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Weltkrieg der Waehrungen

Weltkrieg der Waehrungen

Titel: Weltkrieg der Waehrungen
Autoren: Daniel D. Eckert
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– eben wegen der Erfahrungen der Großen Depression.
    Die politische Elite der USA ist davon überzeugt, dass fiskalische und monetäre Restriktionen nach dem Crash von 1929 den Abschwung verschärften. Erst die übertriebene haushälterische Disziplin der Zeitgenossen habe die Rezession in jene ökonomische Katastrophe umschlagen lassen, die die Lebenschancen einer ganzen Generation vernichtete.
    In den kommenden Jahren werden die USA, ähnlich wie heute Europa und Großbritannien, vor der Wahl stehen, den Staatshaushalt zu sanieren und damit eine Deflation zu riskieren oder sich der Schuldenlast auf andere Weise zu entledigen: Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre und Jahrzehnte deutet vieles darauf hin, dass Washington klar auf die Inflationskarte setzen wird. Allein das Wort Deflation weckt in den USA grausige Erinnerungen an die Große Depression und ist den Amerikanern daher ein Gräuel.
    Bereits jetzt ist die Unabhängigkeit der US-Notenbank »Federal Reserve« stark eingeschränkt. Dieses Schicksal teilt die Fed mit der Europäischen Zentralbank, der Bank of England und der Bank of Japan. Auch die Währungshüter der anderen Industrieländer sehen sich seit der Finanzkrise erhöhtem Druck ausgesetzt, die »stimulierende« Regierungspolitik zu unterstützen, indem sie die Geldschleusen öffnen. Wegen der historischen Prägung ist jedoch die Neigung, den Geldwert zu vermindern und die Schulden »leichter« zu machen, für die USA besonders groß. Und niemand verkörpert die Deflationsangst der Amerikaner besser als der Chef ihrer Notenbank: Ben Bernanke.
Helikopter-Ben
    Schon Jahre, bevor er 2006 Fed-Vorsitzender wurde, warnte Ben Bernanke eindringlich vor der Gefahr, dass die US-Wirtschaft in eine deflationäre Kältestarre fallen könnte. Der Ausbruch der Finanzkrise lag noch eine halbe Dekade in der Zukunft, da formulierte er in einer programmatischen Rede (mit der er sich nach Einschätzung vieler Beobachter für seinen jetzigen Job qualifizierte) eine radikale Gegenstrategie: Wenn alles andere nicht mehr helfe, müsse die Fed zur Not Dollarscheine aus Helikoptern regnen lassen oder zumindest das Äquivalent davon tun: nämlich Staatsausgaben mit frisch gedrucktem Notenbank-Geld finanzieren. 4 Dieser Dollar-Regen werde einer möglichen Geldknappheit in Amerika ein Ende bereiten, werde die Deflationsgefahr bannen.
    Die unter Bernankes Ägide inzwischen beschlossenen Maßnahmen – von der Senkung des Leitzinses auf nahe null über den Staatsanleihen-Kauf bis hin zur Bilanzverlängerung der Fed – kommen dem Abwerfen von Dollarnoten aus Helikoptern schon recht nah. Dennoch rutschen die USA offenbar weiter der deflationären Eiszeit entgegen. Im Sommer 2010 lag die Preissteigerung, gemessen an der Kernrate (also ohne die volatilen Preise für Lebensmittel und Energie), eine Zeit lang gefährlich nah an der Grenze zur Deflation.
    Warum funktionierte die Strategie nicht? Um im Bild zu bleiben: Bernanke kann zwar säckeweise Geld drucken lassen, aber wenn die Helikopter wegen eines Pilotenstreiks oder wegen technischer Defekte nicht abheben, hilft das wenig. In einem solchen Fall ist jeder Versuch, die Preise künstlich nach oben zu bringen, zum Scheitern verurteilt. Die Hubschrauber, die »Helikop­ter-Ben« braucht, sind die großen Kreditinstitute, die ihren Namen nicht umsonst tragen, vielmehr wesentlichen Anteil an der Geldschöpfung haben. Bernankes Hubschrauber sind vollgepackt mit Dollar-Säcken, doch die Piloten weigern sich zu starten – oder können es nicht, weil die Rotoren defekt sind.
    Da das Amerika des neuen Jahrzehnts immer mehr dem Japan der verlorenen Dekade ähnelt, ist damit zu rechnen, dass Bernanke und die Seinen bald eine neue Stufe im Kampf gegen die Deflation ausrufen werden. Dann sind von der Fed noch unkonventionellere Maßnahmen zu erwarten: Es ist dann nicht ausgeschlossen, dass die amerikanische Notenbank den Weg der deutschen Reichsbank in den frühen Zwanzigerjahren geht und die staatlichen Defizite direkt über die Notenpresse finanziert. Es ist ein Weg, der direkt in eine starke Inflation oder gar Hyperinflation führen könnte. Und es ist ein Weg, der den Dollar als Weltleitwährung von innen heraus aushöhlen würde. Es wäre nicht das erste Mal. Die Geschichte zeigt, dass die größten Bedrohungen für die amerikanische
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