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Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Weiße Nana / Mein Leben für Afrika

Titel: Weiße Nana / Mein Leben für Afrika
Autoren: Bettina Landgrafe
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meine erste Reise so lange, bis ich das Geld zusammenhatte, um nach New York zu fliegen, denn auf meiner Liste stand auch: »Die Freiheitsstatue besteigen.« Als Krankenschwester kann man Überstunden ansammeln, um nicht nur auf seinen spärlichen Urlaub angewiesen zu sein. Und so machte ich mit meinem ersten Freund zusammen den Tauchschein und flog auf die Malediven. Es gab so vieles auf der Welt, was ich sehen wollte, doch dann kam jener Sommer 2001, der mein Leben vollkommen verändern sollte.
     
    Ich hatte die Anzeige in einer Zeitung gelesen. Kurz entschlossen, wie ich nun mal bin, rief ich bei der angegebenen Telefonnummer an. Was das bedeuten sollte: »Etwas pflanzen, etwas bauen, etwas baden in Afrika.« Und erfuhr, dass man als Volontär nach Ghana könne, um dort »ein bisschen zu helfen«. Dass ich Kinderkrankenschwester war, fanden sie bei der Organisation ganz toll. Also kaufte ich mir ein Flugticket, packte meinen Rucksack und zog los. Als meine Omi Näheres wissen wollte, zuckte ich nur die Achseln.
    »Keine Ahnung«, sagte ich, »ich hab mein Zelt mit und meinen Schlafsack dabei. Alles andere wird sich finden.« Ich wollte einfach los, nicht so viel planen und denken.
    Dabei war ich noch nie zuvor in Afrika gewesen, aber ich träumte schon lange davon, und irgendetwas dort zog mich nun magisch an. In meiner Ausrüstung befand sich neben meinem Schlafsack unter anderem eine topmoderne Regenjacke. Denn wenn ich etwas hasse auf dieser Welt, dann nass zu werden.
    Es war im Jahr 2001. Als ich auf dem Flughafen in Accra ankam, der damals noch so klein wie ein Provinzbahnhof in Deutschland war, traf mich die feucht-tropische Hitze wie eine Keule. Kaum trat ich aus dem unterkühlten Flieger, kondensierte die Luft auf mir. Es war, als schlüge mir einer ein feuchtheißes Tuch ins Gesicht, und im Nu war ich komplett nass.
    Es roch nach Meer und verbranntem Holz, nach feuchter Erde und Abgasen, und während ich wie die anderen Passagiere mit meinem Handgepäck zu Fuß über das Rollfeld Richtung Flughafengebäude ging, war das Erste, was ich wahrnahm, das riesige Schild über dem Eingang. AKWAABA stand dort, was, wie ich aus dem Reiseführer wusste, WILLKOMMEN heißt.
    Um mich herum ertönte ein Sprachengewirr aus Englisch und unverständlichen Stammessprachen, heute weiß ich, dass es Twi, Ga und Ewe gewesen sein musste, damals waren es völlig fremde Laute für mich. Da waren Frauen in bunten Gewändern, manche trugen ihre Babys mit Tüchern auf den Rücken gebunden, was damals in Deutschland noch fast niemand machte. Männer begrüßten sich, indem sie sich die Hände reichten und dann die Mittelfinger gegeneinander schnippten – der typische ghanaische Handschlag, den ich heute selbst perfekt beherrsche.
    Ich stand zunächst bei der Immigration an, wartete, bis ich meinen Stempel in den Pass gedrückt bekam, und beobachtete das Gewusel um mich her. Dann trat ich aus dem Flughafengebäude und stand in einem Meer aus Menschen. Trommler hatten sich zusammengefunden und begrüßten die Reisenden mit den Rhythmen Ghanas.
    Dies ist also Afrika, dachte ich und merkte, wie mir das Herz in die Hosen sank. Was mach ich eigentlich hier, fragte ich mich kleinlaut, und als dann, ganz anders als vereinbart, keiner da war, um mich abzuholen, da dachte ich wirklich, Bettina, das hast du ja prima hinbekommen. Nachdem ich eine Weile gewartet hatte, Koffer und Rucksack fest an mich gepresst, bedrängten mich auch schon die ghanaischen Taxifahrer: »Missis, Taxi!«, »Missis, Hotel!«. Irgendwann dachte ich, dass alles besser war, als hier Wurzeln zu schlagen. Ich suchte mir einen Taxifahrer aus, der ausreichend vertrauenerweckend aussah, und achtete beim Einsteigen darauf, dass die Kotflügel gelb gestrichen waren, das hatte ich nämlich in einem Führer gelesen. Nachdem ich ein Taxischild auf dem Dach des uralten Opels entdeckte, der bei uns schon längst ausrangiert gewesen wäre, dort aber wahrscheinlich noch fünf Familien ernährte, stieg ich entschlossen ein. Und los ging es in die anbrechende afrikanische Nacht.
    Von da an dauerte es vielleicht noch fünf Minuten, bis ich mich restlos in dieses Land verliebte. Dabei sprach eigentlich ziemlich viel dagegen. Wie gesagt, ich kann es nicht leiden, nass zu werden. Ich hasse Unpünktlichkeit, und unter normalen Umständen wäre ich auf die Leute stinksauer gewesen, die mich nicht abholen kamen wie versprochen, doch seltsamerweise war es mir hier völlig egal. Ich hatte
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