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Weinrache

Weinrache

Titel: Weinrache
Autoren: S Kronenberg
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Tage Arbeit lagen noch vor ihr, dann wäre das Weinfest vorüber, und sie brauchte einen neuen Job. Hoffentlich als Ermittlerin! Sie hatte innerhalb der ersten Monate als Privatdetektivin mehrere Aufträge ausgeführt; hervorragend ausgeführt, wie ihre Klienten versicherten. Jedoch, Empfehlungen benötigten Zeit. Das Thema war sensibel. Wer posaunte schon gern heraus, dass er seinen Ehepartner oder einen Angestellten beschatten ließ? Oder beabsichtigte, das zu tun? Trotzdem sah sie voller Hoffnung auf ihre berufliche Zukunft. Noch vor gut einem halben Jahr, als sie aus dem Polizeidienst ausschied, war das anders; damals stand sie vor einem Scherbenhaufen. Ihr Leben lang hatte sie sich keinen anderen Beruf als den der Polizistin und später der Kommissarin vorstellen können. Die Erkenntnis, nicht mehr fähig zu sein, die Aufgaben, die sie so liebte, weiterhin auszuüben, erschien ihr wie ein Todesurteil. Inzwischen gab sie nicht mehr ausschließlich Arthur die Schuld an ihrem Scheitern. Jeder ist seines Glückes Schmied. Aber Arthur hatte seinen Teil zu ihrem Unglück beigetragen.
    Die ersten Takte von ›Yesterday‹ erklangen. Norma schaltete das Radio aus.
    Arthur summte einen Teil der Melodie allein. »Immer noch so zart besaitet?«
    Denk nicht daran, nicht jetzt, ermahnte sie sich. Sonst brichst du sofort einen Streit vom Zaun.
    Sie konzentrierte sich auf Arthurs Worte, der auf sein aktuelles Lieblingsthema zurückkam: die Ausstattung der ›Villa Stella‹. Die neu erworbenen Leuchten seien die perfekte Ergänzung.
    »Nick Reichels wird begeistert sein«, sagte er zufrieden. »Du hast sicherlich von ihm gehört?«
    Wer in Wiesbaden hätte das nicht! Der junge Koch, der sich mit seinem Ehrgeiz viel Anerkennung und diverse Fernsehauftritte erkocht hatte, bildete zurzeit das Lieblingsthema der hiesigen Schickeria. Gut aussehend, von temperamentvoller Frische und mit kribbeligem Charme war dem Spross einer rheinhessischen Winzerfamilie der Erfolgssprung von der Mainzer Rheinseite hinüber nach Wiesbaden auf Anhieb gelungen. Norma war sein blendendes Zahnpastalächeln verdächtig.
    »Was hat Nick Reichels mit der ›Villa Stella‹ zu schaffen?«, fragte sie verwundert.
    Arthurs hintergründige Miene war selbst im Halbdunkel erkennbar. »Nick wird im ›Marcel B.‹ kochen.«
    »Bruno will diesen Fernsehkoch einstellen? Davon hat er gar nichts erzählt.«
    Bruno hatte in den vergangenen Tagen kein Wort über das neue Restaurant verloren, fiel Norma auf. Noch zu Beginn der Weinwoche war er unermüdlich immer wieder auf das ›Marcel B.‹ zu sprechen gekommen, wenn er am Stand nach dem Rechten sah.
    »Nick übernimmt das Restaurant«, erklärte Arthur gelassen. »Bruno ist draußen.«
    Sie warf ihm einen schnellen Blick zu. »Das kann Fischer nicht machen! Bruno ist sein Freund, und Bruno hat einen Haufen Arbeit und Geld in das Projekt gesteckt.«
    »Der beste Freund von Moritz ist ein gutes Geschäft. Nick bietet einfach die besseren Konditionen. Die Familie hat Geld. Verfügt über beste Kontakte. Und Nick ist ein Sonnyboy. Der grinst mit seinem Lächeln alle in Grund und Boden. Das zählt heute. Nicht der altbackene Charme eines Emporkömmlings vom Schlag Bruno Taschenmacher.«
    »Bruno hat schwer für den Erfolg gearbeitet! Es gibt Absprachen zwischen ihm und Fischer.«
    Arthur wischte ihren Einwand mit einer Handbewegung fort. »Er hat versäumt, einen Vertrag zu verlangen. Bruno wird sein Leben lang bleiben, was er ist: der ungeliebte Sohn einer Alkoholikerin, der keine Ahnung hat, wer sein Vater ist. Die miese Herkunft hängt an ihm wie Modergeruch.«
    Norma starrte durch die Regenschleier auf die im Scheinwerferlicht glitzernde Fahrbahn. Sie drosselte das Tempo. »Wie kannst du so gemein über Bruno sprechen? Er ist dein Freund seit der Schulzeit! Ebenso wie Moritz.«
    Er lachte wieder. »Moritz ist mein Freund, weil wir Geschäfte machen. Und Bruno war mein Freund, solange die Geschäfte mit ihm gut liefen. Kein Geschäft, keine Freundschaft. So einfach ist das. Bruno hockt auf einem absterbenden Ast. Nimm die rosa Brille ab, mein Kälbchen!«
    Auf der linken Seite wurde ein Parkplatz angezeigt. Norma riss den Wagen herum und jagte durch die Einfahrt. Der Fahrer hinter ihnen hupte.
    Arthur suchte Halt am Armaturenbrett. »Hast du sie nicht mehr alle!«
    Der Fiesta rollte noch, als sie sich Arthur zuwandte. »Was willst du mir damit sagen? Dass ich mein Leben lang nach Stallmist stinken werde?«
    Er hob
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