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Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Weißes Leuchten (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Zwist mit der Welt auszutragen. Eines Morgens, es mag unmittelbar vor Sonnenaufgang sein, wendet man seinen Blick in eine andere Richtung und bemerkt einen Blaureiher, der aus dem Schilf am Rande des Bayous aufsteigt, die hervorstehenden Augen eines Alligators, die wie Walnüsse vom Panzer abstehen und sich lautlos durch eine milchige Schicht von Algen und treibenden Ästen bewegen, ein strahlendes Leuchten am Rand des Horizonts, das unvermittelt so grell und weiß durch die schwarzen Zypressen hindurchbricht, daß man sich die Hand vor die Augen halten möchte.
    Joey Gouza ist wieder im Hochsicherheitstrakt von Angola, aber nicht etwa wegen des Mordes an Garrett oder Jewel Fluck, ganz zu schweigen von seinem Angriff auf den Polizisten. Das letzte Kapitel von Joeys Konflikt mit dem Gesetz wurde im Stadtgefängnis von New Orleans geschrieben. Er zündete seine Matratze an, stopfte seine Klamotten in die Toilette, überschwemmte den ganzen Zellenblock und urinierte durch die Gitterstäbe hindurch auf einen Wärter. Er versuchte jedem zu erzählen, der ihm ein Ohr schenkte, daß ihn sowohl die Aryan Brotherhood als auch die mexikanische Mafia umbringen lassen wollten. Keiner interessierte sich dafür, oder vielleicht besser gesagt, niemand scherte sich drum.
    Schließlich verlegten sie ihn in eine Isolationszelle mit einer Eisentür ohne Luke, weil er der festen Überzeugung war, daß ansonsten ein Mitglied der AB an ihm mit Einverständnis des Mafioso, den der Taser-Pfeil, der für Joey gedacht gewesen war, am Hals getroffen hatte, ein brennendes Exempel statuieren würde, indem er einen Molotowcocktail durch die Öffnung in der Tür warf.
    Zwei Tage später brachte ihn ein Wärter, der ganz neu war, in den Abschnitt mit den Gemeinschaftsduschen und dem kleinen ausbetonierten Raum, wo sich die Hanteln und schwer mitgenommene andere Fitneßgeräte befanden. Joey sollte duschen und sich etwas bewegen. Dann ließ der Wärter acht andere Männer aus den Zellen. Joey Gouza stach einem Mithäftling einen fünfzehn Zentimeter langen Stichel in die Schulter, so daß der abbrach. Der Stichel war notdürftig aus der scharfen Scherbe einer Fensterscheibe gebastelt.
    Der Untersuchungsbericht stellte fest, daß der andere Häftling in Parchman mit Jewel Fluck eine Zelle geteilt hatte. Auf seinen Oberkörper waren Hakenkreuze und Eiserne Kreuze eintätowiert, und zum Zeitpunkt des Zwischenfalls hatte er eine Rasierklinge bei sich getragen, die am Griff einer Zahnbürste befestigt war.
    Aber wen kümmerte das?
    Sie kriegten Joey Gouza wegen Mordversuchs dran.
    Gerne würde ich Ihnen an dieser Stelle erzählen, daß die politische Karriere von Bobby Earl abrupt endete, daß die Geschehnisse im Park ihn irgendwie vor aller Öffentlichkeit als Schwindler oder Feigling entlarvt hätten, oder daß sich gar seine Gefolgschaft gegen ihn gewendet hätte. Aber das geschah nicht. Konnte nicht geschehen.
    Ich war wild entschlossen gewesen, zu beweisen, daß Bobby Earl mit Joey Gouza unter einer Decke steckte oder ins Waffen- und Drogengeschäft mit Südamerika verwickelt war. Ich war dem uralten Trugschluß aufgesessen, daß die Ursprünge sozialen Übels zu schurkischen Individuen zurückverfolgt werden können, deren Identität wir nur enthüllen müssen, um sie in Käfigen einsperren oder sogar vor ein Erschießungskommando bringen zu können, und schon hätte die Menschheit frischen Wind in den Segeln und könne diesmal den richtigen Kurs einschlagen.
    Aber einen Bobby Earl gibt es, weil ihn die Öffentlichkeit will. Er hat seinen Daumen auf einem dunklen Puls, und wie alle Hochstapler weiß er, daß sein Publikum tief im Innersten hinters Licht geführt werden will. Er hat vor langer Zeit gelernt, wie man zuhört, und er weiß genau, daß ihm die Leute von sich aus sagen werden, was sie von ihm hören wollen, wenn er sorgfältig genug lauscht. Es ist ein Abkommen auf Gegenseitigkeit, bei dem jeder den anderen mit dessen Einverständnis betrügt und sich selbst bloßstellt.
    Wenn Bobby Earl es nicht wäre, dann jemand wie er – misanthropisch, charismatisch, hinreichend gebildet, einer, der, wie es die Frau eines ehemaligen Präsidenten einmal formulierte, dem Rest von uns erlaubt, sich mit den eigenen Vorurteilen einzurichten.
    Ich glaube, daß das Ende für Bobby Earl genauso kommen wird wie für alle seiner Art. Im Gegensatz zu den Mitgliedern des Pools und des großen Heers krimineller Witzfiguren, die sich auf Nebenstraßen durchs
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