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Wenn alle Schranken fallen

Wenn alle Schranken fallen

Titel: Wenn alle Schranken fallen
Autoren: B Barton
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schockieren wie Gordon. Er griff über den Tisch und nahm ihre zitternden Hände in seine. “Es tut mir leid. Wenn ich die Dinge ändern könnte, würde ich es tun. Irgendwie … nun ja, irgendwie fühle ich mich mit verantwortlich.”
    Lydia verlor sich in dem Blick seiner warmen braunen Augen. Darin lag so viel Sorge, so viel Mitgefühl. “Nein. Nein, das dürfen Sie nicht. Wenn jemand Schuld trägt, dann bin ich es. Zweifellos war ich nicht … nicht die richtige Frau für meinen Mann.”
    Gordon umschloss ihre Hände fester. “Wenn Sie mich fragen, dann war Tyler Reid ein ausgemachter Dummkopf. Männer wie er …” Als sie nach Luft schnappte, hielt er inne. “Entschuldigen Sie. Ich habe kein Recht, solche Dinge zu sagen.”
    Lydia schaute auf Gordons große Hände, die ihre völlig bedeckten. Wieso war Gordon Cameron von allen Menschen, die in den letzten beiden Monaten versucht hatten, sie zu trösten, der einzige, bei dem sie sich lebendig, umsorgt und geborgen fühlte? “Uns beide verbindet das gleiche Los, nicht wahr?”
    “Ja, es scheint so.” Gordon ließ sie los, doch am liebsten hätte er Lydia in die Arme gezogen und sie geküsst, bis sie nach Atem rang. Wenn er die Selbstbeherrschung verlor und sie in Verlegenheit brachte, würde er ihr nur noch mehr Leid zufügen.
    “Die ganze Stadt redet davon.” Als sie nach dem Eistee griff, stieß sie gegen das Glas, doch Gordon konnte es gerade noch vor dem Fall bewahren.
    “Was die Leute von Ihnen halten, ist Ihnen anscheinend ziemlich wichtig.” Ganz im Gegensatz zu Macie, der es völlig gleichgültig gewesen war, was die Leute von ihr denken mochten. Und Lydia unterschied sich auch von seiner Mutter, die sich nur um ihre eigenen Angelegenheiten kümmerte und erwartete, dass die anderen Menschen es genauso hielten.
    “Ja, das stimmt wohl.” Unzählige Male war Lydia von ihrer Mutter ermahnt worden: Was werden nur die Leute sagen?
    “Als Frau des Bürgermeisters standen Sie unweigerlich im Licht der Öffentlichkeit.”
    “Tyler hatte große Erwartungen. Seine Partei wollte ihn bei der nächsten Wahl als Senator aufstellen, und dann, in einigen Jahren …”
    “Gouverneur. Ich habe davon gehört.”
    “Er war erst einunddreißig, wissen Sie.”
    “Macie war siebenundzwanzig.”
    Ich möchte, dass du mich in die Arme nimmst, dachte Lydia. In ihren Augen erschien ein sehnsüchtiger Ausdruck. Mehr als sechzig endlos lange Tage und Nächte voller Kummer und Unsicherheit, und niemand außer Gordon konnte die Qual lindern. Diese Gedanken waren ebenso unvernünftig wie die neuen, unbekannten Gefühle, die dieser Mann in ihr weckte.
    “Es tut mir so leid, dass das passieren musste”, meinte sie schließlich. “Ganz besonders wegen Ihrer kleinen Tochter.”
    Er musste schnellstens hier verschwinden, oder er würde sich zum Narren machen. Es ergab einfach keinen Sinn. Es war Jahre her, seit Gordon eine Frau so sehr begehrt hatte wie Lydia Reid.
    “Was ist los?”, wollte sie wissen. “Stimmt etwas nicht?”
    Gordon zermarterte sein Gehirn nach einer Entschuldigung, um von ihr fortzukommen. Als er sah, wie sein Bruder durch die Tür kam, atmete er erleichtert auf. “Da ist Ben. Sicher will er bei Clements das Futter einladen und zurück zur Farm fahren.” Hastig trank Gordon sein Bier aus, stand auf und griff nach seinem Stetson.
    Mit einem wehmütigen Lächeln sah Lydia zu ihm auf. Zu schade, dass er schon ging. Obgleich sie und Gordon nur sehr wenig verband, erschien ihr der große dunkelhaarige Farmer wie eine verwandte Seele. Wie niemand sonst verstand er ihre Seelenqual, ihre Einsamkeit, die Scham.
    “Ich komme mit und hole meine Rose ab.”
    Ben Cameron gesellte sich zu Lydia und Gordon, die neben der Nische standen. “Tanya wollte noch in der Kirche mit Reverend Charles sprechen. Lass uns das Futter aufladen, dann können wir sie abholen.”
    “Das ist mein Bruder Ben”, warf Gordon ein. “Auch wenn sein Verhalten dem widerspricht, Ma hat tatsächlich versucht, ihm Manieren beizubringen.”
    Der jüngere Mann verzog das Gesicht, atmete tief ein und sah Lydia zerknirscht an. “Entschuldigen Sie, Ma’am.”
    Lydia konnte sich nicht erinnern, je einen so raubeinig wirkenden Mann gesehen zu haben. Es lag nicht allein daran, dass Gesicht und Hals vernarbt waren oder seine linke Hand verkrüppelt schien. Ben umgab etwas Wildes, Grimmiges. Instinktiv trat sie einen Schritt zurück. “Freut mich, Sie kennenzulernen.” Allerdings bezweifelte
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