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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen
Autoren: Notaro Laurie
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Streifenwagen vor dem Laden hatte stehen sehen, was darauf schließen ließ, dass man hier sehr schnell zum Hörer griff und die Polizei alarmierte, wenn mal was war. Ich glaube sogar, dass jemand in dem Laden auf der Gehaltsliste steht, der eigens dafür abgestellt ist, beim geringsten Vorfall »die Behörden zu alarmieren«. Der Drugstore befindet sich unmittelbar neben einer Rückgabestelle für Altglas und Dosen, sprich, eine beliebte Anlaufstelle für allerlei Gesindel und ein Paradies für durchdringende Gerüche und sinnentleertes Gerede. Hier sieht man ständig irgendwen, der gerade seinem Dealer oder einem geliebten Familienmitglied am Telefon Obszönitäten der übelsten Art an den Kopf wirft. Ich hatte nicht nur des Öfteren quer über den Bürgersteig geparkte Streifenwagen beobachtet, sondern war einmal sogar Zeugin eines heftigen Aufruhrs in der Kosmetikabteilung im Drugstore geworden, als ich gerade an der Kasse anstand. Laut Aussage des betreffenden Herrn waren offenbar einige Tütchen Badesalz »irgendwie in seine Tasche gefallen«. Die Polizisten kauften ihm diese schlappe Erklärung logischerweise nicht ab, und statt zu kooperieren, entschied sich der vermeintliche Dieb, sich wie ein wild gewordener Mustang zu gebärden, was in einem Laden, der so eng ist, dass einem sogar das Badesalz in die Tasche fällt, grundsätzlich keine gute Idee ist.
    Während ich also den Polizisten in Aktion zusah, überprüfte ich reflexartig meine eigenen Jackentaschen, um sicherzugehen, dass sich keine ungezogene Dose Körperbutter darin versteckt hatte.
    Nach dem ersten Zusammenstoß mit der Staatsgewalt schrie der Mann laut um Hilfe, aber ich fühlte mich ehrlicherweise nicht in Versuchung, aus der Schlange zu treten und meine Dienste anzubieten. Das Gerangel wurde immer heftiger, während sich der Badesalzdieb zunehmend verzweifelt wehrte und aus Leibeskräften zu schreien begann.
    »Polizei«, brüllte er. »Jemand muss die Polizei rufen!«
    »Wir sind die Polizei«, informierten ihn die Streifenbeamten, worauf Mr Badesalz zeterte: »Ich will aber meine eigene Polizei!«
    Leider wurde ihm dieses Glück nicht zuteil, da die Gemeinde von Eugene einen derartigen Dienst am Bürger nicht anbietet.
    Noch nicht.
    Innerhalb kürzester Zeit hatte sich das Gerangel vom Gang mit den Badezusätzen zum einzigen Ausgang hin verlagert, was wohl Ziel des Unterfangens gewesen war, für mich das Problem allerdings keineswegs löste. Jedes Kind sah, dass die Situation ohne Weiteres umschlagen konnte – in der einen Sekunde hatten wir es noch mit einem Mann zu tun gehabt, der lediglich vergessen hatte, seine Medikamente einzunehmen, und in der nächsten machte das Ganze als grausiges Blutbad mit mehreren Toten Schlagzeile. Wer konnte schon sagen, ob Mr Badesalz nicht gerade in einem Waffengeschäft gewesen war, wo ihm ein Messer in die Socke gefallen oder ein Satz Pfeile und ein Bogen hinter die Ohren gerutscht sind. Wer konnte schon sagen, wo dieser Mann gestanden hatte und was auf ihn herabgefallen war? Kugeln. Kettensägen. Seile und Eisenbahnschienen. Wir konnten nur hoffen, dass er nicht irgendwann vor dem Regal mit den Feuerwerkskörpern gestanden hatte. Weil dann nämlich jede Form von Reibung dafür gesorgt hätte, dass der ganze Laden sofort in die Luft flog (und ich gehe jede Wette ein, dass die Gas- und/oder Sauerstoffflaschen-Bestände zwischen den Duftkerzen und den riesigen Gazestoffballen vollständig bestückt sind).
    Ich trat also eilig aus der Schlange und hastete durch den Gang mit den Partyartikeln, nur für den Fall, dass die Situation eskalierte – ehrlich gesagt wollte ich lieber von einem Stapel Partyhüte erschlagen werden, als dass sich eine rosafarbene Bonbonstange durch mein Brustbein bohrte.
    Mit dieser Erinnerung im Hinterkopf – dass die Polizei, wenn sie erst einmal einen Fuß über die Schwelle gesetzt hätte, mir und meiner mageren Ausbeute von hundert Zwei-Cent-Briefmarken garantiert nichts nutzen würde – verließ ich mit einem trotzigen »Ach ja? Sie sind doch wohl nicht das einzige Postamt in der Stadt, oder?« den Laden. Was, wie sich herausstellen sollte, auch stimmte.
    Es gab tatsächlich ein zweites Postamt, sodass ich wenig später blasiert grinsend in der Schlange stehen und mich in der Gewissheit aalen konnte, die Böse Frau mit ihren eigenen Waffen geschlagen zu haben – auch wenn mich die Jagd auf einen Parkplatz eine geschlagene halbe Stunde gekostet hatte. Bei diesem anderen
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