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Weg da, das ist mein Handtuch

Weg da, das ist mein Handtuch

Titel: Weg da, das ist mein Handtuch
Autoren: Mark Spörrle
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hatte sie beim letzten Besuch daheim extra einen Streit um die angeblich frauenfeindliche Farbe der Garage vom Zaun gebrochen. Den Eltern fiel der Abschied sicher leichter, wenn sie ihre Tochter für eine durchgedrehte Fanatikerin hielten.
    Sie ging auf den Balkon. Auch hier Fehlanzeige. Dies war nur der dritte Stock, und direkt unter ihrem Zimmer standen Palmen: Was, wenn sie sprang und danach nur gelähmt und/oder willenlos war? So gelähmt und/oder willenlos, dass sie sich nicht mehr ordentlich umbringen konnte?
    Susan rief bei der Rezeption an und fragte nach einem Zimmer in einem höheren Stockwerk. Ohne Erfolg.
    Sie fuhr mit dem Fahrstuhl hoch und sah sich die obersten zwei Stockwerke an. Die gleichen fensterlosen Flure, nirgends eine Tür, die aufs Dach führte. Warum gab es in Hotels kein Selbstmörderzimmer, stundenweise zu buchen, mit einem kleinen Sprungturm und einer Auswahl an Musik und Drogen?
    Sie fuhr ins Erdgeschoss und ging nach draußen. Puh, war das heiß. An der Poolbar lungerten wampige Männer und schluckten Bier. Ein paar andere schlenderten um den Pool herum, taten, als führten sie hochwichtige Gespräche auf dem Handy, und starrten gierig nach den Frauen, die auf den Liegen ringsum lagen. Es war wie auf dem Affenfelsen im Zoo. Und Susan war sicher, sie hätte sich hier vor aller Augen seelenruhig im Pool ertränken können, bevor auch nur einer begriffen hätte, was los war. Aber das fiel aus: Nicht mal zum Sterben würde sie in die Brühe steigen, in die diese fleischgewordenen Durchlauferhitzer den ganzen Tag pinkelten.
    Sie fuhr ins Zimmer zurück, zog ihren roten Badeanzug an, den sie mit Robert gekauft hatte, dumm, aber sie hatte keinen anderen, fuhr wieder nach unten. Der Weg zum Meer führte über eine vierspurige Straße. Es war viel Verkehr, die Einheimischen rasten ohne Rücksicht, und Susan drängte sich der Gedanke auf, wie es wäre, gleich hier auf der Straße stehenzubleiben und sich überfahren zu lassen. Aber, halt: Sie hatte das Parfüm vergessen.
    Am Strand ging sie die Wasserlinie entlang. An glücklichen Familien, verliebten Paaren. Und trotzdem warfen ihr die Männer hungrige Blicke zu. Scheißkerle! Völlig wahllos, völlig schwanzregiert, ganz egal, wie es den Frauen dabei ging. So wie Robert, das Schwein!
    Susan machte einen Bogen um eine Gruppe junger Männer, die um die Wette Sangria aus einem Eimer soffen, indem sie sich andächtig drum herum knieten und abwechselnd ihren Kopf hineinsteckten.
    »Hei«, sagte eine Stimme neben ihr. Ein muskulöser braun gebrannter Kerl mit aufgepumpten Muskeln grinste ihr Dekolleté an. »Schönes Wetter, was? Lust auf ’ne Tigermilch und ’ne Runde Autoquartett?«
    Sie wollte nur weg hier, übersah ein Loch im Sand, stürzte. Das Grölen und Lachen noch in den Ohren, stapfte sie zurück zur Straße. Parfüm hin oder her, sie sollte es gleich tun, jetzt, man soll eine gute Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, sagte ihre Mutter immer. Nein, nur nicht an ihre Mutter denke n …!
    Heulend erreichte sie das Hotel, fuhr im Fahrstuhl nach oben, nestelte die Schlüsselkarte aus ihrer Strandtasche, schob sie in den Schlitz.
    Die Tür öffnete nicht.
    Sie drehte die Karte um, versuchte es wieder. Nichts.
    Das Schluchzen kam wieder hoch. Da hörte sie eine Frauenstimme, die auf Spanisch beruhigend auf sie einredete. Eine Putzfrau. Sie zückte eine Karte, öffnete ihr. »Gracias«, konnte Susan gerade noch sagen, »gracias!«, dann musste sie die Tür hinter sich zuschlagen und sich heulend aufs Bett werfen.
    Irgendwann merkte sie, dass jemand sie anstarrte.
    Der da vor ihrem Bett stand und starrte, den kannte sie. Aus dem Fernsehen. Und aus dem Kino. Und aus Zeitschriften. Und von Plakaten.
    Und er fragte: »Was tun Sie hier?«
    MORITZ
    Das fing ja gut an. Oder ging, nach den Erlebnissen in Steffens Haus, ja gut weiter: Kaum war er in seinem Zimmer, hatte sich geduscht, umgezogen und auf der Terrasse mit dem schönen Blick aufs Meer überlegt, welchen Aperitif er nehmen würde, da lag schon die erste Frau auf seinem Bett. Im Badeanzug in Signalfarbe. Und sie sah auch noch ziemlich gut aus, obwohl sie furchtbar herumheulte.
    Nichts als ein Trick, das machten sie öfter. Sie wollten nur, dass man sie tröstete, womöglich sogar berührte oder ihnen sonstwie nahekam. Und im gleichen Moment stürzte dann ein Komplize, meist ihr hoch verschuldeter, viel zu jung geheirateter Ehemann, wild fotografierend aus dem Schrank und schrie, gleich morgen
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