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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert
Autoren: Zoe Beck
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Lampe kam in die Halle. Er trug eine Uniform und bewegte seinen Mund. Dabei sah er aus, als hätte er Angst vor ihr. Hinter ihm standen noch mehr Männer, auch sie bewegten ihre Münder, wie ein Chor, aber sie hörte nichts, immer noch nichts, außer dem Rauschen, das sie so wohlig umschloss, als käme es direkt von den Wellen der Nordsee. Ihr Blutdruck sank weiter ab, die Sternschnuppen fingen wieder an zu tanzen, und sie fiel zu Boden.

2.
    Es wurde gerade erst hell, und der Hafen von Rosyth war noch nicht aufgewacht, als der Mann seinen Range Rover bis zu dem Gebäude der Zollbehörde fuhr und davor anhielt. Er liebte den Anblick der schlafenden Kräne und lächelte, als er sein Autoradio andrehte. Nikolai Tokarew spielte »La Campanella« von Franz Liszt. Er ließ das Fenster einen Spaltbreit herunter und wartete darauf, dass sich die Beifahrertür öffnete.
    Es dauerte nicht lange, bis der andere kam. Er drehte das Radio aus. »Setz dich«, forderte er ihn auf. »Schön, dich zu sehen.«
    »Guten Morgen, Art, du bist früh dran.«
    Art nickte. »Viel zu tun, Duncan. Bin gerade aus Newcastle hochgekommen. Aber ich wusste ja, dass ich dich hier treffe. Sag mal, mein Freund, wie war dein Kurzurlaub in Brighton?«
    Duncans Grinsen war eine Meile breit. »Hervorragend. Hätte nicht besser sein können.«
    Nun grinste auch Art. »Es hat die ganze Zeit geregnet, wenn man dem Wetterbericht für Südengland glauben darf! Ein Scheißwetter hattet ihr da unten an der Küste, mein Freund!«
    »Keine Ahnung, ich war nicht ein einziges Mal vor der Tür.«
    Beide Männer lachten.
    »Dann war deine … Begleitung also ganz zu deiner Zufriedenheit?«
    »Art, du weißt, wie du mich glücklich machst.«
    Art nickte. »Nachher kommen drei  LKW s aus Deutschland. Holzmüller International Transports, schwarze Schrift auf Gelb. Die Kennzeichen beginnen mit F für Frankfurt. Diese Deutschen mit ihren seltsamen Nummernschildern! Musst du sonst noch irgendetwas wissen?«
    Duncan schüttelte den Kopf. »Geht alles klar. Wie viele sind drin?«
    Art sah ihn tadelnd an. »Keine Details, mein Freund, daran hat sich nichts geändert.«
    Der andere Mann war mit den Gedanken schon längst woanders. Er fuhr nervös mit dem Zeigefinger eine unsichtbare Linie auf dem Armaturenbrett nach. »Sag mal, Art, ich hätte am Dienstag frei, meinst du, ich könnte wieder …«
    Duncan unterbrach sich, weil Arts Handy klingelte. Art nahm den Anruf entgegen, hörte zu, steckte das Handy wieder weg, ohne ein Wort gesagt zu haben. Dann sah er Duncan an und legte Trauer, tiefer als Loch Ness, in seinen Blick.
    »Das wird heute das letzte Mal sein«, sagte er und erkannte, dass Duncans Überraschung echt war.
    »Was ist passiert?«
    »Mir scheint, jemand ist unruhig geworden und will, dass deine Leute ab sofort gründlicher vorgehen.«
    »Da… davon weiß ich nichts«, stotterte Duncan, und von dem Grinsen, mit dem er Art begrüßt hatte, war nicht einmal mehr ein Schatten übrig.
    »Nein? Das hoffe ich für dich. Denn wenn heute einer von meinen Fahrern kontrolliert wird, sind wir keine Freunde mehr.«
    »Was … willst du jetzt machen?«, fragte Duncan.
    »Es gibt mehr als einen Weg auf diese Insel. Und immer dran denken, mein Freund: Neugier ist der Katze Tod!«
    Duncan zögerte. »Also wird es nichts mit Dienstag.« Es klang kleinlaut und war mehr Feststellung als Frage.
    »Wenn heute alles glattgeht …«, begann Art.
    »Das wird es! Verlass dich auf mich! Ich … ganz ehrlich, von mir hat niemand was erfahren.«
    Art bedeutete ihm auszusteigen. Duncan gehorchte und trabte zurück in Richtung seines Büros.
    Er wusste, dass Duncan nichts verraten hatte, weil er sonst alles verlieren würde. Nicht nur seinen Job, seine Frau, seine Kinder. Vor allem würde er nie wieder so ein Rendezvous haben, wie Art sie ihm vermittelte. Stattdessen würde er ins Gefängnis gehen, wegen Unzucht. Die Männer im Gefängnis würden nicht seinem Geschmack entsprechen. Sie würden alle um einiges zu alt für ihn sein.
    Unzucht. Was für ein seltsames Wort, dachte Art, aber es passte zu Duncan, in dessen Keller sich die Leichen nur so stapelten. Nein, Duncan hatte nichts verraten.
    Er sollte ruhig schwitzen, das schadete ihm nicht. Art würde herausfinden, wo das Leck war. Und keine Stelle war so undicht, dass er sie nicht flicken konnte. Außerdem hatte er einen konkreten Verdacht. Er öffnete sein Handschuhfach und kontrollierte den Inhalt. Ein kurzer Schlagstock aus Eisen.
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