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Welt Der Elben (1-3)

Welt Der Elben (1-3)

Titel: Welt Der Elben (1-3)
Autoren: Sue Twin
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hinter den Bäumen verschwunden war.
    Hier, an der verkrüppelten schwarzen Eiche, in die irgendwann vor vielen Jahren ein Blitz eingeschlagen war, hier waren sie und ihre Mutter immer rechts in das Wäldchen abgebogen. Nach links nie. »Zu dunkel, dort wachsen keine Pilze«, hatte die Mutter erklärt. Heute bog Heather links ab, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    Schon bald war sie umgeben von haushohen Tannen, Hainbuchen und Ahorn. Die mächtigen Kronen der Bäume verdunkelten plötzlich die Sonne. Heather zögerte. Wenn sie jetzt zurückginge, wäre sie noch rechtzeitig am Treffpunkt … Da fiel ihr Blick auf eine besonders dicke Eiche. Die Äste wirkten wie die ausgebreiteten Arme eines Riesen, und die Blätter leuchteten neonhell.
    Wow! Wie glänzend die Rinde ist, wie frisch poliert , dachte sie und berührte den von tiefen Kratern durchzogenen Stamm. Sie sah eine lange Kerbe, wanderte mit den Fingerspitzen darüber und blieb mit dem Ärmel hängen.
    »Fuck! So was passiert immer nur mir!«, fluchte sie und lugte auf Zehenspitzen zum Schlitz. Heather rüttelte, zog den eingeklemmten Saum heraus und tastete erneut nach der Ritze. Plötzlich wurde ihr schwindelig, als hätte sie sich beim Tanzen zu schnell gedreht. Keuchend hielt sie sich am Baum fest. Es kam ihr vor, als bewegten sich die Bäume. Eine optische Täuschung? Doch so war es nicht. Mehrere Eichen standen auf einmal dort, wo vorher noch Tannen gewesen waren.
    »Hallo? Das gibt es doch gar nicht!«, rief sie. Das ist nur mein Kreislauf , beruhigte sie sich und ging zwischen den Eichen hindurch. Um sich zu orientieren, blickte sie sich um. Die Eiche mit dem Schlitz war nicht mehr zu sehen. Wie aus dem Nichts waren weitere Bäume aufgetaucht.
    Das kann doch alles gar nicht wahr sein, ging es ihr durch den Kopf. Was ist los mit mir?
    Weiter hinten im Wald knackte ein Ast in Bodennähe. Das Geräusch war laut und durchdringend: KRIRRCH!
    Erschrocken spähte Heather in die Richtung, aus der das Knacken kam. War dort etwas?
    Ein großer Schatten fiel zwischen den Bäumen hindurch, bewegte sich über den Boden und kam langsam näher.
    Heather hielt die Luft an. Sie setzte einen Fuß rückwärts, blieb an einer lang gestreckten Baumwurzel hängen und stürzte auf den modrigen Waldboden.
    »Aaarrgh!«

02 Wispernde Stimmen

     
    M oryn bemühte sich um eine gerade Haltung, damit ihm niemand die Müdigkeit ansah. Lynn, seine Ausbilderin, tadelte ihn sowieso bei jeder Gelegenheit. Gleich nach Sonnenaufgang hatte sie die Wächterschar geweckt, und er wusste, sie hatte nicht zum Mittsommerfest gerufen. Immer, wenn die Ausbilderin die Augen zu schmalen Schlitzen verengte, war sie verärgert oder in Sorge. Unauffällig beobachtete er sie, eine rothaarige Furie. Wie sie mit angespanntem Gesichtsausdruck und einer steilen Falte zwischen den Augenbrauen zu den Baumwipfeln hochsah.
    »Habt ihr es vernommen?«, fragte sie mit wispernder Stimme. »Die Bäume waren heute Morgen in Aufruhr! Ihre Rinde knackte und das Rascheln der Blätter klang flüsternd, so als suchten sie etwas.« Mit ausgestrecktem Arm wies sie nach Westen.
    »Moryn, du wirst heute die Wache am Westflügel übernehmen. Und achte bitte besonders auf Tor Acht!«
    Moryn hatte sich inzwischen erhobenen Hauptes an eine Stelle gestellt, die von den frühen Sonnenstrahlen beleuchtet wurde. Seine Haut schimmerte unter dem Licht bronzefarben. Die Wärme tat gut, trotzdem ging ein Frösteln über seine Arme und er ärgerte sich, weil er keine Jacke mitgenommen hatte. Er zog die Mundwinkel nach unten. Wache schieben?
    »Lynn, warum ich? Ich habe bald die nächste Prüfung. Ich will mich lieber vorbereiten«, widersprach er leise.
    »Erstens bin ich für dich immer noch die Ehrwürdige Meisterin und zweitens, wenn du es nicht selbst weißt, dann finde es gefälligst heraus«, entgegnete sie und neigte den Kopf in seine Richtung.
    Sie sah ihm unverwandt in die Augen, bis er ihren Blick nicht mehr ertragen konnte. Mit einer Fußspitze zog er einen Halbkreis in die Kiesel. Das scharrende Geräusch drängte sich als falscher Ton zwischen das morgendliche Singen und Schnattern der Vögel.
    »Dann mach ich’s eben«, grummelte er leise.
    »Moryn? Ich warte immer noch auf eine anständige Antwort«, tönte Lynns Stimme nachdrücklich.
    »Ja, ich mach‘s«, er schluckte, »weil es meine Aufgabe ist, und ich sie gewissenhaft zu erledigen habe«, presste er hervor und verschränkte die Arme hinter seinem Rücken.
    Lynn zog
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