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Watermind

Watermind

Titel: Watermind
Autoren: M.M. Buckner
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Chemikerin.«
    Der Mann trug Freizeitkleidung, teuer, aber unauffällig. Ein Montblanc-Füller steckte in seiner Hemdtasche, und CJ dachte, dass er vielleicht Jurist war. Ende vierzig, vermutete sie, fast so alt wie ihr Vater. Seine Züge waren hager, und er hatte eine Augenbraue hochgezogen, was ihm ein aristokratisches Aussehen gab. Ja, dieser Typ war wirklich attraktiv. Sie erkannte, dass er dasselbe von ihr dachte.
    »Sie sind nur auf Zeit hier«, sagte er.
    »Ich bin Beraterin«, fuhr sie ihn an. »Ich versuche, Ihre Firma aus einem größeren Schlamassel mit der Umweltschutzbehörde rauszuhauen, und man wartet auf meine Analyse. Wollen Sie mir nun helfen oder nicht?«
    Der Mann trug seinen Ausweis am Gürtel, also konnte sie seinen Namen nicht lesen.
    »Was wollen Sie analysieren?« Er sprach mit leichtem Akzent, als hätte er Englisch erst als Zweitsprache gelernt.
    »Giftmüll.« Sie ließ den Deckel der Kühlbox aufspringen. »Wollen Sie es sehen?«
    Er trat zurück, schüttelte den Kopf und zog dann den Ausweis, der an einer Spiralschnur hing, durch den Kartenleser. Die LED sprang von Rot auf Grün.
    »Bitte sehr, Carolyn Reilly«, sagte er. Als sie in dem Labor war, schloss CJ die Glastür ab und wartete, bis der Mann über den Flur verschwunden war. Eine kleine Überwachungskamera hing von der Decke, also straffte sie die Schultern, um einen offiziellen Eindruck zu machen. Sie hoffte, dass der Typ im Überwachungsraum einen Comic las.
    Der Sicherheitsbeamte Gene Becnel überwachte die Bildschirme mit der Aufmerksamkeit einer Baumwollratte. Sobald er die Anwesenheit der Frau im Labor bemerkte, überprüfte er den Personalplan und legte dann eine DVD ein, um eine hochauflösende Aufnahme zu machen. Als Nächstes biss er von seinem KitKat-Riegel ab und legte einen Finger auf den Alarmknopf. Seine großen, weichen Hinterbacken rutschten auf dem Stuhl nach vorn, und mit äußerster Konzentration beobachtete er, wie die Frau einen Beutel mit Flüssigkeit aus der weißen Plastikkühlbox nahm.

4
    Mittwoch, 9. März, 16.01 Uhr
    Der Devil's Swamp gleißte in der heißen Sonne, und stinkender Dampf erfüllte die Luft. Arbeiter mit Schutzbrillen und Atemmasken standen in einer Reihe und schaufelten gelatineartigen orangefarbenen Schlamm in Fässer, schlugen die Deckel mit Gummihämmern fest und luden sie auf die Ladeflächen von Lastwagen. Es war eine langsame, schwere Arbeit. Die Lache aus Toluol hatte sich auf einer Fläche von zwei überfluteten Hektar ausgebreitet.
    Als Rory Godchaux das Zeichen für die Nachmittagspause gab, ließen alle die Schaufeln fallen und zogen sich in den Schatten zurück, wo Rory sie aus einem Tank auf seinem Kleintransporter abspritzte. Dann rissen sie die Handschuhe und Schutzbrillen herunter und gingen zu den Wasserkühlern.
    Als Erstes versuchte Max, CJ anzurufen. Er hockte unter einem Ahornbaum und lauschte einer Ansage, die ihm mitteilte, dass der gewünschte Gesprächspartner nicht zu erreichen war. Sie hatte ihr Handy ausgeschaltet. Max kaute auf den Lippen. Das Mädchen war nicht ins Krankenhaus gefahren. Er hätte sie am Kragen packen und hinschleifen müssen. Verrücktes Kind. Er wählte die Nummer noch einmal.
    Über ihm raschelten die Zweige des Ahorns im Wind, während der gleichförmige Klingelton des Handys in sein rechtes Ohr drang. Sie wollte nicht, dass er sie erreichte. Er klappte das Telefon zu und stopfte es in die Tasche. Er wusste, dass sie um ihren geliebten Vater trauerte. Ihre Stimmungsschwankungen hatten nicht nur mit ihm zu tun, zumindest sagte er sich das immer wieder. Aber manchmal machte sie ihn gen vètij  – verrückt.
    Er ließ den Blick über den Sumpf gleiten und sah die Tupelobäume, hinter denen der gefrorene Teich lag. Seine Muskeln spannten sich an, als er sich erinnerte. An diesem Eis stimmte gar nichts. Er hätte niemals sein Wort geben dürfen, nichts davon zu erzählen. Er blickte zum Kleintransporter des Teamleiters hinüber. Rory saß drinnen und sprach in ein Funkgerät. Das Zirpen der Grillen zischte durch die Luft wie heißes, spritzendes Fett.
    Manchmal war es richtig, ein Versprechen zu brechen. Er stand kurz davor, dieses verrückte Kind zu suchen, es zum Arzt zu schleppen und entgiften zu lassen. Ja, und schon beim bloßen Gedanken daran konnte er Ceegies Antwort hören. Er blickte auf seine großen, breiten Hände. Was hatte er bloß von solch starken Händen?
    Die Bäume schwankten im Wind, und die Sonne glitzerte auf dem
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