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Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII

Titel: Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
Autoren: Mark Brandis
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Ergebnis, daß zwischen dem Aufsetzen von Delta VII auf der Erde und dem darauffolgenden Start bestenfalls drei Minuten und sechsundfünfzig Sekunden vergehen durften. In diesen insgesamt 236 Sekunden mußte Hirschmanns Befreiung gelingen. Jede Überschreitung dieser Frist, auch die geringfügigste, bedeutete mit unabwendbarer Sicherheit den Fehlschlag des Unternehmens. Commander Harris warf seitlich einen Blick aus dem Cockpitfenster auf unseren grauen Begleiter. „Lieutenant Ibaka!" „Sir?"
    „Teilen Sie der Sagitta mit, daß wir unser Triebwerk genau um neunzehn Uhr fünf zünden." „Neunzehn Uhr fünf. Aye, aye, Sir." Wieder flackerten die Scheinwerfer. Dann begann das Starren auf die Uhr.
    „Commander an Pilot: Positionsüberprüfung!" „Position ist überprüft, Sir. Klar zur Kurseinsteuerung nach dem Zünden." „Triebwerk zünden." „Triebwerk läuft, Sir." Ein leises Vibrieren ging durch den Leib von Delta VII, nun da das Triebwerk gezündet war. Ein letztes Mal kontrollierte ich mein Gedächtnis. Alle wichtigen Eigenschaften des vorgesehenen Landegebietes hatte ich mir eingeprägt. In dieser ersten Phase hing alles davon ab, ob ich in der Lage war, ohne Verlust an Zeit die letzten, feinen Kurskorrekturen über dem nachtdunklen, unbekannten Gelände vorzunehmen, die kein Computer im voraus berechnen konnte. „Langsam voraus!" „Langsam voraus. Aye, aye, Sir." Seite an Seite, wie durch unsichtbare Bande miteinander verbunden, setzten sich Delta VII und die Sagitta in Bewegung, wurden schneller, immer noch Rumpf an Rumpf, bis sie mit der Geschwindigkeit eines stürzenden Meteors aus dem unkontrollierten Raum eintauchten in den Meßbereich der Raumüberwachungszentren und weiterjagten, der Erde entgegen, unverrückbar Flanke an Flanke.
    27.
    Der Objektivität halber und um dem Leser ein vollständiges Bild zu vermitteln, greife ich erneut auf Berichte und Schilderungen von dritter Seite zurück. In gewohnter Weise nahm Ruth O'Hara das Diktat des Präsidenten entgegen, wobei sie sich zwang, den Sinn dessen, was sie schrieb, völlig außer acht zu lassen.
    Samuel Hirschmanns Stil hatte sich nicht geändert. Noch immer war der Präsident der brillante Formulierer, und wenn man nur dem Klang seiner Stimme gelauscht hätte, wäre es leicht gewesen zu glauben: nichts hätte sich verändert.
    Die Veränderung lag nicht im Stil und nicht in der Art der Formulierung, sondern in dem, was die diktierten Sätze enthielten. Mehr und mehr formte sich aus ihnen ein Eingeständnis eigenen Versagens, persönlicher Schuld, politischen Fehlverhaltens und ein Bekenntnis zu den neuen Machthabern.
    Manchmal, wenn der Präsident im Diktieren innehielt und die Stirn runzelte, wie um sein Gedächtnis zu befragen, schien es Ruth, als könnte sie ein kaum wahrnehmbares Sträuben an ihm feststellen, eine innerliche Auflehnung gegen sich selbst. Doch diese Pausen waren nie sehr lang, meist diktierte der Präsident schon nach wenigen Sekunden mit neuem Eifer weiter, bis er schließlich - draußen war es schon dunkel - erschöpft den Kopf auf beide Hände stützte und die Augen schloß. „Genug für heute." Dr. Talan war aufgestanden. „Sie dürfen sich jetzt verabschieden und gehen, Miß O'Hara." Präsident Hirschmann öffnete die Augen. „Ausnahmsweise hat dieser widerwärtige Mensch recht, Ruth. Ich bin tatsächlich ein wenig müde und abgespannt. Kopfschmerzen habe ich auch schon wieder. Wir machen morgen  weiter - zur gewohnten Zeit. Machen Sie sich einen schönen Abend, mein Kind." „Danke, Sir", sagte Ruth leise. „Ich werde es versuchen."
    Solange sie nichts anderes zu tun gehabt hatte, als diktierte Sätze auf ihren Stenogrammblock zu übertragen, war es ihr möglich gewesen, sich zu beherrschen. Damit war es vorbei. Die Unfähigkeit des Präsidenten, sich  über sich selbst klar zu werden, erschütterte sie aufs neue und ließ ihre Beherrschung fast zerbrechen. „Wie geht es eigentlich Ihrem Verlobten, diesem Piloten?" fragte der Präsident. „Ich hoffe gut", sagte Ruth und war froh, daß sie nichts zu erfinden brauchte. „Ich habe ihn seit Tagen nicht mehr gesehen."
    „Grüßen Sie ihn von mir", sagte der Präsident. „Ich werde es nicht vergessen, Sir." Dr. Talan räusperte sich.
    „Miß O'Hara, der Präsident braucht jetzt unbedingt seine Ruhe." Ruth nickte. „Ich verstehe." „Nun", sagte Samuel Hirschmann rebellisch, „so ruhebedürftig bin ich auch wieder nicht, wie dieser Mensch Sie glauben macht.
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