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Wenigstens für eine Nacht

Wenigstens für eine Nacht

Titel: Wenigstens für eine Nacht
Autoren: C. Griehte
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unserer Gäste es auch tun. Ich kann nicht mal genau sagen, was es ist, das mich an ihm so wahnsinnig fasziniert. Ob es sein Style ist, mit den teuren Designerklamotten, seine dunklen Haare, die er fransig ins Gesicht geschnitten trägt und immer wieder beiläufig mit dem Zeigefinger aus der Stirn streicht. Oder diese warmen braunen Augen, denen ich versuche, so gut es geht, auszuweichen, weil sie mich um den Verstand bringen. Vielleicht aber auch sein bezauberndes Lächeln, bei dem meine Knie jedes Mal butterweich werden.
    Ich kann es nicht strikt definieren. Fakt ist jedenfalls, dass ich also seit etwas mehr als zwei Monaten damit klar kommen muss, eventuell doch schwul zu sein. Oder eher bisexuell. Wobei ich in letzter Zeit sehr auf mein Umfeld geachtet habe, in mich hineingehorcht und Signale meines Körpers zu deuten versuchte, die mir vorgaukeln wollen niemanden wirklich anziehend zu finden. Außer eben diesen Jungen, der mir so rücksichtslos den Kopf verdreht hat und es selber nicht einmal weiß. Allein diese Tatsache entlockt mir einen weiteren Seufzer, bevor ich meine Gedanken abschüttle und mich weiter meiner Körperpflege widme.
    Nachdem ich meine Haare , die mittlerweile etwas lang geworden sind, endlich auch getrocknet und zu einem Zopf gebunden habe, mache ich mich nun auf den Weg, um nicht zu spät zu meiner Schicht zu kommen. Katja, meine Kollegin, kann ganz schön zickig werden, wenn sie auch nur eine Minute länger machen muss als nötig und das will ich mir echt nicht antun. Weswegen mein Chef, Bernd, sie auch nur für die Tagesschicht einsetzt und ich erst siebzehn Uhr anfange. Da wir das Motto `Open End` vertreten und das Lokal erst schließen, wenn auch der letzte Gast uns verlassen hat.

Das führt zwangsläufig dazu, dass ich an manchen Tagen erst in den frühen Morgenstunden ins Bett komme. Überstunden sind damit vorprogrammiert, was mich allerdings nicht weiter stört, weil ich ja niemanden habe, der zuhause auf mich wartet. Ganz anders als Katja, was sie uns, Bernd und mir, allzu gern unter die Nase bindet. Also hetze ich aus meiner Wohnung, die Treppen hinunter und renne fast noch meine Nachbarin über den Haufen, bevor ich zu meinem Auto flitze und einsteige. Ich könnte den Wagen gewohnheitsmäßig blind lenken und parke ihn zehn Minuten später schließlich, pünktlich auf die Minute, vor dem `Extraordinary`.

„Da bist du ja endlich. Hier, dass ist für Tisch drei und die Bestellungen von zwei und sechs musst du noch aufnehmen, sind grad erst gekommen“, empfängt mich meine Kollegin mit einem Tablett in der Hand und drückt es mir energisch gegen meine Brust.
    „Kann ich vielleicht erstmal meine Sachen ablegen, Zicke?“, zische ich sie leise an, damit unsere Gäste nichts von unserer Unterhaltung mitbekommen und schiebe mich einfach an ihr vorbei, um mir im Personalraum erstmal meine Jacke auszuziehen und meine Tasche zu verstauen. In letzter Zeit wird es mit Katja echt immer schlimmer und auch Bernd
     
    meinte schon, sich nach jemand anderem umzusehen, weil er eine so unflexible Arbeitskraft eigentlich nicht gebrauchen kann und er es gerne sehen würde, wenn ich auch mal abends rauskäme. Damit ich neue Leute kennenlernen könnte, da er einer meiner wenigen Freunde ist.  Das mich aber nicht weiter stört. Mir ist es viel wichtiger richtige Freunde zu haben, auf die man sich verlassen kann, wenn es drauf ankommt. Zwei Minuten später stehe ich bereits an einem der Tische und nehme für heute meine erste von vielen folgenden Bestellungen auf. Und so vergeht wie immer ziemlich zügig die Zeit. Ich mache diesen Job wirklich gerne und könnte mir auch nichts anderes vorstellen, als hier zu arbeiten. Erst recht nicht, seit dieser Typ hier aufgetaucht ist, der inzwischen mit seinen Kumpels regelmäßig kommt und meine Gefühle jedes Mal, allein durch seine Anwesenheit, in Aufruhr versetzt.
    „Ich hab für morgen um zehn einige Vorstellungsgespräche arrangiert. Mir wäre es ganz lieb, wenn du dabei wärst, damit du mitentscheiden kannst. Ich will, dass hier ein gesundes Betriebsklima herrscht und nicht wieder so eine Katastrophe wie mit Katja erleben. Sie weiß übrigens bereits davon“, taucht Bernd plötzlich aus der Küche auf und informiert mich, worüber ich doch etwas überrascht bin.
     
„Ehm… klar, kann ich machen. Wie hat sie es denn aufgenommen?“, will ich neugierig wissen, wie Katja darauf reagiert hat.
    „Einmal Zicke, immer Zicke. Kennst sie ja inzwischen.
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