Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weine nicht, Prinzessin

Weine nicht, Prinzessin

Titel: Weine nicht, Prinzessin
Autoren: Carolin Philipps
Vom Netzwerk:
richtig?«
    Henk kennt ihren Stundenplan genau, einschließlich der Freistunden, wenn ein Lehrer längerfristig krank ist und ihre Klasse eine Stillarbeit bekommt und ohne Aufsicht ist.
    Lara nickt beklommen.
    Sie hasst Freistunden.
    Dann muss sie sich in der Pause davonschleichen, in sein Auto steigen und mit ihm auf einen Parkplatz am Rande des kleinen Wäldchens fahren, wo dann einer von Henks Bekannten auf sie wartet.
    Lara hasst diese Freistunden, weil sie ihre beiden Welten durcheinanderbringen. In der Schule und zu Hause ist sie die alte Lara, soweit es geht. Nachmittags und abends taucht sie in Henks Welt ein. Beide Welten haben ihre eigene Kleidung, sie haben ihre eigene Sprache, ihre eigenen Geräusche. Aber sie dürfen nicht vermischt werden, das kann Lara nicht ertragen.
    Als Henk sie an diesem Nachmittag nach Hause zurückfährt, treffen sie vor dem Haus unvermutet auf Laras Mutter, die starke Kopfschmerzen hat und sich ins Bett legen will.
    Sie schaut fassungslos auf ihre Tochter, die aus dem Auto eines fremden Mannes steigt.
    »Wo kommst du denn jetzt her? Ich dachte, du bist bei Meike.«
    Während Lara vor Entsetzen kein Wort herausbringt, springt Henk aus dem Auto, läuft zu Laras Mutter und reicht ihr die Hand. »Henk van Bruneck. Es tut mir so leid, gnädige Frau. Ich habe Lara die ganze Zeit gesagt, sie muss ihren Eltern die Wahrheit sagen.«
    »Die Wahrheit?« Laras Mutter klingt verärgert. »Was für eine Wahrheit? Lara, nun sag auch mal was.«
    Aber Lara sitzt nur schweigend da, starr vor Schreck. Wenn jemand es herausbekommt, werden sie uns trennen, hat Henk gesagt, und nun ist es passiert, das Schreckliche.
    »Wir sind seit ein paar Wochen befreundet, die Lara und ich. Aber sie wollte es geheim halten. Sie meinte, Sie würden gegen unsere Freundschaft sein«, sagt Henk und schaut mit seinem liebsten Lächeln die Mutter an. »Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich weiß, was sich gehört.«
    »Ich mache mir aber Sorgen!« Die Mutter hält sich ihren schmerzenden Kopf. »Weil sie uns die ganze Zeit belogen hat, wir haben uns schon gefragt, was mit ihr los ist.« Sie verzieht ihr Gesicht. »Mein Kopf!«
    »Liebe Frau Lauder, nun legen Sie sich doch erst einmal hin. Es besteht kein Grund zur Sorge. Vertrauen Sie mir. Ich bin froh, dass Sie es nun wissen. Diese Geheimniskrämerei ist auch nicht mein Ding. Wozu auch? Wenn es Ihnen besser geht, kann ich Sie, wenn ich darf, gerne besuchen. Und Sie können mich dann kennenlernen, damit Sie beruhigt sind.«
    Staunend hört Lara Henk zu. Woher weiß er so genau, was er zu sagen hat? Die Worte, die da jetzt aus seinem Mund kommen, sind bestimmt genau das, was ihre Mutter hören will.
    Und so ist es auch.
    Die Mutter lächelt Henk erleichtert an. »Sie haben recht. Ich lege mich jetzt erst mal hin und Sie besuchen uns. Nächste Woche vielleicht. Lara, kommst du?«
    Langsam steigt Lara aus. Ihre Beine zittern vor Erleichterung. Henk hat es tatsächlich geschafft, die Mutter fürs Erste zu beruhigen.
    »Kümmere dich um sie! Das kommt immer gut!«, flüstert Henk Lara zum Abschied zu. »Und denk dran, wir sind nur gute Freunde. Weiter ist nichts passiert. Sei lieb zu ihr und beantworte ihre Fragen klug! Sonst werden sie dich sicher auf ein Internat ins Ausland schicken, weit, weit weg von mir und wir werden uns nie wiedersehen.«
    Wir werden uns nie wiedersehen … Wir werden uns nie wiedersehen … hämmern seine Worte in ihrem Kopf. Eine furchtbare Vorstellung, an die sie nicht weiter denken mag.
    »Er ist ja ganz nett, dieser … Wie heißt er noch?«, meint die Mutter, während sie in der Küche ihre Kopfschmerztablette mit einem Glas Wasser hinunterspült.
    »Henk …«, sagt Lara und hält die Luft an.
    »Nett ist er ja … und so gut erzogen, aber ist er nicht zu alt für dich? Der ist doch bestimmt über zwanzig!«
    Lara schüttelt den Kopf. »Er ist neunzehn.«
    »Und du bist gerade vierzehn geworden. Du bist doch noch ein Kind.«
    »Ma-ma!« Laras Stimme klingt nun doch ein wenig genervt. »Ich bin vierzehn! Und nicht zwölf! Ich bin kein Kind mehr.«
    »Du bist eine wunderschöne Frau, meine Prinzessin … Sei lieb und beantworte ihre Fragen klug! Wir werden uns nie wiedersehen … wir werden uns nie wiedersehen!«
    Lara beißt sich auf die Lippen.
    »Lass uns später weiterreden, Mama. Leg dich erst mal hin und ruhe dich aus«, sagt sie und nimmt die Mutter in den Arm.
    Die Mutter lächelt sie dankbar an. »Mein Kopf platzt gleich. Du kannst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher