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Weites Land der Träume

Titel: Weites Land der Träume
Autoren: Anne McCoullagh Rennie
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ihren Inhalt ab, bis sich die Weiden grün verfärbten und die Kanäle sich füllten. Doch bald verwandelte sich die Begeisterung der Farmer in Sorge, denn die Wasserpegel der Flüsse stiegen, sodass man die Herden auf höher gelegenes Gelände treiben musste. Seit Monaten ausgetrocknete Bäche führten wieder Wasser. Jeden Tag überprüfte Alice den Bach, der zwischen ihrer Farm und Gillgully Downs verlief, und hörte sich die Wasserstandsberichte im Radio an.
    Als das Wetteramt einen weiteren Anstieg der Wasserpegel meldete, beschloss Alice, Vicky bei Bea in der Stadt zu lassen. Der Damm rings um die Stadt, der in den frühen sechziger Jahren gebrochen war, war verstärkt worden. Die Einwohner waren zwar besorgt, aber zuversichtlich, dass er diesmal standhalten würde. Dennoch verstärkten sie ihn mit Sandsäcken und postierten rund um die Uhr Wachen. Da Ben jedes Mal eine Szene machte, wenn er von Alice getrennt wurde, und außerdem eine Erkältung ausbrütete, beschloss sie, ihn nur in die Stadt zu schicken, falls es wirklich gefährlich werden sollte. Sie schätzte, dass ihr noch zwei Wochen Zeit blieben, bis der Wasserspiegel in MerryMaid bedrohlich ansteigen würde.
    An dem Tag, als Alice beschloss, Ben ebenfalls zu Tante Bea zu bringen, trat der Macquarie River über die Ufer.
    »Du wirst nicht durchkommen, Kind«, sagte Bea am Telefon. »Die Brücke über den Harris Creek ist letzte Nacht eingestürzt, und die Straßen auf deiner Seite stehen bereits einen guten halben Meter unter Wasser. Es ist einfach zu riskant, so lange die Flut weiter steigt.« Ihre Angst wuchs, als ihr klar wurde, dass Robert Alices nächster Nachbar war. Bis jetzt hatte er zwar noch keine Anzeichen der Gewalttätigkeit gezeigt, vor der Katie sie gewarnt hatte, doch Bea machte sich noch immer Gedanken über seinen Geisteszustand.
    Alice teilte die Auffassung ihrer Tante, dass es zu gefährlich war, die Fahrt mit dem Wagen zu machen. Dann versuchte sie, Beas Befürchtungen, was ihre Sicherheit anging, zu zerstreuen. Im Moment machte sie sich mehr Sorgen um ihre Schafe als um sich selbst und um Ben. Doch als sie und Ben in dem leeren Haus allein waren, wurde sie beim Gedanken an die Worte ihrer Tante dennoch nervös. Die Flüsse waren noch nicht so hoch gestiegen wie bei der letzten Überschwemmung. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als abzuwarten, Radio zu hören und sich in Geduld zu üben. Sie funkte Jimmy an, der nun schon den fünften Tag am Stück mit einigen anderen Männern unterwegs war, um die Schafe auf höheres Gelände zu treiben. Marigold war auf der Bo-wens-Farm und half Fraser bei der Arbeit. Alice hätte sich ohrfeigen können, denn sie hatte außerdem ihrer Putzhilfe am letzten Donnerstag freigegeben. Nun saß das Mädchen in Dubbo fest.
    Den ganzen Tag lang stieg das Wasser und quoll über die Ufer der Flüsse und Bäche. Es hatte die Farbe von milchigem Tee, als es sich rasch über die Weiden ausbreitete. Obwohl das Gelände bis zum Horizont mehr oder weniger eben war, gab es Vertiefungen im Boden. Das Haus stand auf einem winzigen Hügel, der sich hinter dem Gebäude bis zum Heuschober erstreckte. Auch der Stall für die Widder war absichtlich auf höherem Gelände und weitab vom Bach errichtet worden. Alice war mit Ben allein im Haus, als sie im Radio hörte, dass der Wasserspiegel immer mehr stieg. Sie starrte in den prasselnden Regen hinaus und kam zu dem Schluss, dass ihnen, wenn die Wettervorhersage stimmte, zumindest heute Nacht nichts geschehen konnte. Sie ließ Ben eingekuschelt auf dem Wohnzimmersofa sitzen und watete durch den Sumpf, um nach den Widdern zu sehen. Anschließend kochte sie Tee und ging zu Bett. Den schniefenden Ben neben sich, schlief sie unruhig und stand jede Stunde auf, um den Wetterbericht zu hören und mit einer Taschenlampe die Höhe des Wassers draußen zu kontrollieren. Als sie bei Morgengrauen aufwachte, stellte sie fest, dass die Weiden unterhalb des Hauses überschwemmt waren. Doch rings um das Haus war der Boden noch nicht überflutet.
    Das Wasser stieg schneller und schneller und umschwappte am späten Nachmittag bereits die Fundamente des Widderstalls. Hilflos musste Alice mit ansehen, wie ihr geliebter Garten überschwemmt wurde. Es brach ihr das Herz, als die Pflanzen, die sie in der Trockenzeit mühsam durchgepäppelt hatte, langsam in Wasser und Schlamm erstickten. Von Jimmy und den anderen Schafhirten hatte sie noch nichts gehört. Um vier Uhr nachmittags fing Alice
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