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Weddingplanerin mit Herz (German Edition)

Weddingplanerin mit Herz (German Edition)

Titel: Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
Autoren: Michaela Hanauer
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beschäftigt als die Frage, wie wir diese Herausforderung meistern werden. Klar, in unserem ersten Tertial auf der Inneren Station haben wir reichlich Erfahrungen gesammelt – mit Ärzten, Schwestern und Patienten, mit den eigenen Ängsten und dem inneren Schweinehund. Wir haben uns durchgebissen und können stolz sein. Aber im Chirurgietertial werden doch weit schwierigere Aufgaben auf uns warten – denn jetzt wird operiert! Theoretisch beherrschen wir seit dem sechsten Semester selbst die kompliziertesten thoraxchirurgischen OPs im Schlaf. Aber praktisch hat noch keine von uns auch nur einen einzigen winzigen Öffnungsschnitt an einem lebendigen Patienten gesetzt. Es gäbe also genug Aufregendes und Beunruhigendes zu bedenken. Doch wir sprechen bis in den Aufzug nur über DEN KUSS. Und ehrlich, in meinem Kopf ist für nichts anderes Platz. Ich kann den neuen Kollegen, Patienten und Aufgaben im Moment einfach nicht den angemessenen Hirnraum widmen. Denn in meinem Kopfkarussell geht es den ganzen Morgen nur um eines: Heute werde ich IHN wiedersehen. Dr. Thalheim, den klugen, geheimnisvollen, unglaublich gut aussehenden Oberarzt, der nur mit den Augen lächelt. Meinen Dr. Thalheim. (Komisch – kann man in jemanden verliebt sein, den selbst die eigene Gedankenstimme immer noch mit Titel und Nachnamen anredet?)
    Im Aufzug sind meine Freundinnen schon wieder fast überzeugt, dass ich spinne. Mein eigenes Hirn ist inzwischen vollkommen abgemeldet. Denn hier sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Hätte mir damals jemand prophezeit, dass ausgerechnet ich am Ende des Tertials den unnahbar lässigen Oberarzt küssen würde …
    »Vielleicht ist es ein Test?« Typisch Isa – was ist in ihrem besorgten Köpfchen kein Test?
    »Von Lena oder vom Oberarzt?«, fragt Jenny spöttisch. »Und was wird getestet? Unsere Fantasie oder unsere Loyalität?«
    Die Fahrt dauert acht Sekunden länger als bisher – acht Sekundenunterscheiden die Anfänger von den Fortgeschrittenen. Mit einem Pling öffnen sich die Aufzugtüren und geben den Blick auf unseren zukünftigen Arbeitsbereich frei. Vom Empfangstresen der Chirurgie strahlt uns eine ältere Schwester an. »Husch, husch, Mäuschen, die Einführung fängt gleich an.« Die gefällt mir. Sie wirkt gemütlich, fröhlich, mütterlich. Kein Vergleich mit der verkniffenen Schwester Klara auf der Inneren. Grinsend deutet die Stationsschwester zum Aufenthaltsraum der Ärzte. Sieben Uhr neunundfünfzig. Noch eine Minute bis zum Chirurgietertial.
    Im Aufenthaltsraum wartet eine gespannte PJler-Reihe auf den Glockenschlag. Wir lächeln einander an, wir sind immerhin keine Anfänger mehr und wissen, was auf uns zukommt. Zumindest sind wir inzwischen erfahren genug, um vor den anderen diesen Eindruck zu erwecken. Punkt acht betritt ein groß gewachsener Blonder im schnittigen Kittel den Raum, mustert uns zufrieden und sagt: »Ach, Gott sei Dank! Ich hatte schon Angst, ich kriege wieder nur Hässliche.«
    Dr. Bert Gode, der Stationsarzt der Chirurgie, macht einen ziemlich entspannten Eindruck. Habe ich mir zu große Sorgen gemacht? (Als in meinem Kopf noch Platz für etwas anderes als Dr. Thalheim war …) Oder will er uns nur beruhigen? Dr. Gode jedenfalls lächelt ermutigend und erklärt, die Stationsarbeit auf der Chirurgie sei für alte Hasen wie uns sicher kinderleicht. Wir werden weiterhin Blut abnehmen, Infusionsnadeln legen und die körperliche Untersuchung üben. Neu ist nur der Verbandswechsel. Wie auf der Inneren müssen wir bei Neuaufnahmen die Anamnese erheben, wie im vergangenen Tertial werden wir eigene Patienten betreuen. Dr. Gode grinst. »Und dann schneiden Sie denen ein bisschen den Bauch auf – oder was sonst so anfällt – und wir helfen Ihnen dabei.« Die PJler lachen. Das klingt absolut machbar. Ein kurzer Blick zu meinen Freundinnen zeigt mir, dass sie hingerissen sind. Isa lauscht dem flapsigen jungen Arzt mit offenem Mund und Jenny hat sich regelrecht in Positur gestellt – mit hoch erhobenem Kopf und blitzenden Augen fixiert sie Dr. Gode, bevor sie mit einer winzigen Kopfbewegung ihre blondeMähne über die Schulter fallen lässt. Ich selbst bin ein klein bisschen weniger begeistert. Dr. Gode will uns bestimmt nur die Angst nehmen und sicher sollte man dafür dankbar sein. Doch in meinem Kopf warnt eine warme Oberarztstimme liebevoll davor, das kommende Tertial zu leicht zu nehmen. Dr. Thalheim hätte unsere Aufgaben niemals so neckisch verharmlost. Mann,
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