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Weihnachten mit Maigret

Weihnachten mit Maigret

Titel: Weihnachten mit Maigret
Autoren: Georges Simenon
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Lorilleux sie oft?«
    »Im Durchschnitt zwei- oder dreimal im Monat, immer mit Gepäck. Er kam gegen halb zwei morgens und ging um sechs Uhr wieder weg. Ich fragte mich zunächst, was das bedeuten könnte. Ich überprüfte den Zugfahrplan. Es fiel mit den Reisen zusammen, die er in die Schweiz machte. Für die Rückfahrt nahm er den Zug, der mitten in der Nacht ankommt, und ließ seine Frau in dem Glauben, er habe den Zug genommen, der um sechs Uhr morgens ankommt.«
    »Noch etwas?«
    »Nichts, außer dass Loraine geizig mit Trinkgeldern war und dass sie, obwohl es verboten war, abends in ihrem Zimmer auf einem Spirituskocher kochte.«
    »Keine anderen Männer?«
    »Nein. Abgesehen von der Sache mit Lorilleux führte sie ein geordnetes Leben. Als sie heiratete, bat sie die damalige Hauswirtin, ihre Trauzeugin zu sein.«
    Maigret hatte darauf bestanden, dass seine Frau im Schlafzimmer blieb, wo sie sich ganz still verhielt, so als wollte sie ihre Anwesenheit in Vergessenheit geraten lassen.
    Torrence lief draußen im Nebel von einem Taxistand zum anderen. Die beiden Männer warteten geduldig, jeder in seinem Sessel versunken, jeder die gleiche Körperhaltung, ein Glas in Reichweite, und Maigret begann schläfrig zu werden.
    Mit den Taxis war es wie mit allem anderen. Manchmal stößt man sofort auf das Taxi, das man sucht; ein anderes Mal hat man mehrere Tage lang keinen Anhaltspunkt, vor allem, wenn es sich nicht um einen Wagen von einem Unternehmen handelt. Einige Fahrer haben keine feste Arbeitszeit und fahren auf gut Glück herum, und sie lesen nicht unbedingt die Mitteilungen der Polizei in der Zeitung.
    Nun, vor fünf Uhr rief Torrence von Saint-Ouen an.
    »Ich habe eins der Taxis gefunden«, verkündete er.
    »Wieso eins? Handelt es sich um mehrere?«
    »Ich habe allen Grund, das anzunehmen. Dieses Taxi hat die junge Dame heute Morgen an der Ecke Boulevard Richard-Lenoir und Boulevard Voltaire aufgenommen und sie zur Rue de Maubeuge in die Nähe der Gare du Nord gefahren. Sie hat das Taxi nicht warten lassen.«
    »Ist sie in den Bahnhof hineingegangen?«
    »Nein. Sie ist vor einem Geschäft für Reiseartikel stehengeblieben, das an Sonn- und Feiertagen geöffnet hat. Der Chauffeur hat sich nicht mehr weiter um sie gekümmert.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Hier. Er ist eben zurückgekommen.«
    »Schickst du ihn zu mir? Er kann seinen eigenen Wagen oder einen anderen nehmen, aber er soll so schnell wie möglich herkommen. Du musst noch den Chauffeur finden, der sie zurückgebracht hat.«
    »In Ordnung, Chef. Ich werde nur eben einen Kaffee mit Schuss trinken; es ist nämlich verdammt kalt.«
    Maigret warf einen Blick auf die andere Seite der Straße und bemerkte einen Schatten am Fenster von Mademoiselle Doncœur.
    »Versuch doch mal, im Telefonbuch ein Geschäft für Reiseartikel zu finden, das gegenüber von der Gare du Nord liegt.«
    Lucas brauchte dafür nur wenige Minuten, und Maigret rief dort an.
    »Hallo! Hier Kriminalpolizei. Bei Ihnen muss heute Morgen kurz vor zehn Uhr eine Kundin etwas gekauft haben, wahrscheinlich einen Koffer. Eine blonde, junge Frau in einem grauen Kostüm, mit einer Einkaufstasche in der Hand. Erinnern Sie sich an sie?«
    Machte vielleicht die Tatsache, dass das alles an einem Weihnachtstag passierte, die Dinge so einfach? Der Verkehr war weniger lebhaft, und es wurde kaum etwas gekauft. Darüber hinaus neigen die Menschen dazu, sich mit größerer Genauigkeit an Ereignisse zu erinnern, die an einem Tag passieren, der sich von den anderen Tagen abhebt.
    »Ich selbst habe sie bedient. Sie erklärte mir, dass sie dringend zu ihrer kranken Schwester nach Cambrai fahren müsse und darum keine Zeit habe, bei sich zu Hause vorbeizugehen. Sie verlangte einen billigen Koffer aus Kunststoff, einen von denen, die wir an beiden Seiten der Eingangstür aufgestapelt haben. Sie nahm die mittlere Ausführung, zahlte und ging in die Bar nebenan. Etwas später stand ich in der Ladentür und sah sie mit dem Koffer in Richtung Bahnhof gehen.«
    »Sind Sie allein in dem Geschäft?«
    »Ich habe einen Verkäufer angestellt.«
    »Können Sie sich auf eine halbe Stunde freimachen? Springen Sie in ein Taxi, und kommen Sie zu mir nach Hause!«
    »Ich nehme an, Sie werden die Fahrt bezahlen? Soll ich das Taxi warten lassen?«
    »Ja, lassen Sie es warten.«
    Den Notizen auf dem Briefumschlag zufolge war es fünf Uhr fünfzig, als der Fahrer des ersten Taxis kam. Er war etwas überrascht, dass er in einer
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