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Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz

Titel: Weissbier im Blut - Ein Kriminalroman aus dem bayerischen Unterholz
Autoren: Joerg Graser
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Grenzkammwald nicht los. Es dauerte nicht lange, dann trudelte ein Amtshilfeersuchen der Kriminalpolizei Klattau bei der Passauer Mordkommission ein. Weil der Tote vermutlich ein Deutscher war. Das Einschussloch im Kopf hatte in etwa zu einem Schussloch in der Seitenscheibe eines Autos gepasst, das in Strasruda gefunden worden war. Es war dort auf dem Parkplatz eines Vietnamesenmarktes herumgestanden. Jetzt ging es natürlich darum, die Leiche zu identifizieren. Von den Nummernschildern her war es ein Mann namens Krobel aus Viechtelberg, der Hausmeister des dortigen Gymnasiums. Er war verheiratet. Jemand musste die Frau aufsuchen, befragen und, wenn möglich, nach Klattau bringen. Klotz litt noch immer an seiner Mittelohrentzündung. Vielleicht hatte er aber auch einen Arzt gefunden, der wie Dr. Batzikis einen ganzheitlichen Ansatz vertrat. Jedenfalls war er immer noch krankgeschrieben.
    Das Wirtshaus mit dem schönen Namen Kandlbauer hätte Kreuzeder lieber aufgesucht, als das schmucklose Häuschen der Krobels zwei Häuser weiter. Der Rasen davor war kurz geschoren, praktisch wegrasiert. Entweder war der Mann doch noch da, oder die Frau beugte sich seinen hausmeisterlichen Visionen. Das Gesicht, dem Kreuzeder seinen Dienstausweis entgegenstreckte, sah nach einem Leidensweg aus. Eine attraktive Endvierzigerin, zerrissen zwischen einem Rasenmäheralltag und den Träumen aus Fernsehserien wie Sturm der Liebe und Romanen, die von einer Zeit erzählten, als der Adel noch etwas galt.
    »Grüß Gott, Kreuzeder. Kriminalpolizei Passau. Sind Sie Frau Krobel?«
    »Ja. Wieso?«
    »Darf ich ein Momenterl reinkommen?«
    »Um was dreht sich’s denn?«
    »Haben Sie einen Schnaps da?«
    »Ja, natürlich. Darf ich noch mal Ihren Ausweis sehen?«
    »Bittschön.«
    »Da schaun Sie aber anders aus auf dem Bild. Rasiert und frisiert.«
    »Das ist schon ein paar Jahre her.«
    »Na, dann kommenS’ mal weiter.«
    Das Wohnzimmer war aufgeräumt und sauber, adrett wie eine Puppenstube. Das weiße Ledersofa stand so, dass der Blick von dort aus auf den riesigen Plasmafernseher auf der Landhauskommode fiel.
    »Schön haben Sie’s hier.«
    »Darf es ein Kirschwasser sein?«
    Sie stellte ihm ein Gläschen hin und füllte es.
    »Das passt schon. Aber schenkenS’ sich doch auch ein Glaserl ein.«
    »Lieber nicht. Vormittags nie.«
    »Ich trink normalerweise auch erst ab Mittag. Aber als Polizeibeamter muss man immer wieder mal auf unangenehme Einsätze. Besonders schlimm ist es, wenn’s auch noch regnet oder schneit.«
    Er trank den Kirsch mit einem Schluck.
    »Na, zum Glück haben wir ja heut einen schönen Tag.«
    »Das macht es noch schlimmer. Ich hab mal an einem Sommertag im August zu einer Familie müssen, eine Frau, fünf kleine Kinder… geh, schenkenS’ mir noch einen ein.«
    »Bitte.«
    Sie goss das Gläschen wieder voll.
    »Fünf Kinder!«
    Er kippte den Schnaps runter.
    »Haben Sie auch welche?«
    »Ich? Den Hubert. Also einen Sohn. Aber der ist in Düsseldorf.«
    »Isser schon erwachsen?«
    »Dreiundzwanzig.«
    »Gott sei Dank.«
    »Wieso fragen Sie?«
    »Wenn die Kinder erwachsen sind, ist es nicht so schlimm. Bei Kleinkindern auch nicht. Am schlimmsten ist es, wenn die Kinder so zwischen fünf und fünfzehn sind. Das ist schrecklich.«
    »Aha.«
    »Wann haben Sie denn Ihren Mann zuletzt gesehen?«
    »Mei, da fragenS’ mich jetzt was…«
    »Der ist Hausmeister in der Schule, richtig?«
    »Ja, warum?«
    »Weil er dort seit Tagen nicht mehr war. Haben Sie ihn denn nicht vermisst?«
    »Mei, vermisst direkt nicht. Er ist ja sowieso dauernd unterwegs.«
    »Es könnt nämlich sein, dass er erschossen worden ist.«
    »Wieso?«
    »Sein Auto steht in Strasruda, und im Wald ist ein Toter gefunden worden. Wir müssten jetzt nach Klattau fahren, damit Sie einen Blick drauf werfen können, ob er das ist.«
    »Nach Klattau? Brauch ich da meinen Ausweis?«
    »Auf jeden Fall.«
    »Da muss ich erst schaun, ob ich den find. Langt im Notfall auch der Führerschein?«
    »Das geht auch.«
    »Wahrscheinlich fahr sowieso besser ich. Sie schauen richtig mitgenommen aus. Und gänzlich nüchtern sind Sie ja auch nicht mehr.«

32
    Frau Krobel hatte einen kleinen Skoda, für den sie sich beim Einsteigen mit den Worten »Skoda gehört zu hundert Prozent Vauwee« rechtfertigte. Sie erwies sich als sichere Fahrerin, zügig und akkurat.
    »Ich bin froh, dass Sie das so wegstecken. Meistens sind die Angehörigen ziemlich bedient. Manche kriegen einen
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