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Weisses Gold

Weisses Gold

Titel: Weisses Gold
Autoren: Giles Milton
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und Briganten.
    Nach ihrer Vertreibung aus ihrem Heimatort in den Bergen Andalusiens fand dieser stolze Clan von 4000 Männern und Frauen eine neue Heimat in der verfallenden Stadt Rabat. Die Hornacheros bauten die Kasbah (Festung) wieder auf und bewiesen in ihrer neuen Heimat, der sie den Namen Neu-Salé gaben, eine bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit. Doch sie hegten weiterhin einen tiefen Groll gegen Spanien und waren entschlossen, sich an ihrer alten Heimat zu rächen. Zu diesem Zweck schlossen sie Bündnisse mit Piraten aus Algier und Tunis, die seit mehr als einem Jahrhundert christliche Seefahrer im Mittelmeer jagten und kaperten. Innerhalb weniger Jahre sammelten sich in Neu-Salé hunderteGalgenvögel und Desperados – darunter auch Europäer –, und sie unterwiesen die Hornacheros im Piratenhandwerk.
    Die Hornacheros und ihre Gefolgschaft aus Renegaten waren ausgezeichnete Kämpfer. In England wurde diese ungemein disziplinierte Armee unter der Bezeichnung »Sallee Rovers« (Freibeuter aus Salé) bekannt. Aber ihre islamischen Glaubensbrüder nannten sie
al-Ghusat
, eine Bezeichnung, die einst für die Kampfgefährten des Propheten verwendet worden war, und priesen sie als Kämpfer für den wahren Glauben, die einen heiligen Krieg gegen die Ungläubigen führten. »Sie lebten in Salé, und ihr auf dem Meer geführter Dschihad ist heute berühmt«, schrieb der arabische Chronist al-Magiri. »Sie befestigten Salé und bauten darin Paläste, Häuser und Bäder.«
    Die Korsaren aus Salé lernten rasch, mit Rahseglern umzugehen, was es ihnen ermöglichte, weit in den Nordatlantik vorzustoßen. Bald verfügten sie über eine Flotte von 40 Schiffen. Bei ihren Raubzügen griffen sie Dörfer und Häfen an den Küsten Spaniens, Portugals, Frankreichs und Englands an. Einer dieser Korsaren aus Salé, Amurates Rajobi, führte mehr als 10 000 Kämpfer nach Spanien und plünderte die Küsten des Landes erbarmungslos. Die Erfolge spornten andere Korsaren in den Barbareskenstaaten an. Die al-Ghusat aus Algier lauerten in der Meerenge von Gibraltar Handelsschiffen auf, die eine leichte Beute waren. Es kam ihnen sehr zugute, dass ihre räuberischen Aktivitäten mit dem Beginn des merkantilen Zeitalters zusammenfielen. Auf See konnte man reiche Beute machen. Zwischen 1607 und 1616 kaperten die Korsaren die gewaltige Zahl von 466 englischen Handelsschiffen.
    Könige und Minister in ganz Europa sahen dem Treiben hilflos zu. Sir Francis Cottingham, ein Staatsratssekretär von König Jakob I., beklagte sich darüber: »Die Stärke und Kühnheit der Piraten aus der Berberei ist mittlerweile derart gewachsen, … dass ich mich nicht erinnern kann, dass jemals etwas größere Trauer und Verstörtheit über diesen Hof gebracht hätte als die täglichen Meldungen über sie«.
    Da koordinierte Verteidigungsmaßnahmen der europäischen Mächte ausblieben, weiteten die Korsaren ihre Angriffe aus. Ein besonders berüchtigter Renegat aus Salé, der niederländische Kapitän Jan Janszoon, äußerte sich mit Hohn und Spott darüber, wie leicht es war, europäische Schiffe zu kapern. Dieser Renegat, den seine Kameraden Murat Reis nannten, hatte im Jahr 1622 erstmals die Verteidigungsstellungen amKanal umgangen, um nach Seeland zu segeln und seine Frau zu besuchen, von der er sich nach einem Streit getrennt hatte. Einige Jahre später brach er zu einem bemerkenswerten Raubzug nach Island auf. Seine kleine Flotte mit drei Schiffen ging in Reykjavik vor Anker, wo Murat seine Leute an Land führte und die Stadt plünderte. Er kehrte im Triumph nach Salé zurück und brachte 400 isländische Männer, Frauen und Kinder als Sklaven mit.
    Auch Wales wurde mehrfach heimgesucht, und die aus den Fanggründen vor Neufundland heimkehrenden Fischer wurden Opfer verheerender Überfälle. Im Jahr 1631 warf Murat Reis ein begehrliches Auge auf die dicht besiedelte Küste Südirlands. Er hob eine Streitmacht von 200 islamischen Soldaten aus und segelte zu der Ortschaft Baltimore, wo die Kämpfer mit gezücktem Schwert an Land stürmten. Die Bewohner wurden vollkommen überrascht. Die Korsaren verschleppten 237 Männer, Frauen und Kinder und brachten sie nach Algier, wo sie einen guten Preis für die Sklaven zu erzielen hofften. Zu jener Zeit hielt sich der französische Geistliche Pierre Dan in der Stadt auf. Er hatte von den Behörden die Genehmigung erhalten, sich um das spirituelle Wohl seiner versklavten Glaubensbrüder zu kümmern, und wurde nun Zeuge
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