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Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall

Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall

Titel: Weltraumpartisanen 27: Pandora-Zwischenfall
Autoren: Mark Brandis
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unveränderlichen Wegweisern kann man sich orientieren?“
    Zwei von den Wegweisern nannte M 87 auf Anhieb. Als es um den dritten ging, geriet der Bursche ins Schleudern.
    „Der dritte… der dritte…“
    „Sie sind schon auf der richtigen Spur“, redete ich ihm zu. „Überlegen Sie! In alter Zeit, ich erwähnte es schon, bevor es den Kompaß gab, diente der Wegweiser den phönizischen Seefahrern bei ihren Reisen…“
    Unter den Blicken seiner Klassengefährten lief M 87 rot an.
    „Der… der…“, stammelte er.
    „Blicken Sie getrost auf die Projektion!“ machte ich ihm Mut. „Ich gebe zu, er ist nicht der hellste - aber uns geht es ja nicht um Helligkeitsgrade, sondern um die Konstanten.“
    M 87 atmete auf.
    „Der Polarstern, Sir“ verkündete er.
    „Richtig!“ lobte ich ihn. „Warum nicht gleich?“
    M 87 schwitzte. Unter seinem Helm hervor troff das reinste Wasser. Aber er strahlte.
    Das Tempo, mit dem ich die Muster durch die Lektionen trieb, war, nach menschlichem Ermessen, mörderisch, aber es entsprach ihrem Intelligenzquotienten. Ich mußte plötzlich an einen Geleitzug denken. Volldampf voraus strebten vierzehn Schiffe dem gleichen Hafen zu. Eins davon hatte Schwierigkeiten beim Schritthalten. In früheren Zeiten pflegte man den Nachzügler gnadenlos sich selbst zu überlassen. Ich schenkte M 87 einen aufmunternden Blick.
    „Stellen Sie Fragen, wenn Sie etwas nicht verstehen“, sagte ich. „Dafür bin ich ja da.“
    M 87 blieb die Ausnahme. Und diese Ausnahme war so geringfügig, daß sie das Urteil, zu dem ich alsbald gelangte, kaum beeinflußte.
    Das Lernvermögen meiner Schüler - Speicherung der Information als auch deren Verarbeitung zur praktischen Anwendung - war sensationell. Kein homo sapiens, und hieße er selbst Einstein, konnte damit konkurrieren.
    Noch bevor ich den Unterricht um die Mittagszeit unterbrach, war ich mir klar darüber, daß ich einer geballten Genialität gegenüberstand, wie sie die Welt seit ihrer Schöpfung noch nicht gesehen hatte.
    Die letzte Unterrichtsstunde hatte einem Kreuzverhör geglichen. Um mich gegen die auf mich einstürmenden Fragen zu behaupten, hatte ich mein ganzes navigatorisches Wissen aufbieten müssen. Als ich das ICP verließ, fühlte ich mich ausgelaugt und erschöpft.
    Ich wandte mich noch einmal um.
    „Also dann - auf dreizehn Uhr! Gönnen Sie sich etwas Ruhe!“
    „Jawohl, Sir.“
    Auch diesmal gelang es mir nicht, mit einem persönlichen Wort die kühle Distanz zu überbrücken, die uns voneinander trennte. Ich nahm mir vor, mich in Geduld zu fassen. Es brauchte eben alles seine Zeit. Sie waren - das durfte man nicht vergessen - Menschen aus der Retorte.
    Ich schlug den Weg zum Funkraum ein.
    Um diese Zeit wurde von Mike Berger, der in der Raumnotwache Las Lunas die UGzRR-Flotte dirigierte, mein Anruf erwartet. Ich hatte, bevor ich mich zur PANDORA einschiffte, Gelder beantragt, um einen weiteren Rettungskreuzer, die Fridtjof Nansen, auf Stapel legen zu lassen, und nun wollte ich wissen, wie über diesen Antrag entschieden worden war. Über meiner gegenwärtigen Tätigkeit durfte ich meine eigentliche Arbeit, die des Ersten Vormannes der Unabhängigen Gesellschaft zur Rettung Raumschiffbrüchiger nicht vergessen.
    Die Tür zum Funkraum stand auf. Chesterfield saß allein vor den Geräten. Ich vernahm seine aufgebrachte Stimme.
    „Jetzt reicht es! Scheren Sie sich sofort aus meiner Frequenz! Ich erwarte einen dringenden Anruf aus Metropolis!“
    Die Antwort auf Chesterfields Geschimpfe schien gleichsam aus anderen Sphären zu kommen. Gleichwohl drang sie aus dem Lautsprecher. Ein mächtiger Baß röhrte ungerührt ein uraltes Kirchenlied. Er röhrte es mit Begeisterung und Inbrunst.
    Immer tiefer, immer weiter
    in das feindliche Gebiet
    dringt das Häuflein deiner Streiter,
    dem voran dein Banner zieht…
    Sowohl das Lied als auch der Baß, der es röhrte, waren mir bekannt. Ich verharrte schmunzelnd auf der Schwelle. Chesterfield machte eine verzweifelte Gebärde.
    „Er ist auf meiner Frequenz!“
    „Das haben Sie ihm schon gesagt.“
    „Und er läßt sich nicht verscheuchen!“
    „Warum sollte er? Er will, daß man ihn hört.“
    Der röhrende Baß legte eine Atempause ein. Statt seiner ließen sich fünf glockenhelle Engelsstimmen vernehmen:
    Wo wirs kaum gewagt zu hoffen,
    stehn nun weit die Türen offen;
    mühsam folgt der schwache Tritt
    deinem raschen Siegesschritt…
    Mit Erheiterung nahm ich wahr, wie diese
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