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Weltraumpartisanen 11: Operation Sonnenfracht

Titel: Weltraumpartisanen 11: Operation Sonnenfracht
Autoren: Mark Brandis
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einen weiteren Atemzug, zu überleben, wo jeder Befehl, mit heiserer Stimme hervorgestoßen, über Sein und Nichtsein von Schiff und Besatzung entschied, und so kam es, daß ich, statt mich der kopflosen Flucht anzuschließen, mit schmerzenden Stimmbändern krächzte: „Medusa-Crew - zum Piloteneingang!" Der Eingang für Piloten, nur wenige Schritte von mir entfernt, war der einzige, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht blockiert war.
    Das Beben wurde stärker. Schutt und Trümmer gingen auf mich nieder. Der monumentale Prachtbau der VEGA - oft genug angeführt als ein Vorbild moderner Architektur - befand sich in Auflösung. Ich rannte los. Irgendwie fand ich den Ausgang, irgendwie gelangte ich hinaus ins Freie: hinausgeschleudert von einer jähen Druckwelle, als hinter mir die Kuppeldecke über
    der Halle einstürzte.
    Es war, als hätte das Beben lediglich diesen einen Akt der Zerstörung im Sinn gehabt. Auf einmal trat Ruhe ein. Das dumpfe Grollen verstummte. Die Erde fühlte sich wieder fest und zuverlässig an. Nur noch das Geschrei der geängstigten Menschen war zu hören und - was konnte es anderes sein? - das Wimmern der unter den Trümmern Begrabenen.
    Das Bild, das sich mir bot, war von apokalyptischer Schönheit. Unter dem unbeirrbar leuchtenden Mond hatte sich die ganze riesige Stadt San Francisco in eine einzige dampfende Staubwolke gehüllt, in der hier und da das Gelb und Orange der ersten Brände schwelte.
    „Sir! Sir, sind Sie in Ordnung?" Ich erkannte Captain Romen. Seine Uniform war zerfetzt, er blutete aus einer klaffenden Stirnwunde.
    „Danke, Captain. Wo sind die andern?"
    „Alle in Sicherheit, Sir."
    „Rufen Sie sie zusammen! Haben Sie eine Ahnung, wie wir zu einem Transporter kommen?"
    „Dort drüben steht einer, Sir."
    Nicht weit von uns entfernt stand in der Tat ein abgestellter, verlassener Transporter. Irgendeine Crew, die sich seiner bedient hatte, war zu bequem gewesen, ihn, wie es die Vorschrift wollte, in die Garage zu bringen. Mit meinen vom Staub gepeinigten Augen hatte ich ihn zuvor übersehen.
    „Holen Sie ihn!"
    „Und dann, Sir?"
    „Und dann?" Der Schock, unter dem ich stand, entlud sich. Zum ersten Mal schrie ich Captain Romen an. „Dann gehen wir an Bord und machen, daß wir hier
    wegkommen, bevor der Zirkus wieder losgeht!"
    „Sir!" Captain Romens Stimme klang entsetzt. „Wir können uns doch nicht einfach davonstehlen!"
    „Wir können und werden!" krächzte ich. „Mir scheint, Sie haben noch nicht begriffen, daß dies eben nur ein Auftakt war. Holen Sie jetzt den Transporter."
    „Aye, aye, Sir."
    Captain Romen widersprach nicht länger. Er stürzte davon.
    Ich ahnte, was in ihm vorging. Er dachte an die Menschen unter den Trümmern. Es widerstrebte ihm, sie im Stich zu lassen. Glaubte er wirklich, ich wäre taub gegen ihre Schreie? Aber im Gegensatz zu ihm, der von meinen Befehlen abhing, lastet auf mir die Verantwortung für ein wertvolles Schiff - vor allem aber für dessen Besatzung. Im Augenblick war Flucht die einzige vernünftige Entscheidung.
    „Lieutenant Stroganow!"
    „Hier, Sir!"
    „Lieutenant Xuma!"
    „Hier, Sir!"
    „Lieutenant Torrente!"
    „Hier, Sir!"
    „Lieutenant Mercier!"
    „Hier, Sir!" Knapp und sachlich, ohne französischen Zungenschlag.
    „Lieutenant Simopulos!"
    „Hier, Sir!"
    „Sergeant Dahlsen!"
    „Hier, Sir!"
    Die Männer umringten mich. Sie alle waren mehr oder minder leicht verletzt, aber niemand fehlte. Ich atmete auf. Bis zu dieser Sekunde war ich mir nicht im klaren darüber gewesen, wie sehr ich mich um sie gesorgt hatte.
    „Wir gehen an Bord."
    Der von Captain Romen gesteuerte Transporter schwebte fauchend heran. Die Menge erkannte das und setzte zum Sturm an. Wenn es ihr gelang, sich des Transporters zu bemächtigen, mußte es unweigerlich zu einem Blutbad kommen: die Leute waren wie von Sinnen. „Beeilung, Männer!"
    Die Männer stiegen ein. Die Menge schrie und johlte. Trümmerstücke flogen durch die Luft. Auch ich stieg ein und zog den Schlag zu. Der Transporter drehte auf der Stelle und nahm Kurs auf die Startrampen. Etwas würgte mich in der Kehle. Das Bewußtsein, alle diese Menschen - zufällige Besucher, aber auch Bekannte und Freunde - zurücklassen zu müssen, war erbärmlich. Jedoch -: solange die Katastrophe anhielt, lag es nicht in meiner Macht, ihnen zu helfen.
    Der Transporter begann sich plötzlich zu schütteln. Ich spürte mich hin und her geworfen. Das Erdbeben hatte wieder eingesetzt, stärker und
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