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Weit wie das Meer

Weit wie das Meer

Titel: Weit wie das Meer
Autoren: Nicholas Sparks
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Mutterliebe, sicher die tiefste und heiligste Liebe, die es gibt. Noch immer ging sie, wenn er schon schlief, oft in sein Zimmer und setzte sich an sein Bett, nur um ihn zu betrachten. Kevin sah im Schlaf immer so friedlich, so unschuldig aus. Anders als tagsüber, wenn er ständig in Bewegung schien, weckte der Anblick ihres schlafenden Kindes bei ihr alte Gefühle aus der Zeit, als er noch ein Baby gewesen war. Aber selbst diese wundervollen Gefühle änderten nichts an der Tatsache, daß sie, wenn sie sein Zimmer verlassen hatte, nach unten ging, um sich ein Glas Wein einzuschenken, und nur Kater Harvey ihr dabei Gesellschaft leistete.
    Sie träumte immer noch davon, sich wieder zu verlieben, von jemandem in die Arme genommen zu werden, der ihr das Gefühl gab, daß sie der einzige wichtige Mensch für ihn war. Doch es war schwer, wenn nicht gar unmöglich, jemand Geeigneten kennenzulernen. Die meisten Männer in den Dreißigern, die sie kannte, waren verheiratet, und diejenigen, die geschieden waren, suchten meist eine Jüngere, die sie genau nach ihren Wünschen formen konnten. Also blieben nur ältere Männer übrig, und obwohl sie sich durchaus vorstellen konnte, sich in jemand Älteren zu verlieben, blieb die Sorge um ihren Sohn. Sie wollte einen Mann, der Kevin so behandeln würde, wie er es verdiente, und nicht wie ein unliebsames Anhängsel einer Frau, die er begehrte. Tatsache war, daß die älteren Männer meist erwachsene Kinder hatten; und nur wenige waren auf die Probleme erpicht, die die Erziehung eines Halbwüchsigen in den Neunzigern mit sich brachte. »Ich hab mein Teil geleistet«, hatte ihr ein Mann klipp und klar gesagt. Und das war das Ende ihrer kurzen Beziehung gewesen.
    Zugegebenermaßen fehlte ihr auch der körperliche Aspekt der Liebe. Seit der Scheidung von David war sie mit keinem Mann mehr zusammengewesen. Natürlich hatte es Gelegenheiten gegeben - jemanden fürs Bett zu finden, war nicht schwer für eine attraktive Frau -, aber das war einfach nicht ihr Stil. So war sie erzogen, und daran wollte sie auch jetzt nichts ändern. Sex war etwas zu Wichtiges, zu Besonderes, um mit irgendeinem x-beliebigen geteilt zu werden. Genaugenommen hatte sie in ihrem Leben nur mit zwei Männern geschlafen - mit David und mit Chris, ihrem ersten richtigen Freund. Nur für ein paar Minuten der Lust wollte sie diese Liste nicht erweitern.
    Jetzt also, in dieser Urlaubswoche - allein in der Welt und ohne Aussicht auf einen Mann - wollte sie etwas nur für sich tun. Bücher lesen, die Füße hochlegen und ohne das Flackern des Fernsehers im Hintergrund ein Glas Wein trinken. Ein paar Briefe an Freunde schreiben, von denen sie lange nicht gehört hatte. Spät zu Bett gehen, zuviel essen, morgens joggen, wenn der Strand noch leer war. Sie wollte ihre kurzfristige Freiheit genießen.
    Sie wollte auch einkaufen gehen. Nicht in Läden, die Nike-Schuhe und Diesel-T-Shirts verkauften, sondern in kleinen Boutiquen, die Kevin langweilig fand. Sie wollte ein paar neue Kleider anprobieren und zwei oder drei kaufen, die ihrer Figur schmeichelten, nur um sich das Gefühl zu geben, daß sie noch lebte, noch eine Frau war. Vielleicht würde sie sogar zum Friseur gehen. Sie trug ihr Haar seit Jahren unverändert und hatte es satt, jeden Tag gleich auszusehen. Und falls sie ein netter Typ zum Essen einlud, würde sie vielleicht zusagen, nur um eine Gelegenheit zu haben, eins der neuen Kleider zu tragen.
    Von neuem Optimismus erfüllt, blickte sie sich nach dem Mann von vorhin um, doch er war so unbemerkt verschwunden, wie er gekommen war. Auch sie war jetzt bereit zu gehen. Ihre Beine waren im kalten Wasser ganz steif geworden, und sich hinzusetzen und ihre Schuhe anzuziehen, war etwas schwieriger, als sie erwartet hatte. Sie hatte kein Handtuch dabei und zögerte einen Augenblick. Ach was, dachte sie. Ich bin im Urlaub, am Strand. Was brauche ich da Schuhe oder Socken?
    Einen Schuh in jeder Hand, machte sie sich auf den Heimweg. Als sie dicht am Wasser entlanglief, entdeckte sie plötzlich einen halb im Sand verborgenen großen Stein, nahe der Markierung, wo die morgendliche Flut ihren Höchststand erreicht hatte. Merkwürdig, dachte sie bei sich, der Stein wirkt irgendwie fehl am Platz.
    Beim Näherkommen fiel ihr auf, daß er sonderbar aussah, ganz glatt und lang, und als sie jetzt direkt davorstand, sah Theresa, daß es gar kein Stein war. Es war eine Flasche, die wohl von einem Touristen oder einem der Teenager des
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