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Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin
Autoren: Carolin Philipps
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ein.
    Als sie wieder nach draußen kommt, ist Henk verschwunden.
    Drei Tage lang meldet er sich nicht. Lara ist verzweifelt. Irgendwie hat sie geahnt, dass er ihr nicht verzeihen wird, dass sie ihn wegen des Harfenunterrichts versetzt hat.
    Aber was hätte sie tun sollen?
    Die Eltern hätten es nie zugelassen, dass sie den Unterricht ausfallen lässt.
    Und sie wollte es auch nicht! Sie hat der Großmutter versprochen, den Wettbewerb zu gewinnen.
    Wenn sie schwänzt, gibt es Ärger und genau das will Henk doch vermeiden. Alles soll wie gewohnt weitergehen, damit niemand Verdacht schöpft.
    Ob er gemerkt hat, dass sie froh war, weil sie nicht mit ihm fahren durfte, dass sie froh war, weil sie zum Unterricht musste, weil die Musik ein anderer wichtiger Teil ihres Lebens ist? Hoffentlich hat er es nicht gespürt!
    Am Nachmittag des vierten Tages ohne Nachricht macht sich Lara auf den Weg zu seiner Wohnung. Sie klingelt, wartet, klingelt wieder, wartet. Ein Fenster im ersten Stock wird geöffnet.
    »Zu wem willst du denn, junges Fräulein?« Ein älterer Herr beugt sich aus dem Fenster.
    »Henk van Bruneck …«
    »Da wirst du kein Glück haben. Der ist vor drei Tagen mit einem Koffer weggefahren. Ich hab ihn im Treppenhaus getroffen. Vielleicht macht er ja Urlaub.« Als er ihr trauriges Gesicht sieht, fügt er mitleidig hinzu: »Der kommt schon zurück. Der lässt doch ein hübsches Mädel wie dich nicht lange allein. Warum rufst du ihn nicht an? Die Jugend von heute ist doch überall erreichbar.«
    Lara lächelt ihn traurig an und macht sich auf den Rückweg.
    Die Jugend von heute ist doch überall erreichbar? Mag sein, aber das gilt nicht für Henk.
    »Gib mir deine Nummer. Wo soll ich anrufen, wenn ich dich erreichen will?«, hat sie ihn gefragt.
    »Es reicht, wenn ich dich erreichen kann«, hat Henk geantwortet. Seine Nummer wird unterdrückt, wenn er anruft. Er will nicht erreichbar sein.
    Auch nicht für sie.
    Sie könnte ihn in der Bar suchen, wo sie ab und zu mit ihm hinfährt, aber sie weiß nicht, wie sie dahin kommt. Sie liegt außerhalb der Stadt auf einem Privatgelände in einem kleinen Wäldchen. Da fahren keine Busse hin. Und selbst wenn, es ist der letzte Ort, an den sie freiwillig hinfahren würde, auch nicht, um Henk zu suchen.
    Am nächsten Tag mitten in der Deutschstunde ertönt das leise Brummen in ihrer Schultasche. Die Lehrerin hat es zum Glück nicht gehört.
    »Ich warte vor dem Schultor auf dich, Prinzessin. Komm so schnell du kannst.«
    Lara wartet nur bis zur Pause, dann meldet sie sich wegen Bauchschmerzen aus dem Unterricht ab. Sie rennt über den Schulhof nach draußen, reißt die Tür zu seinem Auto auf.
    »Wo warst du? Ich habe mir Sorgen gemacht.«
    »Steig ein, wir müssen los.«
    Keine Erklärung, kein Kuss, keine Umarmung. Lara ist enttäuscht und doch froh, weil er wieder da ist.
    Henk biegt auf den wohlbekannten Weg zur Villa seines Freundes ein.
    Lara sitzt bewegungslos neben ihm.
    »Wie lange noch, Henk? Du hast gesagt, es ist bald vorbei.«
    »Ja, das dachte ich auch. Ich hatte Pech, es sind leider ein paar neue Schulden dazugekommen.« Henk hält den Wagen an. Er beugt sich zu Lara hinüber und küsst sie ganz sanft auf die Lippen. »Wenn es vorbei ist, gibt es nur noch dich und mich. Aber bis dahin musst du noch durchhalten. Schaffst du das? Für mich? Für uns?« Er streichelt über ihre Haare.
    Lara strahlt ihn glücklich an.
    Natürlich wird sie durchhalten.
    Für ihn, für ihr gemeinsames Glück.
    Dieser Gedanke trägt sie durch die nächsten Stunden.
    Als Henk sie zu Hause absetzt, drückt er zärtlich ihre Hand. »Ich bin so froh, dass ich dich habe, dass du mir hilfst. Gemeinsam schaffen wir das mit den Schulden.«
    Lara schaut ihm nach.
    Gemeinsam schaffen wir das!
    Die Eltern sind noch nicht da und so kann Lara den Rest des Abends unter der Dusche verbringen, ohne dass es auffällt. Sie verbraucht eine ganze Tube Pfirsichschaumgel für den äußeren Dreck. Danach setzt sie sich an ihre Harfe. Die himmlischen Töne vertreiben den inneren Schmutz, zumindest für eine kurze Weile.

11
    Sandra ist sechzehn. Lara kennt sie von den vielen Abenden, die sie gemeinsam an den Bars der wohlhabenden Männer verbracht haben. Viel Zeit zum Reden gibt es dabei nie. Immer dann, wenn einer der zahllosen Partygäste sich in den Zimmern im ersten Stock vergnügen will, muss eine von ihnen mitgehen.
    An diesem Tag haben sie mehr Glück.
    Sie stehen an der Bar und lauschen auf die Stimmen
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