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Wenn die Demokratie zusammenbricht

Titel: Wenn die Demokratie zusammenbricht
Autoren: Frank Karsten , Karel Beckman
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hatte, ist diese Partei schnurstracks in den Besitz der Seelen und Körper der anderen Partei gelangt. Hat es jemals einen solch erniedrigenden und unhaltbaren Aberglauben gegeben? Ist er nicht der echte direkte Nachkomme des alten Aberglaubens über Kaiser und Hohepriester und ihre Autorität über die Seelen und Körper der Menschen?«

MYTHOS 4
Demokratie ist politisch neutral
    Demokratie ist mit jeder politischen Richtung vereinbar. Schließlich bestimmen die Wähler die politischen Präferenzen der machthabenden Partei oder der machthabenden Parteien. Also übersteigt das System selber alle Unterschiede zwischen politischen Ansichten: Es ist für sich genommen weder links noch rechts, weder sozialistisch noch kapitalistisch, weder konservativ noch progressiv.
    So scheint es jedenfalls. Doch ist dies bestenfalls die halbe Wahrheit. In Wirklichkeit verkörpert die Demokratie eine spezifische politische Richtung.
    Demokratie ist per Definition eine kollektivistische Idee, nämlich die Idee, dass wir alles gemeinsam zu entscheiden haben, und dass sich anschließend alle an diese Entscheidungen zu halten haben. Das bedeutet, dass in einer Demokratie so ziemlich alles eine öffentliche Angelegenheit ist. Es gibt grundsätzlich keine Grenzen dieser Kollektivierung. Wenn die Mehrheit (oder vielmehr die Regierung) es will, kann sie entscheiden, dass wir alle einen Harnisch tragen müssen, wenn wir über die Straße gehen, weil das sicherer ist. Oder uns als Clowns verkleiden müssen, weil es die Leute zum Lachen bringt. Keine individuelle Freiheit ist heilig. Das lässt die Tür offen für immer weitere Staatseingriffe. Und ein immer stärkerer Interventionismus ist genau das, was in demokratischen Gesellschaften stattfindet.
    Gut, politische Trends schwanken und oft treten Gegenbewegungen auf – zum Beispiel von mehr zu weniger Regulierung und wieder zurück –, aber auf lange Sicht haben sich westliche Demokratien stetig in Richtung auf mehr Staatseingriffe, größere Abhängigkeit vom Staat und mehr öffentliche Ausgaben entwickelt. Das war vielleicht nicht so sichtbar in den Zeiten des Kalten Krieges, als westliche Demokratien mit totalitären Staaten wie der Sowjetunion und China unter Mao verglichen wurden, was sie relativ frei aussehen ließ. In diesen Tagen war es weniger auffällig, dass wir selbst mehr und mehr kollektivistisch wurden. Seit den 1990ern jedoch, nachdem der Kommunismus zusammengebrochen war, wurde es klar, dass unsere Wohlfahrtsstaaten ein gutes Stück in die gleiche Richtung marschiert waren. Jetzt werden wir durch neu aufkommende Ökonomien überrascht, die mehr Freiheit, niedrigere Steuern und weniger Regulierung als unsere eigenen Systeme anbieten.
    Natürlich sagen viele demokratische Politiker, sie seien für den »freien Markt«. Ihre Taten zeigen etwas anderes. Man betrachte die Republikanische Partei, die oft als Partei des freien Handels angesehen wird. Sie begrüßt inzwischen praktisch alle größeren interventionistischen Grundsätze, die von ihren linken Rivalen vertreten wurden – den Wohlfahrtsstaat, hohe Steuern, hohe Staatsausgaben, öffentlichen Wohnungsbau, Arbeitsschutzgesetze, Mindestlöhne, Aus­lands­einsätze – und hat einige eigene hinzugefügt, wie Subventionen für Banken und Großunternehmen und Gesetze gegen opferlose Verbrechen wie Drogenkonsum und Prostitution. Trotz gelegentlicher Rückfälle und Phasen von »Deregulierung« ist die Macht des Staates unter beiden Parteien stetig gewachsen, egal wie sehr die Republikaner behaupten, sie seien für Freihandel. Es ist eine Tatsache, dass unter dem republikanischen »konservativen« Präsidenten Ronald Reagan die Staatsaugaben stiegen, nicht sanken. Unter der republikanischen Regierung von George W. Bush stiegen die Staatsausgaben nicht, sie schossen in die Höhe. Das zeigt, dass Demokratie nicht neutral ist, sondern von Natur aus zu einer Zunahme des Kollektivismus und der Staatsmacht tendiert, wer auch immer zu einem bestimmten Zeitpunkt an der Macht ist.
    Dieser allgemeine Trend spiegelt sich in dem stetigen Wachstum öffentlicher Ausgaben wider. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lag der Anteil der öffentlichen Ausgaben am Bruttosozialprodukt in den meisten westlichen Demokratien typischerweise bei um die 10 Prozent. Jetzt liegt er bei um die 50 Prozent. Also sind die Menschen
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