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Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid

Titel: Weiß wie Schnee, rot wie Blut, gruen vor Neid
Autoren: Gabriella Engelmann
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selber ganz hervorragend!«
    »Vielen Dank für das Kompliment«, grinste Guido/JamieTim aus der Küche. »Ohne mich wärt ihr bestimmt schon längst verhungert. Apropos: Ich hab uns Baklava gemacht.«
    Einen Augenblick später stand er mit einem Teller in der Hand vor uns und streckte uns strahlend das klebrig-süße Blätterteiggebäck entgegen.
    In der U-Bahn las ich mir JamieTims Rezept wieder und wieder durch. Ich hatte es ihm aus den Rippen geleiert, obwohl es angeblich ein großes Geheimnis war . Bis auf Zitronenkuchen aus einer Fertigmischung hatte ich noch nie gebacken, wollte das aber jetzt unbedingt nachholen. Ich hatte nämlich noch nie so etwas Leckeres gegessen wie dieses Baklava.
    Bella würde einen Schock erleiden, wenn sie sah, welche Zutaten man für diese Schweinerei benötigte, aber das war mir egal. Außerdem würde es sie bestimmt ärgern, wenn ich mit der Idee, ein türkisches Dessert machen zu wollen, um die Ecke bog. Bella war nämlich mehr als misstrauisch gegenüber allem, das irgendwie ungewohnt oder fremdartig klang. Mit dieser Einstellung passte sie ausgezeichnet in ihr spießiges Langenhorn.
    SMS an Sarah
Na, gut in Nobodytown gelandet? War echt cool mit dir heute. Die Jungs waren begeistert von dir!
JD
PS: Ich auch
    Ich grinste, während die U1 an den spießigsten Schrebergärten der Stadt vorbeifuhr. Auch wenn ich gerade drei wirklich nette Zwerge getroffen hatte, waren mir diese piefigen Gartenzwergkolonien zuwider. Ich konnte es nicht ausstehen, dass der eine Nachbar dem anderen nicht das Schwarze unter den Fingernägeln gönnte, und ich fand es zum Kotzen, dass man gleich angezeigt wurde, wenn man mehr als eine Nacht im Gartenhäuschen schlief oder zu laute Grillpartys steigen ließ. Überhaupt hasste ich dieses ganze langweilige Langenhorn! Wurde echt Zeit, dass ich hier endlich rauskam!
    Ich überlegte kurz, dann schrieb ich zurück:
    Fand’s auch gut. Hoffe, wir wiederholen das! Fehlten ja noch ein paar von euch Zwergen.
S.

5
    Spieglein, Spieglein an der Wand.
Wer ist die Schönste im ganzen Land?
    Die Frau stand vor dem Spiegelkabinett und betrachtete ihren nackten Körper und das Gesicht. Hatte sie zugenommen? Waren die zarten Linien entlang ihrer Mundwinkel tags zuvor auch schon da gewesen? Hatte sich die rechte Brust seit gestern nicht ein kleines bisschen gesenkt?
    Sie hasste es, ständig gegen die Schwerkraft kämpfen zu müssen. Fragend sah sie zum Spiegel. Zum ersten Mal seit Langem war er ihr eine Antwort schuldig geblieben. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie ihn an und stellte die Frage erneut. Die Antwort traf sie wie ein Faustschlag:
    Frau Königin, Ihr seid die Schönste hier,
aber Schneewittchen ist tausendmal schöner als Ihr!
    Schneewittchen? Wer zur Hölle war Schneewittchen?
    War sie etwa eine der Teilnehmerinnen des Castings, für das sie sich angemeldet hatte?
    Die Frau holte tief Luft und versuchte, sich zu beruhigen. Sie wusste genau, dass zu viel Mimik ihrem Teint schadete und sie Gefahr lief, ihre Botox-Dosis erhöhen zu müssen.
    Und genau davor hatte Doktor Meng sie eindringlich gewarnt.
    »Dein Lächeln muss echt sein, wenn du die Jury überzeugen willst, meine Königin«, hatte er erst gestern Abend am Telefon gesagt.

6
    »Sarah…«
    »Ja?« Himmel, was wollte die denn jetzt von mir? Konnte sie mich nicht wenigstens am frühen Morgen in Ruhe lassen?
    »Hast du dich in den letzten Tagen zufällig irgendwo angemeldet?«
    Äh, wie sollte ich das denn verstehen? Wollte meine Stiefmutter wissen, ob ich irgendeiner Chat-Community beigetreten war? Einen Mitgliedsausweis bei den Pfadfindern beantragt hatte, eine Kundenkarte bei Esprit oder ein Dauerabo bei Aktion Mensch?
    »Ich versteh nicht ganz, worauf du hinauswillst«, begann ich zögerlich, während die Krümel meiner Schrippe über den Frühstückstisch flogen. Dass diese Dinger aber auch immer so in ihre Einzelteile zerbröseln mussten.
    Bella spielte unschlüssig mit ihrem Messer, drehte und wendete es so lange, bis ich den Verdacht hatte, dass sie sich darin betrachtete. Aber so war Bella eben: Alles, was auch nur im Entferntesten dazu geeignet war, sich darin zu bestaunen, wurde genutzt. Wahrscheinlich war unser Besteck deshalb immer blitzblank poliert.
    »Du siehst doch auch ganz gern diese Casting-Shows«, fuhr Bella fort, um den heißen Brei herumzureden.
    »Ja, ab und zu.«
    Eigentlich mochte ich keine dieser Shows. Manchmal zappte ich zufällig rein und schämte mich dann meistens
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