn egal ob schwarz oder rosig oder schwarz-rosa kariert   – für uns ist Vicky bald Geschichte. Sie zieht nämlich in den Schwarzwald und ich werde sie nicht vermissen.

    In der Schule haben wir dann an einem einzigen Vormittag drei nicht angesagte Tests über den Stoff unserer Hausaufgaben geschrieben. Irgendwer muss da wohl den Vorschlag gemacht haben, dass man die 10 b heute ein bisschen quälen sollte. Wer das wohl gewesen sein mag?
    Weil wir alle seit Tagen nur unseren Tanzball im Kopf hatten, haben uns die Tests ziemlich kalt erwischt. Aber unsere Laune hat das nicht runtergezogen. Bei den ersten beiden Tests haben wir noch gestöhnt, aber beim dritten konnten wir nur noch darüber lachen und seitdem ist die Stimmung in der Klasse super. So was schweißt ja auch irgendwie zusammen.
    Beim Mittagessen kam es dann zu Hause zu einem Streit zwischen Paps und Flocke. Paps fand nämlich, dass Flocke so langsam mal Struktur in sein Leben und in seine Zukunft bringen sollte.
    »Du redest seit Monaten von Australien, aber du kriegst deinen Hintern nicht hoch«, warf er Florian vor.
    Der fand allerdings, das sei seine Sache. »Ey, ich hab mein Leben im Griff«, murrte er. »Ich erhol mich jetzt noch ein bisschen von der Schule und dann suche ich mir einen Job. Da arbeite ich erst mal ein halbes Jahr lang oder so. Dann sehe ich weiter.«
    Ich spitzte die Ohren. Das waren ja ganz neue Töne. Bisher hatte Flocke immer so geklungen, als würde er vielleicht schon übermorgen seine Koffer packen und nach Australien abhauen. Und ich hatte ihm das immer geglaubt, denn eigentlich hat er längst genug Geld für die Reise zusammengespart.
    »Ein halbes Jahr
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