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Wem die Stunde schlaegt

Wem die Stunde schlaegt

Titel: Wem die Stunde schlaegt
Autoren: Ernest Hemingway
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Gäule.«
 »Er, Pablo, hat den Zug bei Arévalo gesprengt«, sagte Anselmo. »Das war Pablo.«
 »Wir hatten einen Fremden bei uns, der hat die Explosion gemacht«, sagte Pablo. »Kennst du ihn?«
 »Wie heißt er?«
 »Ich erinnere mich nicht. Es war ein sehr merkwürdiger Name.«
 »Wie hat er ausgesehen?«
 »Er war blond wie du, aber nicht so groß, und hatte große Hände und eine gebrochene Nase.«
 »Kaschkin«, sagte Robert Jordan. »Das dürfte Kaschkin gewesen sein.«
 »Ja«, sagte Pablo. »Es war ein sehr merkwürdiger Name. So ähnlich. Was ist aus ihm geworden?«
 »Er ist tot, seit April.« »So geht es jedem«, sagte Pablo finster. »So werden wir alle enden.«
 »So enden alle Menschen«, sagte Anselmo. »So haben die Menschen schon immer geendet. Was ist mit dir los, Mensch? Was liegt dir im Magen?«
 » Sie sind sehr stark«, sagte Pablo. Es war, als spreche er mit sich selbst. Er betrachtete mit düsterem Blick die Pferde. »Ihr wißt nicht, wie stark sie sind. Ich sehe, sie werden immer stärker, immer besser bewaffnet. Und haben immer mehr Material. Da stehe ich mit solchen Pferden. Und was habe ich zu erwarten? Gehetzt werden und sterben. Weiter nichts.«
 »Du hetzt die anderen, so wie sie dich hetzen«, sagte Anselmo.
 »Nein«, sagte Pablo. »Jetzt nicht mehr. Und wenn wir aus diesen Bergen weg müssen, wo sollen wir hin? Antworte mir! Wohin?«
 »Es gibt viele Berge in Spanien. Es gibt die Sierra de Gredos, wenn man von hier weg muß.«
 »Nicht für mich«, sagte Pablo. »Ich habe es satt, mich hetzen zu lassen. Hier geht es uns gut. Wenn ihr jetzt eine Brücke sprengt, wird man uns hetzen. Wenn sie wissen, daß wir hier sind, und Flugzeuge schicken, werden sie uns aufspüren. Wenn sie die Mauren auf uns hetzen, werden sie uns finden, und wir müssen weg. Ich habe das alles satt. Hörst du?« Er wandte sich zu Robert Jordan. »Mit welchem Recht kommst du Ausländer zu mir und sagst mir, was ich zu tun habe?«
 »Ich habe dir keineswegs gesagt, was du zu tun hast«, erwiderte Robert Jordan.
 »Aber das wird kommen«, sagte Pablo. »Da! Das ist das Übel!«
 Er zeigte auf die zwei schweren Packen, die sie abgelegt hatten, während sie die Pferde betrachteten. Der Anblick der Pferde hatte wohl dies alles in ihm aufgewühlt, und daß er sah, was für ein Pferdekenner Robert Jordan war, hatte ihm anscheinend die Zunge gelöst. Alle drei standen sie nun an der Seilhürde, und die Flecken des Sonnenlichtes ruhten auf dem Fell des braunen Hengstes. Pablo schaute ihn an, stieß dann mit dem Fuß gegen den schweren Packen. »Das ist das Übel.« »Ich bin hier, um meine Pflicht zu tun«, sagte Robert Jordan zu ihm. »Ich habe meine Befehle von der militärischen Leitung erhalten. Wenn ich dich bitte, mir zu helfen, kannst du es ablehnen, und ich werde andere finden, die mir helfen. Ich habe dich noch nicht einmal um deine Hilfe gebeten. Ich habe durchzuführen, was man mir aufgetragen hat, und ich kann dir versichern, daß es wichtig ist. Daß ich Ausländer bin, ist nicht meine Schuld. Ich möchte lieber hier geboren sein.«
 »Für mich ist das wichtigste, daß wir hier nicht gestört werden«, sagte Pablo. »Für mich ist es die Pflicht gegen die Meinen und gegen mich selbst.«
 »Gegen dich selbst, ja«, sagte Anselmo. »Du selbst, schon seit langem! Du selbst und deine Pferde. Solang du keine Pferde hattest, warst du mit uns. Jetzt bist du auch nur so ein Kapitalist.«
 »Das ist ungerecht«, sagte Pablo. »Immer setze ich die Pferde aufs Spiel für die Sache.«
 »Sehr selten«, sagte Anselmo verächtlich. »Sehr selten, meiner Meinung nach. Rauben, ja. Gut essen, ja. Morden, ja. Kämpfen, nein.«
 »Du bist ein alter Mann, der sich den Mund verbrennen wird.«
 »Ich bin ein alter Mann, der vor niemandem Angst hat«, erwiderte Anselmo. »Außerdem bin ich ein alter Mann, der keine Pferde hat.«
 »Du bist ein alter Mann, der nicht sehr lange leben wird.« »Ich bin ein alter Mann, der so lange leben wird, bis er stirbt«, sagte Anselmo. »Ich habe keine Angst vor Füchsen.«
 Pablo schwieg, hob aber den Packen auf.
 »Und auch vor Wölfen nicht«, sagte Anselmo, nach dem anderen Packen greifend. »Wenn du ein Wolf bist.«
 »Halt's Maul«, sagte Pablo zu ihm. »Du bist ein alter Mann, der immer zuviel quatscht.«
 »Und tut, was er sagt, daß er's tun will«, sagte Anselmo, gebeugt unter der schweren Last. »Und jetzt hungrig ist. Und durstig. Los, du
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