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Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Die zertanzten Schuhe

Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Die zertanzten Schuhe

Titel: Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Die zertanzten Schuhe
Autoren: Kira Maeda
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in den Kamin und steckte das Schwert ein. Er stützte den Alten, bis dieser wieder stand.
    „Weh mir“, schluchzte der, „und weh uns allen. Es ist hoffnungslos, einfach hoffnungslos. Ich habe wieder einen verloren.“
    „He, Alter, beruhige dich doch. War das ein Anverwandter von dir?“
    Der Mann schüttelte den Kopf. Er machte sich von Mareks Hilfe frei und zog seinen Mantel zurecht. „Du sagtest, du brauchst eine Unterkunft für die Nacht. Ich zeige dir, wo du schlafen kannst.“
    Der plötzliche Stimmungswechsel irritierte Marek und ließ sein Misstrauen wieder aufflammen. Er vergewisserte sich, dass sein Schwert und auch der Dolch an seinem Gürtel noch an Ort und Stelle waren, und folgte dem Alten dann aus dem Saal hinaus. Der alte Bussard sah sich nicht einmal um oder blieb stehen, sondern ging an der Treppe vorbei einen langen Gang hinunter. Auch hier erhellten Fackeln den Weg und wieder glotzten Mosaikfratzen Marek aus ihren Spiegelaugen hinterher.
    Der Alte stoppte vor einer hohen Tür, fast doppelt so groß wie Marek selbst. „Das Bett ist nicht das Jüngste“, krächzte der Burgbewohner, „aber es ist groß und man schläft ruhig darin.“
    „Hab Dank“, brummte Marek.
    Er wartete, dass der Alte noch etwas sagte, aber der sah ihn nur musternd an. Abrupt drehte er sich um und verschwand im Gang.
     
    Marek hatte sich nah am Kamin eine Decke zurechtgelegt und sich dort zum Schlafen hingelegt. Den Dolch hatte er unter sein Kissen gelegt und nur gedöst.
    Im Gasthaus hätte er sicherlich besser schlafen können, aber zum einen war es zu spät und zu gefährlich, wieder hinaus in den Wald zu gehen, zum anderen musste ee zugeben, dass ihn die Neugier gepackt hatte. Er konnte sich weder auf den Alten noch auf den toten Edelmann und die trauernden Leute einen Reim machen und das beschäftigte ihn. Er wollte das Rätsel lösen.
    Leises Lachen streifte Mareks Ohr. Sofort setzte der Söldner sich aufrecht hin und lauschte. Da war es wieder: ein leises, lockendes Lachen; die helle Stimme einer Frau. Marek zog den Dolch unter dem Kissen hervor und ließ ihn zurück in die Scheide gleiten; das Schwert ließ er unter der Decke.
    Die Fackeln auf dem Flur brannten noch immer. Er blieb nah an der Wand und lauschte weiterhin – das Lachen wiederholte sich immer wieder und wurde dann tiefer. Die Unbekannte stöhnte.
    Schlussendlich stand Marek vor dem seltsamen Spiegelsaal. Der Kamin in der Wand war erkaltet, der Geruch von altem Rauch und verbranntem Holz lag in der Luft. Dennoch war es nicht dunkel; aus den Spiegeln heraus drang Licht. Marek trat neugierig näher. Es war nicht nur Licht, das er in den Spiegeln sah, dort war viel mehr. Er stand direkt vor dem größten Spiegel, der ihn noch um eine halbe Mannslänge überragte. Doch anstelle seiner eigenen Reflexion sah Marek ein Zimmer. Es war nicht sonderlich groß, dafür aber umso edler eingerichtet. Ganz anders als der heruntergekommene Spiegelsaal wirkte das Zimmer sauber und die Möbel waren mit Seide und Samt bezogen.
    Mehrere Lüster waren im Raum verteilt. In der Mitte des Raumes, beschienen vom Licht der Kerzen, stand eine Frau. Sie war jung, schön – und vollkommen nackt. Jemand hatte ihre Handgelenke gefesselt und sie an einem langen Seil an der Decke befestigt. Durch die emporgereckten Arme standen ihre Brüste hervor, sie waren milchweiß und mit kleinen, harten Nippeln gekrönt.
    Trotz ihrer Lage wirkte sie nicht ängstlich. Das Gesicht unter den blonden Locken war heiter und erwartungsvoll. Als ihr Blick Marek streifte, sah der beschämt auf den Boden, bis er merkte, dass sie ihn gar nicht sehen konnte. Ihr Blick war zwar in seine Richtung gerichtet, aber sie sah etwas anderes an. Einen Augenblick später konnte Marek auch erkennen, was; ein Mann trat näher und sagte etwas zu der Frau.
    Marek konnte nicht verstehen, was, denn kein Laut drang aus dem Spiegel heraus, aber ihr Lächeln wurde strahlender.
    Der Mann war nicht nackt wie sie. Er trug eine einfache Hose und stellte seinen gestählten Oberkörper zur Schau. Die Haut war straff.
    Seine Bewegungen erinnerten Marek an ein Raubtier – sacht, geschmeidig und präzise. Er umrundete die Frau, die wegen ihrer Fesselung nur mit ihren Augen folgen konnte. Ihr Brustkorb hob und senkte sich in raschen Abständen und die blasse Haut ihrer Wangen begann, rötlich zu schimmern. Der Mann hatte seine Umrundung beendet und blieb vor der blonden Schönheit stehen. Er lächelte schmal und umfasste das
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