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Wellsaga Band 1 (German Edition)

Wellsaga Band 1 (German Edition)

Titel: Wellsaga Band 1 (German Edition)
Autoren: Marcel Baumert
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Lehre merkte ich, dass mir das Bäckerhandwerk keine Freude machte. Das einzige was ich gern tat, war, bei der Buchhaltung zu helfen.
    Einmal hatte ich eine Bestellung für ein großes Familienfest auszuliefern, ein 80. Geburtstag. Nachdem ich die Ware abgestellt hatte, wollte ich auch dem Jubilar gratulieren. Der rüstige Herr musterte mich einen Moment lang und sagte: ‚Sie sehen so geknechtet aus, lassen Sie sich nicht Ihr Leben stehlen.’
    Das ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich wollte eine Arbeit, die mir Spaß machte. Wie Sie sich denken können, waren meine Eltern alles andere als erfreut als ich ihnen erzählte, dass ich lieber im Finanzbereich arbeiten wollte, anstatt als Bäcker. Aber am nächsten Tag, als ich in der Backstube stand, kam mein Vater auf mich zu und sagte, dass ich nicht mehr in der Bäckerei zu arbeiten brauchte, wenn ich nicht wollte.
    ‚ Was wird dann aus der Bäckerei?’, fragte ich meinen Vater.
    Er antwortete: ‚Weißt du, es ist schließlich nur eine Bäckerei. Aber wenn ich dich hier so jeden Tag mit hängendem Kopf arbeiten sehe, nimmt es mir auch die Freude.’
    Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich begann im gleichen Sommer eine Bank-Ausbildung. Anschließend arbeitete ich 15 Jahre bei einer kleinen Privatbank, vorwiegend in der Vermögensverwaltung.
    Eines Tages betrat ein neuer Kunde mein Büro. Er hatte kurz zuvor ein Gestüt mit sehr wertvollen Pferden geschenkt bekommen, sah jedoch keine Verwendung dafür. Es zu verkaufen oder verschenken, kam nicht in Frage, da er es eben selbst geschenkt bekommen hätte, betonte er.
    Ich scherzte, dass er doch die ganzen Pferde auswildern könnte, dann wäre das Problem gelöst. Er überlegte kurz und meinte, dass das bis jetzt der beste Vorschlag wäre. Ich hätte die richtige Einstellung! Und dann bot er mir an, nur noch für ihn und seine Landsleute zu arbeiten. Ich weiß nicht genau warum, aber ich musste keine Sekunde nachdenken und sagte sofort zu. Am gleichen Tag kündigte ich bei der Bank und fing bei den Wellnern an, ohne zu wissen, wie sehr es mein Leben verändern würde.“
    „ Konnte man denn die Pferde einfach so auswildern?“
    „ Einfach ist es nicht. Dafür wurde eine riesige Fläche erworben, und die Kosten waren immens.“
    „ Langsam haben Sie mich überzeugt. Ich bin kurz davor, Ihre Geschichte zu glauben.“
    „ Vielleicht glauben Sie einem Wellner eher. Wenn Sie mal jemanden aus Well kennenlernen möchten: Es gibt da einen Chat-Raum, wo sich oft ein Wellner herumtreibt. Er weiß sehr viel zu berichten. Er müsste etwa in Ihrem Alter sein.“
    „ Ein Chat im Internet?“
    „ Ganz richtig.“
    „ Gibt es denn in Well Internet?“
    „ Nein. Dieser Wellner ist zur Zeit auf Reisen und besucht oft den Chat-Raum, um Kontakt zu Freunden zu halten. Einen Moment, ich gebe Ihnen die Internet-Adresse.“
    Katjas Sitznachbar nahm seinen Kugelschreiber aus dem Sakko:„Haben Sie ein Stück Papier für mich?“
    „ Vielleicht in meiner Tasche. Sie ist oben im Gepäckfach.“
    „ Ach lassen Sie nur, das hier geht auch.“
    Er hob das Board-Magazin auf, das immer noch auf dem Boden lag, und riss eine Ecke heraus. Dann schrieb er die Adresse auf und gab Katja den Zettel.
    Sie schaute neugierig darauf: „Danke! Welchen Namen benutzt er?“
    „ Weiß Nicht.“
    „ Oh, Sie wissen es nicht? Wie soll ich ihn denn dann erkennen?“, fragte Katja erstaunt.
    „ Nein, sein Chat-Name ist Weiß Nicht.“
    Katja lachte. „Ach so, jetzt verstehe ich.“

    ~ ~ ~

    Ins Gespräch vertieft bemerkte Katja nicht, wie das Flugzeug zum Landeanflug ansetzte. Erst 500 Meter über dem Boden nahm sie den Sinkflug wahr und es kam in ihr erneut ein ungutes Gefühl auf. Sie drückte den Talisman in ihrer linken Hand fest. Ein kurzer Stoß ging durch die Kabine, als die Räder auf der Rollbahn aufsetzten.
    Nachdem die Maschine zum Stillstand gekommen war, verabschiedete sich der Kapitän: „Ich hoffe, Sie hatten einen angenehmen Flug.“
    Ein böses Grummeln ging durch das Flugzeug.
    „ Das war mein schlimmster und interessantester Flug zugleich“, sagte Katja zu ihrem Gesprächspartner.
    „ Es war mir ein Vergnügen, Sie kennengelernt zu haben“, entgegnete der.
    Als die meisten Passagiere ausgestiegen waren und kein Gedränge mehr auf dem schmalen Gang herrschte, stand Katjas Sitznachbar auf, nahm seine Tasche aus dem Gepäckfach und gab Katja ihre.
    Dann stiegen beide aus und spazierten den langen Flur entlang, bis sie in der
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