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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht
Autoren: John Saul
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plötzlich berührte. Sie zog den Daumen aus dem Mund.
    »Mama? Ich bin ein böses kleines Mädchen, Mama.«
    »Ich weiß«, sagte Edna mit gelassener und ruhiger Stimme. »Du bist ein sehr böses kleines Mädchen.«
    Diana nickte in der Finsternis.
    »Ich habe mein Baby getötet, Mama. Ich bin ein böses Mädchen, und ich habe mein Baby getötet.«
    Edna seufzte und bewegte sich näher auf Diana zu. Dann stieß sie sie mit dem Stock an. Diana wehrte sich nicht; sie kauerte sich nur noch mehr zusammen und jammerte.
    »Du mußt aufstehen«, sagte Edna.
    Diana rührte sich nicht.
    »Diana, ich bin deine Mutter, und du mußt tun, was ich dir sage. Steh auf!«
    Unsicher kam Diana auf die Beine. Ihr Haar hatte sich gelöst, und sie strich es instinktiv aus dem Gesicht, obwohl niemand da war, der sie sehen konnte. »Wirst du mich bestrafen, Mama?«
    »Ja«, sagte Edna traurig. »Ich werde dich bestrafen. Du warst ein böses Mädchen, und Mama muß dich bestrafen.«
    »Gut, Mama«, sagte Diana. Sie stand still, als Edna ihren Stock hob und damit in der Dunkelheit tastete, bis seine Spitze auf Dianas Brust ruhte.
    Einen Augenblick später stieß Edna heftig mit dem Stock zu, ohne daß Diana Widerstand leistete.
    Diana schwankte leicht und stürzte dann rücklings in den Hauptschacht.
    Edna stand still da, ihr Stock schwebte noch immer in der Luft, und sie hörte wie Diana, während sie durch die Finsternis stürzte, wieder nach ihr schrie.
    »Maaaaaaaaaa-maaaaaaa ...«
    Und dann, während Edna in der Dunkelheit wartete, gingen die Lichter im Bergwerk an. Edna blinzelte in die plötzliche Helligkeit, drehte sich dann um und bewegte sich auf den Eingang des Stollens zu.
     
    Juan legte den Hauptschalter um und schaute in das Bergwerk. Er sah Christie Lyons zwanzig Meter entfernt im Schmutz liegen und hinter ihr Miß Edna auf sich zukommen.
    Er stand still da, beobachtete sie, während sie sich ihm näherte. Sie deutete auf die Drahtrolle.
    »Hilf mir«, sagte sie.
    Juan blickte die alte Frau neugierig an. War sie aus demselben Grunde hier, aus dem ihn seine Mutter hergeschickt hatte? Sie mußte es wohl sein - sie versuchte, etwas mit dem Draht zu tun. Er ging zu ihr und nahm die Rolle auf.
    »Bring sie her«, sagte Edna zu ihm. Sie begann, tiefer ins Bergwerk zu gehen, und während er ihr folgte, spulte Juan den Draht sorgfältig auf die Rolle. Bald hatten sie den Aufzug erreicht, und er legte die Drahtrolle
    in den Korb, wie es ihm Edna befahl. Doch als er hineingehen wollte, hielt Edna ihn zurück.
    »Geh weg«, sagte sie. »Geh jetzt weg und laß mich allein.«
    Juan zögerte. Seine Mutter hatte ihm gesagt, er sollte die Kinder retten. Dann erinnerte er sich an Christie Lyons. Das mußte es gewesen sein, was sie gemeint hatte.
    Er ging zurück zum Eingang und bückte sich, um Christie hochzunehmen. Sie behutsam auf den Armen haltend, trug er sie aus dem Bergwerk.
    Nachdem Juan gegangen war, ging Edna Amber langsam zu der Gerätekiste zurück, öffnete sie und entdeckte eine Drahtschere, die sie in das Mieder ihres Kleides steckte. Dann ergriff sie den Sprengapparat.
    Mit schmerzenden Knochen und erschöpften Muskeln schleppte sie sich zurück zum Aufzug.
     
    Dan sah das schwache Leuchten des Lichts vor sich und drückte aufs Gaspedal. Der Chrysler sprang vorwärts, und seine Hinterräder schleuderten Erde weg.
    Vor dem Bergwerk stand Esperanza Rodriguez mit ihrem Sohn, der Christie Lyons in seinen Armen hielt. Esperanza schaute ihn verständnislos an.
    Dan sah sich um und sah den alten Cadillac, der neben der Hütte geparkt war. Mit grimmigem Gesicht ging er auf den Stolleneingang zu.
    Bill Henry nahm Christie aus Juans Armen und machte sich auf den Weg zur Hütte. Juan folgte ihm. »Was ist mit ihr passiert?« fragte er.
    »Ich habe sie gerettet«, sagte Juan stolz. »Sie war im Bergwerk, und ich habe sie gerettet, genau, wie meine Mama es mir gesagt hat.« Er schloß die Tür der Hütte auf und öffnete sie für Bill. Dann blickte er unsicher auf Christie. »Oder habe ich sie nicht gerettet?« fragte er.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Bill ruhig. »Wir werden sehen.« Behutsam legte er Christie auf Esperanzas Bett.
     
    Dan Gurley blieb direkt am Eingang zum Bergwerk stehen.
    »Miß Edna?« rief er. »Diana?«
    Er lauschte nach einer Antwort, doch alles, was er hören konnte, war ein leises, klagendes Geräusch. Einen Augenblick lang stand er ganz still, und er bildete sich ein, daß die Maschinen des Bergwerks, die so
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