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Weihnachten mit Mama

Weihnachten mit Mama

Titel: Weihnachten mit Mama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thanner
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beschwichtigend zugleich mit den Händen.
    »Erst das Foto, meine Lieben! Ja … ja … das muss sein. Da führt kein Weg dran vorbei … Buberl, kannst du mal den Apparat aus meinem Zimmer holen?«
    Ich seufzte. Unhörbar, natürlich. Warf nur Julie einen Blick zu, die sich zusammen mit mir erhob und das Zimmer verließ.
    »Meine Güte«, flüsterte ich, als wir Hand in Hand durch den Flur gingen. »Das ist ja wirklich eine Sause heute …«
    »Eine Sauce ?« Julie hob erstaunt die Augenbrauen. Ob sie es absichtlich missverstand, vermag ich nicht zu sagen. Diese frankophonen Späße trieb sie für ihr Leben gern.
    »Sause … Party, Fest, Budenzauber, Gelage, Besäufnis …«, präzisierte ich.
    »Ach so.«
    Bruno, der uns im Flur tapsen und flüstern hörte, stimmte in seinem Kämmerchen augenblicklich ein erwartungsfrohes Geheul an. Vermutlich spekulierte er darauf, seine Balz- und Liebesspiele mit meiner Frau fortsetzen zu können. Das würde ich nicht zulassen.
    »Der Ünd …«, sagte Julie voller Mitleid, als wir an dem kleinen Gästezimmer vorbeikamen, in dem Bruno nun artistische Sprünge an der Tür vollführte.
    »Der Ünd muss warten«, sagte ich mitleidlos. Den konnten wir nun wirklich nicht gebrauchen.
    »Er ist sooo niedlisch …«
    »Er ist ein Monster. Er wird dir noch deine teuren Seidenstrümpfe ruinieren. Du hast nicht gesehen, was er in Mamas Reich angestellt hat.«
    »Aber …«
    »Nein, nein … wir müssen ins Boudoir , Mamas Kamera holen.«
    Ich drückte die Klinke hinunter, spähte vorsichtig hinein, als würden hinter der Tür noch immer die Dämonen der Verwüstung lauern.
    Nun … so ganz hatte Robert sie nicht gebändigt, waren sie nicht vertrieben worden. Das Zimmer spiegelte ziemlich genau das Aufräumverständnis meines Bruders wider, das, um das Mindeste zu sagen, nicht sehr ausgeprägt war. Schon früher bestand »Aufräumen« in seinem Kinderzimmer darin, alles einfach unters Bett zu pfeffern, wo Mama dann Wochen und Monate später empört müffelnde Socken, verwestes Obst, marmorierte Butterbrote, schmutzige T-Shirts, zerfledderte und mit Kaugummi verklebte Comic-Hefte und mit Fünf oder Sechs benotete Schulaufgaben zutage förderte und sie mit leisem Grimm dekorativ auf dem Bett ausbreitete, wo Robert sie dann nach der Schule vorfand.
    Auch diesmal hatte mein Bruder bestenfalls halbe Arbeit geleistet. Zwar hatte er tatsächlich die Möbel so verrückt, dass Brunos Spuren an Vorhängen und Tapeten auf den ersten Blick nicht mehr sichtbar waren. Doch alles, was der Hund vom Toilettentisch gefegt hatte, war von Robert so nachlässig und uninspiriert wieder dort aufgestellt worden, dass Mama sich ans Herz greifen würde. Ihr Sohn hatte alles, was auf den Boden gepurzelt war, einfach – wie früher unters Bett – auf den Tisch gerümpelt. Wo es aussah wie einst auf seinem Schreibtisch: eine nonchalante Art, den Gott der Ordnung in seine Schranken zu weisen.
    Mit spitzen Fingern nahm Julie eines von Mamas spitzenbesetzten Höschen vom Toilettentisch und hielt es mir mit fragendem Blick entgegen.
    »Sag bloß nichts«, meinte ich nur.
    »Dieses Öschen …«
    »Ja, ich weiß … dieses Öschen gehört da nicht hin. Vielleicht tust du es einfach in den Wäschekorb dort?«
    Sie nickte und räumte alles, was an Bekleidung auf dem Tisch verstreut war, kurzerhand in den Korb, in dem Robert auch den ramponierten Bademantel entsorgt hatte. Den ich prompt wieder herauszog, um ihn provisorisch in meinem Zimmer zwischenzulagern und morgen in der Mülltonne endgültig zu vergraben. Den durfte Mama nie im Leben noch einmal zu Gesicht bekommen!
    Dann machten wir uns auf die Suche nach ihrem alten Fotoapparat. Die Errungenschaften des digitalen Zeitalters waren spurlos an meiner Mutter vorübergegangen. Sie konnte mit Digitalkameras nichts anfangen und vermochte nicht einmal zu würdigen, dass das, was man aufgenommen hatte, sofort im Monitor zu sehen war. »Aber dann ist es ja gar nicht mehr spannend«, wandte sie ein. Für sie bestand Spannung darin, von einem Film mit sechsunddreißig Aufnahmen beim Fotohändler einundzwanzig auszusortieren, weil sie über- oder unterbelichtet, verwackelt, rotäugig, unscharf oder sonstwie misslungen waren. Und da Mama keinen Computer besaß, hatte sie auch keine Möglichkeit, sich die Bilder dort anzuschauen und eine Vorauswahl zu treffen.
    Nein, ihr Fotoapparat war aus der guten alten Zeit. Durchaus von akzeptabler Qualität. Aber eben aus der Zeit, als wir

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