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Wenn der Wetterhahn kräht

Wenn der Wetterhahn kräht

Titel: Wenn der Wetterhahn kräht
Autoren: Charlotte MacLeod
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Treuhandvermögen verfügen kann, ist ohnehin egal, ob die Wahrheit
herauskommt oder nicht. Jeder, der neunzig Millionen Dollar zur freien
Verfügung hat, kann sich erlauben, so exzentrisch zu sein, wie er Lust hat.
Keiner wird es wagen, auch nur die Augenbrauen zu heben.«
    Miss Binks goß allen noch eine Tasse
Sassafras-Tee ein. »Trinken wir also auf den mächtigen Gott Mammon! Natürlich
habe ich mir gelegentlich die Zeit damit vertrieben, mir auszumalen, was ich
mit Großvaters Geld anfangen würde, wenn ich frei darüber verfügen könnte.«
    »Sie haben sicher nicht zufällig daran
gedacht, sich für den Wiederaufbau der Seifenfabrik einzusetzen?« meinte
Cronkite beiläufig.
    Miss Binks Lächeln verwandelte sich in
ein Kichern. »Es würde mir nicht nur großes Vergnügen bereiten, sondern mich
außerdem keinen einzigen Cent kosten. Ich brauche nur Sam Snell in die Enge zu
treiben und ihm eine flammende Rede über seine Pflichten als Staatsbürger zu halten.«
    »Na ja. Aber dazu müßten Sie ihn zuerst
einmal finden. Momentan hockt er irgendwo auf seiner Jacht und denkt nach.«
    »Ach, tatsächlich? Kopf hoch, Mr.
Swope, dort hockt er sicher nicht lange. Entre nous, unser tapferer
Jachtfahrer wird seekrank, sobald er eine Welle sieht, die höher als acht
Zentimeter ist. Wir brauchen nur ein wachsames Auge auf den Wetterbericht zu
haben und Snell abzufangen, sobald er seinen Fuß an Land setzt. Wenn er
erfährt, daß ich Großvaters Geld geerbt habe, wird er auf der Stelle
angekrochen kommen und mir die Schuhe lecken. Apropos Schuhe, ich sollte mir
für diese Gelegenheit unbedingt ein neues Paar zulegen. Vertrauen Sie mir, Mr.
Swope. Es ist ein Kinderspiel, Sam Snell den Marsch zu blasen. Und es wird mir
einen Heidenspaß machen, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Miss Binks, Sie sind einfach toll!«
    »Das hat man mir schon öfter gesagt,
wenn auch nie in dem Ton wie Sie gerade. Vielen Dank für das Kompliment, Mr.
Swope. Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, immer noch bei den völlig
überflüssigen Millionen meines Großvaters. Wissen Sie, daß unser Rendezvous mit
den angeblichen Überlebenskämpfern mich auf eine Idee gebracht hat? Zunächst
fällt einem natürlich auf, daß es ihnen im Grunde gar nicht ums Überleben ging —
jedenfalls nicht um das Überleben ihrer Mitmenschen. Großvater dagegen
interessierte sich brennend dafür, auch wenn sein Ansatz sich letztendlich als
ebenso falsch erwiesen hat. Doch daraus sollte man auf keinen Fall schließen,
daß die Überlebensfrage unwichtig ist.«
    »Auf keinen Fall«, stimmte Peter zu.
»Immerhin sind wir Menschen damit beschäftigt zu überleben, seit wir dem
Urschleim entstiegen sind.«
    »Ach, dazu fällt mir ein
Nonsens-Gedicht ein: ›Als du noch ein Kaulquapp warst und ich ein Fisch im
paleozoischen Schleim‹. Leider erinnere ich mich nur an diese beiden Zeilen,
ich muß meine Kenntnis der Unsinnslyrik unbedingt auffrischen. Vielleicht
sollte ich mich ohnehin mehr dem Unsinn widmen, wenn ich denn meinen Platz in
der Gesellschaft wieder einnehmen muß. Aber ich wollte eigentlich etwas ganz
anderes sagen. In den letzen Jahren habe ich viel gelernt, was das Überleben in
freier Natur betrifft. Ich glaube, der beste Weg, die Erinnerung an Großvater
lebendig zu halten — herrje, da fällt mir doch dummerweise wieder der Schimmelrasen
ein! Lassen wir das! Ich glaube, es wäre eine schöne Geste Großvater gegenüber,
wenn ich sein Geld dazu verwenden würde, anderen beizubringen, was ich über das
Überleben in der Wildnis gelernt habe.«
    »Tolle Idee, Miss Binks«, sagte
Cronkite. »Man könnte eine Schule aufmachen und den Leuten beibringen,
Amarant-Pfannkuchen zu backen.«
    »Nahrungsmittelzubereitung gehört auf
jeden Fall mit ins Programm, aber wir sollten einen viel weiteren Bogen
spannen, damit auch die Allgemeinheit einen echten Nutzen daraus zieht. Es
genügt einfach nicht, ein spitzes Stöckchen zu nehmen und nach eßbaren Wurzeln
zu stochern, wissen Sie. Dazu gibt es viel zu viele Menschen und viel zu wenig
Wurzeln an den Stellen, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Ein holistischer
Ansatz, was das Überleben unserer Gattung betrifft, muß heute sehr viel
komplexer ausfallen als in früheren Zeiten. Immerhin gibt es inzwischen
Probleme wie sauren Regen, Neutronenbomben. Nahrungsmittelknappheit und
Trinkwasserverschmutzung. Wir haben uns selbst in eine so aussichtslose Lage
manövriert, daß wir nicht damit rechnen können, noch eine
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