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Weddingplanerin mit Herz (German Edition)

Weddingplanerin mit Herz (German Edition)

Titel: Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
Autoren: Michaela Hanauer
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warum denke ich an ihn immer noch in der förmlichen Titel-Nachname-Anrede? Will mein Inneres etwa auch nicht glauben, dass wir beide nicht mehr nur Oberarzt und PJlerin sind? Tobias …
    »Sieht der nicht toll aus?«, flüstert Jenny, als Dr. Gode sich umdreht, um die Stationspläne auszuteilen. Wie – »toll«? Seit wann stehen wir denn auf Sonnyboys mit Ken-Frisur?! Klar, Dr. Gode ist ein netter Anblick. Ein Fotoroman-Arzt. Nichts könnte ihm besser stehen als ein weißer Kittel, er passt prima zu seiner sonnengebräunten Haut. Das Haar sitzt, das Grinsen entblößt eine blinkendweiße Zahnreihe. Aber ich mag kantige Typen. Tobias. Gleich werden wir uns wiedersehen. Spätestens mittags in der Cafeteria. Ich kann ja schlecht zu ihm rübergehen, an seiner Bürotür klopfen und »Hallo, Schatz!« flöten. (Ich könnte. Aber ich trau mich nicht.) Überhaupt: Was sage ich, wenn wir uns wiedersehen? Küssen wir uns zur Begrüßung? Nichts möchte ich lieber. Aber: Trau ich mich das? Und selbst wenn – da ich ihn nicht einfach nur küssen und jede andere Kommunikation vermeiden kann, stellt sich doch die Frage: Rede ich ihn jetzt mit dem Vornamen an?
    Eine große, schlanke Ärztin mit perfekt sitzender Frisur öffnet die Tür und sagt: »So, Herrschaften, der angenehme Teil ist vorbei.«
    Ich weiß nicht, ob sich das auf Dr. Gode, das vergangene Tertial oder das Leben im Allgemeinen bezieht, doch der Anblick der taffen Ärztin, die uns nur mit einem eiligen Blick streift und Dr. Gode den Stationsplan aus der Hand nimmt, macht auf jeden Fall eines deutlich: SIE ist NICHT der angenehme Teil.
    Dr. Gode tritt einen Schritt zurück und stellt uns Dr. Thierschvor, die Oberärztin der Chirurgie. Sie ist höchstens Mitte dreißig. Das muss eine steile Karriere gewesen sein. Wenn sie allerdings so schnell und entschieden durch ihre Ausbildungsjahre marschiert ist, wie sie jetzt uns voraus zu den Patientenzimmern stiefelt, wundert es mich, dass sie noch nicht Chefärztin ist. Oder Päpstin.
    Dr. Thiersch stellt uns die Patienten vor wie andere Leute Schubladen aufziehen, wenn sie morgens in Eile Socken suchen. Tür auf, »Tag, Frau Jahn! Das ist Frau Jahn, gerade angekommen, Meniskusschaden«, Tür zu, nächste Tür auf, »Herr Kohler, Bauchspeicheldrüse«, Tür zu, Tür auf, »und hier liegt Frau Schneider, ihr nehmen wir übermorgen ein paar Gallensteine raus.«
    In meinem Kopf geht ein sensibler Oberarzt mit mir von Zimmer zu Zimmer, begrüßt die Patienten, fragt nach ihrem Befinden und stellt mich höflich vor. Wie nennt er mich jetzt in Gedanken? Immer noch Fräulein Weissenbach? Oder längst Lena?
    Dr. Thiersch erklärt den Patienten recht knapp, dass sie uns später kennenlernen werden. »Mit Dr. Gode, den Sie doch im Grunde lieber sehen als mich, oder?« Und schon ist sie weitermarschiert und wir folgen ihr als brave, perplexe Schlange in den OP-Bereich. Dr. Thiersch bleibt im Vorraum stehen und zeigt uns die Tafel, auf der die kommenden OPs angeschrieben sind. »Es gibt zwei Regeln«, sagt sie und hat noch nicht einem von uns länger als eine Sekunde in die Augen gesehen. »Erstens: Sie operieren niemals alleine, sie assistieren nur. Zweitens: Wenn Sie unseren Ansprüchen nicht genügen, operieren Sie gar nicht.«
    Na danke. Schon rutscht mir das Herz in die Kitteltasche, gleich hüpft es auf den Fußboden und bleibt dort als zitterndes Klümpchen liegen, das Dr. Thiersch mit der Spitze ihres schicken weißen Schuhs in eine Ecke schnipsen wird. Diese Frau wird keine Fehler dulden und keine Emotionen, das ist nach fünf Minuten in ihrer Anwesenheit sonnenklar. Vielleicht muss man so sein als Chirurgin. Und Dr. Thalheim, Tobias, hat mich doch gewarnt, dass auf dieser Station ein rauer Wind weht … In seinem Büro am Freitag, kurz bevor er mich geküsst hat. Schon wieder nimmt das Gedankenkarussell schwindelnde Fahrt auf. Sehnt ersich auch nach mir? Geht er jetzt gerade drüben über seine Station und vermisst mich? Ist er heute freundlich und nachsichtig zu seinen neuen PJlern, weil er sich an mich erinnert – und an die Peinlichkeiten meines ersten Tages bei ihm? Oder begrüßt er sie nur knapp und distanziert, weil ICH nicht dabei bin? Quatsch, er ist doch immer professionell! Verliebt sich eine der neuen PJlerinnen in ihn? Bestellt er die auch in sein Büro? Und sagt er ihr dann, dass sie die Albernheiten lassen soll? Weil er schon vergeben ist? Überhaupt: An all die anderen habe ich noch gar keinen Gedanken
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