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Wenn es daemmert

Wenn es daemmert

Titel: Wenn es daemmert
Autoren: Zoe Beck
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ihn nicht. Cedric lief die Straße in beide Richtungen ab. Sein Vater würde nie weiter als fünfzig Yards entfernt parken. Aber der Bentley war nirgendwo zu sehen. Cedric sah auf den Schlüssel in seiner Hand, sah das Zeichen des Herstellers, drückte auf den Knopf der Fernbedienung. Keine drei Yards von ihm entfernt fingen die Blinker eines schwarzen Range Rovers an zu leuchten.
    Arthur hatte geduldig neben ihr gesessen, während sie geweint hatte. Er hatte sogar den Arm um sie gelegt. Nun war sie erschöpft und müde und hatte keine Tränen mehr. Sie sah ihn an.
    »Wer hat sie umgebracht? Wer hat meine Mutter getötet? Und Matt? Ich will das alles verstehen, aber ich kann es nicht.«
    Er stand vom Boden auf und drehte sich von ihr weg. »Es kam eben im Radio, Matt wurde von einem Studenten aus der Nachbarschaft erschossen. Mehr haben sie nicht gesagt.«
    Aus der Nachbarschaft?, dachte sie. Da gab es nur Pete und Doug und – Cedric.
    »Ich weiß nur, dass es nichts mit mir zu tun hatte oder mit meinen Geschäften«, fuhr er fort. »Persönliche Motive, hieß es.«
    Mina konnte nicht glauben, dass alles, was in den letzten Tagen geschehen war, was man ihr angetan hatte, was ihr Leben auf ein Neues zerstört hatte, auf persönliche Motive eines Studenten aus Matts Nachbarschaft zurückgehen sollte.
    »Was deine Mutter betrifft – warum dachtest du, ich sei es gewesen?«
    »Cedric ist einem schwarzen Range Rover gefolgt«, antwortete sie. »Wir dachten, das wärest du. Er fuhr von der Party weg, die zu Ehren von Matt gefeiert wurde.«
    Arthur ging vor ihr auf und ab, die Hände auf dem Rücken, den Blick starr geradeaus gerichtet. Sie musste an Cedric denken, an dessen kontrollierte Körperhaltung, an seine Hände in den Hosentaschen, an seinen Blick, der stets bemüht war, anderen Blicken auszuweichen. Nach einer Weile blieb Arthur stehen, inspizierte seine Fingernägel in dem schwachen Licht, antwortete, ohne sie dabei anzusehen, und obwohl seine Gesten wirkten wie die eines schlechten Lügners, klang das, was er sagte, ganz anders.
    »Ich war nicht da. Ich weiß aber, wer dort war. Wer den Bentley stehen ließ, weil er später in seinem neuen Range Rover noch einen kleinen Abstecher nach Edinburgh machen wollte, wie er es nennt. Deshalb war er mit zwei Autos gekommen.«
    »Bentley?«
    Arthur nickte und lächelte, als er sie ansah. »Sie spielen alle so gerne Jekyll und Hyde. Meine Brüder lieben es. Aber er liebt es von allen am meisten. Ihm gehören fast alle Immobilien, in denen Annas Mädchen untergebracht sind. Sie sagt immer, es seien ihre Wohnungen, aber das stimmt natürlich nicht.«
    Er machte eine Pause, um ihr Zeit zum Verstehen zu geben. Zeit zu begreifen, von wem sie sprachen.
    »Verstehst du jetzt?«, fuhr er fort. »Er hielt es für besonders amüsant, eins meiner Mädchen über die Au-pair-Agentur zu mieten. Falls auffliegen sollte, dass Pepa eine minderjährige Illegale ist, dann wäre ich dran. Aber niemals er.«
    »Lord Darney«, flüsterte Mina.
    »Lord Darney«, bestätigte er. »Darney liebt sein Doppelleben und nimmt die Rolle des Hyde zu ernst für meinen Geschmack. Ich bin mir nicht sicher, wie viel er mit Matts Tod zu tun hat, aber ich hatte ein schlechtes Gefühl und wollte nicht, dass ihr ihm früher oder später über den Weg lauft. Noch ein Grund, warum ich euch aus St. Andrews weghaben wollte.«
    »Margaret hat die Botschaft verstanden und dich gesucht«, sagte Mina und fühlte, wie ihr eiskalt wurde.
    »Sie ist dem Falschen in die Arme gelaufen, ja.«
    Mina schwieg und starrte auf das Weinregal, auf die dunklen Flaschen, die schwach schimmerten und sie an das schwarz glänzende Gefieder eines Raben erinnerten, ein Bild, das ihr nun keine Angst mehr machte, weil sie wusste, dass ihr Schicksal bereits geschrieben stand. Trotzdem fragte sie: »Und ich?«
    Seine Haltung änderte sich. Er wurde wieder der, der ihr zu Anfang gegenübergetreten war. Zog sich hinter die lächelnde Maske, hinter die großzügigen Geste zurück, um der Welt zu sagen, dass er nichts anderes tat, als ebendieser Welt ihren Lauf zu lassen.
    »Du hast Hoffnung, nicht wahr? Weil ich dich mag, denkst du, ich lasse dich laufen. Warum bist du nicht schon viel früher einfach abgehauen, statt nach mir zu suchen?«
    Er hatte eben erst gesagt, er brächte niemanden um. Er würde auch sie nicht umbringen, so viel hatte sie verstanden. Arthur brachte Menschen dazu, sich selbst umzubringen. Wie ihren Großvater. Wie das
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