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Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)

Titel: Weltenfresser - Die Tränen der Medusa (German Edition)
Autoren: Carl Sulz
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Nebenmann wurde flugs in den Arm genommen. Das Mädchen sprang auf der Bühne herum und trommelte wie wild. Auch Tyark summte mit und der Rest des Abends versank in bierseliger Harmonie.
    ***

    Tief in der Nacht war Tyark endlich betrunken genug zum Schlafengehen. Das Wirtshaus war immer noch gut gefüllt, der Knabe der Wirtin eilte weiterhin müde zwischen den Tischen hindurch und sammelte Essensreste und Scherben auf. Manchmal stibitzte er auch das ein oder andere Kupferstück, das herrenlos zwischen den Stühlen und Tischen umherrollte.
    Tyark hatte sich eine ganze Weile mit einem der vielen Händler unterhalten, doch dessen Geschichte wie auch sein Name verschwammen im Dunst des Starkbieres, welches durch seine Adern floss.
    Er hatte für ein paar Kupferstücke das Anrecht auf Stroh und ein Dach über dem Kopf gemietet und war nun etwas schwankend auf dem Weg zu seinem Lager. Unwillkürlich schaute er sich nach dem vernarbten und etwas unheimlichen Krieger um, aber die drehende Umgebung verursachte nur Übelkeit in ihm und er gab auf.
    Draußen war es sehr kalt und selbst die wohlige Bierwärme schien sich schreckhaft zurückzuziehen. Frierend verharrte Tyark vor der Stallung und beobachtete etwas ungläubig die aufsteigenden Dampfwolken seines Atems – wann war ein Sommer jemals so kalt gewesen?
    Vom Alkohol benebelt blickte er nach oben und versank einen Moment in der Tiefe des dunklen, scheinbar unendlichen Firmaments über ihm. Er sah die beiden Monde, Daimon und Tana, hell über der Landschaft schweben. Tana, der kleinere Mond, war nur zur Hälfte gefüllt, während Daimon groß und voll am Himmel stand. Man konnte sehr gut erkennen, dass ein großes Stück des Mondes fehlte – als sei es vor langer Zeit herausgeschlagen worden. Silbrig glänzende Bruchstücke formten den langen Schweif, der Daimon umgab.
    Tyark erinnerte sich an die Legende des zweiköpfigen Titanen Morok , die ihm in einer scheinbar unendlich weit zurückliegenden Zeit von seinem Lehrer, einem alten Ordensbruder erzählt worden war. Er konnte die raue, tiefe Stimme des alten Mannes immer noch hören und sah sein durch eine große Narbe entstelltes Gesicht vor seinem inneren Auge.
    Bevor es die Zeit gab, herrschte der blutrünstige Titan Morok als grausamer, alles Leben unterjochender König über Teanna. Unsere ganze Welt drohte schließlich, zu einer tödlichen, kalten Einöde zu werden!
    Das Leiden Teannas war so schrecklich, dass es von den Großen Alten erhört wurde. Diese stiegen aus den Sternen herab und töteten Morok in einer kosmischen Schlacht. Sie enthaupteten ihn, schnitten das glühende Herz des Titanen aus seiner Brust und zerschmetterten seinen schändlichen Körper in tausend Stücke! Das Blut des Titanen ist es, das die Wüsten unserer Welt einst rot färbte.
    Seinen Kopf und sein immer noch schlagendes, blutiges Herz schleuderten Sie in die Himmelswiege, sodass beide fortan als unsere Monde Daimon und Tana das Himmelszelt durchwandern und als Warnung an all jene dienen, welche die Macht der Großen Alten infrage zu stellen wagen!
    Manchmal - man sagt, wenn Krieg bevorsteht oder schreckliche Dinge geschehen sind - weint der tote Kopf des Titanen brennende Tränen der Freude und der Lust, von denen manchmal eine in einen Feuerschweif gehüllt vom Himmel stürzt...

    Tyark fröstelte. Er erinnerte sich auch an die Lehre des Ordens die besagte, dass Daimon sich langsam aber unaufhaltsam Teanna näherte und eines Tages auf sie stürzen würde. Nicht zuletzt deshalb wurde Daimon auch als der Schicksalsbote bezeichnet. Denn er würde die Apokalypse einleiten, die niemand überleben konnte. Nur die Großen Alten selbst würden dieses Ereignis verhindern können – doch sie würden es nur dann tun, wenn die Menschen sich bis dahin Ihrer als würdig erwiesen hätte!
    Tyark schluckte. Die Erinnerung an sein Leben vor der Flucht erzeugte ein seltsam leeres Gefühl in ihm - als ob sich all seine früheren Jahre ebenfalls in den Flammen der plündernden und mordenden Horde aufgelöst hätten.
    Er nahm rasch seine treue, raue Wolldecke aus dem Rucksack und legte sie sich über die Schultern. Der Bruder, der ihm diese Geschichte erzählte hatte, war nun sicher tot. Tot wie alle anderen, die in seiner Heimatstadt Nai’Alabat gelebt hatten, als die Horde angriff.

    Noch schwankend betrat er in die Scheune, die angenehm nach Stroh und Pferden duftete. In irgendeiner Ecke ließ er sich in die Heuballen fallen und fand noch die Kraft
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