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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht
Autoren: John Saul
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Penrose's Dry Goods mit frisch gemaltem Schild war noch geöffnet, und Christie glaubte Steve Penroses Vater wiederzuerkennen, der an der Tür lehnte und mit einer Frau plauderte. Sie war fast sicher, daß dies Susan Gillespies Mutter war.
    Die Menschen wie die Stadt hatten etwas ewig Dauerndes. Sie sahen nicht anders aus, als sie vor zwanzig Jahren ausgesehen hatten. Es war, als sei Amberton ein Theaterstück, und so wie das Szenenbild dasselbe geblieben war, hatte sich auch die Besetzung nicht geändert.
    In gewisser Hinsicht war Christie froh, daß die Stdt noch so vertraut aussah, doch auf andere Art machte sie das traurig. Es machte ihr diese seltsamen Wochen vor zwanzig Jahren gegenwärtig, als ihr Leben plötzlich unerträglich geworden war.
    Damals hatte sie das natürlich nicht begriffen, aber jetzt wußte sie, daß das, was ihr widerfahren war, bei ihr dauerhafte Schäden angerichtet hatte und daß die Narben, die ihre Persönlichkeit davongetragen hatte, nie heilen würden.
    Darum war sie nach Amberton zurückgekehrt - um zu versuchen, diese Narben zu beseitigen.
    Sie lächelte das kleine Mädchen an, das neben ihr saß.
    »Was hältst du davon?« fragte sie.
    Ihre Tochter, die sie nach ihrer Mutter Carole genannt hatte, schaute sich ohne großes Interesse um. »Ich möchte nach Los Angeles zurück«, sagte sie widerspenstig.
    In gewisser Hinsicht teilte Christie die Gefühle ihrer Tochter. Sie hatte Los Angeles geliebt, seine Größe und die Tatsache, daß dort niemand Notiz von ihr nahm. Doch als Carole größer wurde und Christie darüber nachzudenken begann, was ihr auf den Schulen passieren könnte, hatte sie eine Entscheidung getroffen.
    Christie wollte, daß ihr kleines Mädchen ganz normal aufwuchs. Sie wollte nicht eines Tages nach Hause kommen und Carole mit leeren Augen vor dem Fernseher finden, mit stierem Blick nach einem Nachmittag mit Pillen und Marihuana.
    Das war bei einem ihrer Freunde erst vor einem Monat passiert, und es hatte Christie Angst gemacht.
    Sie hatte seit Caroles Geburt gewußt, daß sie Los Angeles eines Tages verlassen und nach Amberton zurückkehren würde. Doch als Carole noch ein Baby war, hätte es zuviele Fragen gegeben und sie hatte nicht genug Geld.
    Jetzt gab es für niemanden einen Grund, ihre Geschichte von einer Scheidung in Frage zu stellen - niemand brauchte zu wissen, daß sie Carolas Vater nie geheiratet hatte.
    Jetzt hatte sie genug Geld, und sie brauchte sich keine Gedanken darüber zu machen, ob sie Arbeit fand oder sich um die Ranch kümmerte. Sie hatte eisern gespart, und sie hatte genug, um ein Jahr davon leben zu können. Bis dahin würde das Bergwerk, das an eine Ölgesellschaft verpachtet worden war, wieder fördern.
    Die Ranch, die Edna Amber ihr vererbt hatte, war für sie treuhänderisch verwaltet worden. Die Steuern dafür waren von den Pachteinnahmen für die Weiderechte bezahlt worden. Als sie einundzwanzig war, hatte man es ihr übereignet, und sie hatte das Land weiter verpachtet, doch immer daran geglaubt, daß sie eines Tages zurückkehren würde.
    Heute war dieser Tag.
    Sie fuhr an Bill Henrys Büro vorbei, hielt aber nicht an. Sie hatte es eilig, auf die Ranch zu kommen, das Haus zu sehen, in dem sie nur wenige Wochen gelebt hatte, das aber so viele Erinnerungen für sie barg.
    Sie wußte, daß es schmerzliche Erinnerungen waren, mit denen sie konfrontiert werden würde.
    Sie ließ die Stadt hinter sich und fuhr über die holperige Straße, die zur Amber-Ranch führte.
    Nein, sagte sie zu sich. Zur Lyons-Ranch. Die Ambers sind nicht mehr und jetzt gehört sie mir.
    »Ist das unser Haus?« sagte Carole und unterbrach so ihre Gedanken.
    Das Haus ragte unfreundlich vor den Hügeln auf. Seine Farbe war schon längst von Wind und Regen abgewaschen. Christie spürte einen plötzlichen Impuls, den Wagen zu wenden und davonzufahren, aber sie wußte, daß sie nicht mehr davonlaufen konnte.
    Sie parkte in der Auffahrt, nahm Carole bei der Hand und ging mit ihr die Stufen zur Vordertür hoch. Sie suchte in ihrer Handtasche und fand den Schlüssel, den ihr der letzte Mieter, der vor einem Monat ausgezogen war, zugeschickt hatte.
    Das Haus roch muffig, und während sich ihre Tochter neugierig umschaute, beeilte sich Christie, die Fenster zu öffnen. Sie wünschte sich flüchtig, daß der Wind wehen und die schlechte Luft aus dem Haus treiben würde.
    Sie verdrängte diesen Gedanken.
    Seit ihrer Kindheit hatte sie Probleme mit dem Wind - er brachte ihr
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