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Weihnachten mit Maigret

Weihnachten mit Maigret

Titel: Weihnachten mit Maigret
Autoren: Georges Simenon
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sich an diesen Tisch!«
    Er reichte ihr ein Blatt Papier und einen Füllfederhalter.
    »Schreiben Sie!«
    »Was soll ich schreiben?«
    »Ihren Namen und Ihre Adresse.«
    Sie tat es, nicht ohne zu zögern.
    »Heute Nacht werden alle Briefe, die in diesem Viertel in den Kasten geworfen wurden, untersucht, und ich wette, dass sich darunter einer mit Ihrer Schrift befindet. Wahrscheinlich haben Sie ihn an sich selbst adressiert.«
    Er beauftragte Lucas, mit dem Inspektor zu telefonieren, um Untersuchungen in dieser Richtung zu veranlassen. In Wirklichkeit versprach er sich keinen Erfolg davon, aber der Schlag hatte gesessen.
    »Wissen Sie, meine Liebe, das ist klassisch!«
    Zum ersten Mal nannte er sie so, wie er es am Quai des Orfevres getan hätte, und sie warf ihm einen wütenden Blick zu.
    »Geben Sie zu, dass Sie mich hassen!«
    »Ich gestehe, dass ich für Sie keine sehr starken Sympathien empfinde.«
    Sie waren jetzt alleine im Esszimmer, in dem Maigret mit langsamen Schritten herumging, während sie am Tisch sitzenblieb.
    »Wenn es Sie interessiert, möchte ich noch bemerken, dass mich nicht das, was Sie getan haben, so sehr erschüttert, sondern Ihre Kaltblütigkeit. Mir sind schon viele Männer und Frauen über den Weg gelaufen. Wir sind nun schon seit drei Stunden zusammen, und man kann wohl sagen, dass Sie seit heute Morgen das Gefühl haben müssen, am Ende zu sein. Sie haben noch nicht einmal Ihre Beherrschung verloren. Ihr Mann wird heimkommen, und Sie werden versuchen, das Opfer zu spielen. Dabei wissen Sie, dass wir früher oder später unweigerlich die Wahrheit herausbekommen werden.«
    »Was soll Ihnen das nützen? Ich habe nichts getan.«
    »Warum verheimlichen Sie dann etwas? Warum lügen Sie?«
    Sie antwortete nicht, sondern dachte nach. Sie verlor nicht die Nerven, wie es bei den meisten der Fall war. Ihr Verstand versuchte einen Ausweg zu finden und wog das Für und Wider ab.
    »Ich werde nichts sagen«, erklärte sie schließlich und setzte sich in einen Sessel, wobei sie ihren Morgenrock über ihre Knie zog.
    »Wie Sie wollen.«
    Er machte es sich ihr gegenüber in einem anderen Sessel bequem.
    »Wie lange gedenken Sie bei mir zu bleiben?«
    »Auf jeden Fall bis zur Rückkehr Ihres Mannes.«
    »Werden Sie ihm von den Besuchen von Monsieur Lorilleux in der Pension erzählen?«
    »Wenn es sein muss.«
    »Sie sind ein Scheusal! Jean weiß nichts, er hat nichts mit dieser Sache zu tun.«
    »Er ist unglücklicherweise Ihr Mann.«
    Als Lucas wieder heraufkam, saßen sich die beiden schweigend gegenüber und warfen sich verstohlene Blicke zu.
    »Janvier kümmert sich um den Brief, Chef. Ich habe Torrence unten getroffen. Er sagte mir, dass der Mann bei dem Weinhändler zwei Häuser weiter gewesen sei.«
    Sie sprang auf.
    »Welcher Mann?«
    Und Maigret antwortete ungerührt:
    »Derjenige, der in der letzten Nacht hierhergekommen ist. Ich nehme an, dass Sie darauf gefasst waren, dass er wiederkommen würde, da er nichts gefunden hat. Vielleicht wird er diesmal in einer anderen Stimmung sein?«
    Entsetzt schaute sie auf die Uhr. Es blieben nur noch zwanzig Minuten bis zur Ankunft des Zuges aus Bergerac. Wenn ihr Mann ein Taxi nahm, konnte sie alles in allem mit einer Frist von nicht mehr als vierzig Minuten rechnen.
    »Wissen Sie, wer es ist?«
    »Ich ahne es. Ich könnte hinuntergehen, um mich zu vergewissern. Es ist natürlich Lorilleux, der darauf brennt, sein Geld wieder in seinen Besitz zu bringen.«
    »Das ist nicht sein Geld.«
    »Nehmen wir an, dass er es, zu Recht oder zu Unrecht, als sein Geld betrachtet. Dieser Mann muss wohl auf dem trockenen sitzen. Er hat sie zweimal besucht, ohne das zu bekommen, was er wollte. Er ist, als Weihnachtsmann verkleidet, wiedergekommen, und er wird noch einmal wiederkommen. Er wird sehr überrascht sein, Sie in unserer Gesellschaft anzutreffen, und ich bin überzeugt davon, dass er gesprächiger sein wird als Sie. Entgegen der allgemeinen Annahme sprechen die Männer viel leichter als die Frauen. Glauben Sie, dass er bewaffnet ist?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Meiner Meinung nach ist er es. Er hat lange genug gewartet. Ich weiß nicht, was Sie ihm erzählt haben, aber letztlich glaubt er es Ihnen nicht. Er ist übrigens ein übler Kerl, dieser Herr. Es gibt nichts Brutaleres als diese Feiglinge, wenn sie zu etwas wild entschlossen sind.«
    »Hören Sie auf!«
    »Sollen wir uns zurückziehen, damit Sie ihn alleine empfangen können?«
    In Maigrets Notizen konnte
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